Gröschls Mittwochskommentar: 32/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 10.08.2022 11:39 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Es gibt ein neues Tierchen in unserem Ökosystem. :-) Den Moonshot Trader. Sorry, wenn das jetzt für einige old News ist, zu spüren war er  oder sie ;-) ja schon, aber so richtig benamst war er noch nicht. Die Spezies des Moonshot Traders rekrutiert sich aus der Generation Z, den Millenials und wie sie alle heißen, die leidvoll festgestellt haben – zu Recht oder nicht - , dass sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Vermögenswerten wohl den Lebensstandard früherer Generationen nicht erreichen werden. Was sie nun tun, anstatt zu arbeiten und das was übrig bleibt anzulegen/zu sparen, was frühere Generationen eventuell getan hätten ;-), ist, mit einem verhältnismäßig großen Patzen ihres disponiblen Einkommens auf sehr volatile Positionen zu wetten. Geht’s auf, werden sie Bitcoin Millionäre, geht´s nicht auf, können sie sich immer noch kein Haus leisten.

Needless to say, dass die Zahl derer, die keine Häuser gewinnen, die der Millionäre wohl deutlich übersteigen wird. Ist die Strategie rational? Irgendwie schon, wenn das Basisszenario ist, dass man davon ausgeht, dass man eh nix erreichen wird. Zum langfristigen Vermögensaufbau scheint mir die G´schicht aber nur bedingt geeignet zu sein. Eigentlich dachte ich immer, wir wären die No-Future-Generation (X?!) gewesen… :-) An dieser Stelle darf ich vorsichtig in das gleiche Horn wie Frank-Walter Steinmeier in einer der letzten Wirtschaftwochen stoßen (auch ein noch älterer, weißer Mann ;-)) und eine sanfte Sozialkritik anbringen: Vielleicht sollten wir uns weniger Gedanken darüber machen, wie wir die vier Tage Woche unterbringen, wann wir den  nächsten Urlaub starten werden (und das schon beim Einstellungsgespräch), dass wir eigentlich nicht vor 9:30 zur arbeiten anfangen wollen, aber trotzdem um spätestens 17:00 das Haus verlassen müssen. Möglicherweise wird Wohlstand auch durch Arbeit, Leistung, Fleiß und die sprichwörtliche Extrameile geschaffen. Offene Stellen scheint es ja momentan trotz Rezessionsgeflüster hüben wie drüben durchaus welche zu geben. :-)

Für uns relevant ist, dass die Moonshot Trader etc unter der Oberfläche ein ganz schönes Chaos anrichten und Werte mit einer Heftigkeit und Schnelligkeit mal in die eine oder andere Richtung drücken, die mit einer Bewertungsrealität selbst mit viel Phantasie gar nichts zu tun hat. Das wiederum erhöht das Rauschen und macht es schwerer, die Ratio hinter manchen Marktbewegungen zu erkennen. Aber sei´s drum, es hat immer wieder Phasen gegeben in denen mehr gezockt wurde. Der Unterschied ist diesmal, dass der Marktzugang heute wesentlich einfacher ist und Informationen – valide oder nicht – sich in Echtzeit verbreiten. Mein Gefühl wäre, dass das nicht unbedingt dazu beiträgt, die Liquidität langfristig zu erhöhen, wird es den Walen eventuell irgendwann zu blöd, dass die Goldfischerln sie dauernd nerven und sie weichen in diverse Darkpools aus…

Aber noch ist´s nicht so weit, die wenigen verbliebenen Marktbeobachter, die grad nicht auf Urlaub sind, zerbrechen sich aktuell allenthalben den Kopf ob jetzt Good News, eigentlich Bad News sind oder doch Good News oder umgekehrt. Soll heißen: Ist das jetzt gut, wenn in den USA viele neue Stellen geschaffen werden, weil wir dann nicht in eine (tiefe) Rezession abgleiten oder sind das für den Kapitalmarkt doch schlechte Nachrichten, weil die FED die Zinsen dann doch stärker und schneller erhöhen muss, damit die Wirtschaft nicht weiter überhitzt und die Inflation nicht völlig außer Kontrolle gerät? Nun, am Ende sind Good News wahrscheinlich doch Good News, denn je stärker die US Ökonomie ist, umso weiter können die Zinsen steigen, ohne dass es zu größeren Hick Ups kommt. Das wiederum führt mittelfristig zu einer effizienteren Kapitalallokation, die guten Unternehmen werden belohnt und die nicht so guten, verabschieden sich. Dass es in der Übergangszeit nicht ganz einfach ist, die einen von den anderen zu unterscheiden, liegt auf der Hand, aber irgendwann wird sich der Staub schon legen. :-)

Wichtig erscheint aktuell, die Analyse etwas weiter in die Zukunft zu richten und nicht darüber unglücklich zu werden, festzustellen, ob die USA jetzt gerade in einer Rezession sind oder nicht, die G´schicht ist gegessen. Mit steigenden, längerfristigen Zinsen, muss zwangsläufig auch der Prognosezeitraum wieder länger werden. Nowcast war gestern, jetzt wollen wir wissen, wann und wo der Zinsanhebungszyklus endet, ob China und die USA tatsächlich riskieren würden einen größeren Konflikt auszutragen, was wohl nicht so gut wäre. Wo dabei Japan und die anderen westlich orientierten asiatischen Staaten bleiben würden und ob das Abschalten der deutschen Kernkraftwerke tatsächlich stattfinden kann, solange die Gewessler in der Steiermark Kohle verbrennen lässt, sehen wir dann eh….

Bei näherer Betrachtung sehen wir also, dass die Lage zwar jedenfalls hoffnungslos, aber durchaus nicht ernst ist, wie der Wiener sagen würde. :-)

Schöne Tage & alles Liebe

Florian

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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