So, der Jänner ist erstmal vorbei. So schlecht war er dann gar nicht, oder?! :-) Die Rezessionsängste haben sich verflüchtigt – bitte bis auf bei den Briten, die werden aus dem selbstinduzierten Schlamassel wohl so schnell nicht rauskommen -, die Welt ist schon wieder nicht untergegangen und auch sonst läuft es zumindest nicht schlechter als letztes Jahr. Warum die Erkenntnis, dass die großen entwickelten Ökonomien so fragil nicht sind und auch mit Zinserhöhungen durchaus leben können, so lange gebraucht hat, um sich durchzusetzen, bleibt weiter ein bisserl unklar, tun doch die Zentralbanken zum ersten Mal seit 15 Jahren etwas, dass sie tatsächlich können bzw. wo´s eine gewisse Empirik gibt, dass es funktioniert, nämlich bremsen.
Dass man dabei natürlich auch über das Ziel hinausschießen kann und sich Zinserhöhungen erst zwischen zwölf und achtzehn Monaten später wirklich bemerkbar machen, haben Teile des (Aktien)Marktes fix aktuell auch nicht am Radar, dass wiederum sollte mittelfristig aber ein bisserl Vola kreieren. Das vergrößert dann das Opportunity Set insbesondere für aktive Manager. Wie sonst bitte sollen die, die jetzt nicht dabei waren - und hier darf ich einen befreundeten Manager zitieren: We made good years performance in the first three weeks of Jan. – in sechs bis acht Monaten sonst noch in den Markt kommen.. ;-)
Warum die Einschätzung der Situation bisher so divergierend war, lässt sich so leicht nicht festmachen. Das völlige Neuland in einem Umfeld mit Zinsen und mithin zumindest kalkulatorischen Investitionsalternativen zu operieren, ist für wahrscheinlich rund die Hälfte aller Marktteilnehmer, weil sie entweder zu jung sind oder sich nicht mehr erinnern können (trinken die FX-Händler heut eigentlich immer noch soviel ;-)), sicherlich ein Grund. Neu ist auch die ausgesprochene Enge am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenrate in den USA lag im Dezember bei 3,5%. Wenn wir davon ausgehen, dass die natürliche Arbeitslosigkeit bei rund sechs Prozent liegt, ist das schon eine recht niedrige Basis. (ja, ja kann man alles hin- her und wieder zurückrechnen, die Participationrate ist auch nicht sehr hoch usw., aber die Grundidee ist schon ziemlich unbestreitbar :-)). Wichtig dabei ist, dass der Arbeitsmarkt eine recht kräftige Abkühlung vertragen sollte, ohne gleich aus den Fugen zu geraten, womit die Wahrscheinlichkeit einer tiefen Rezession wohl eher sehr gering sein sollte.
Was aber viele Daten-Historiker und Korrelations-Aficionados überrascht hat und, woran sie zum Teil immer noch festhalten, ist, dass der Zusammenhang zwischen der Inversion der Zinskurve (ie, dass die längerfristigen Zinsen unter den kurzfristigen notieren) und dem Eintritt einer Rezession offensichtlich nicht Gott gegeben ist. Anscheinend kann die Zinskurve auch länger „verkehrt“ sein, ohne dass gleich die wirtschaftliche Welt untergeht. Im freien Spiel der Kräfte vertrauen wir (weil sie einfach die besseren Ökonomen sind ;-)) den Bondies in makro-ökonomischen Fragen natürlich mehr und hören schon drauf, wenn sie sagen, dass mittelfristig eh wieder alles schlechter wird und die Zinsen schon zurückkommen werden. Nur ist´s halt diesmal so, dass die Zentralbanken, angefangen bei den Japanern (explizite Yield-Curve Control), die Kurven massiv manipulieren und das Lange-Ende aus einer Reihe von Gründen (das wäre wohl Stoff für ein ganzes Mittwochsbuch ;-)) tief halten, was wiederum den Vergleich mit Vorperioden schwierig macht.
Glauben wir, dass sie das auf Ewig so machen werden, so die Grundannahme einer einigermaßen favorablen wirtschaftlichen Entwicklung stimmt? Na, eher nicht, würd ich sagen. :-) Ob die Anpassung dann in Form eines Dammbruchs erfolgt oder hier stückerlweise vorgegangen werden kann, wird sich zeigen. Irgendwer hat einmal g´sagt: You can fool all the people sometimes, you can fool some people all the time, but you cannot fool all the people all the time. Time is up, würd ich sagen! :-)
Also, die Lage ist einmal mehr hoffnungslos, aber keinesfalls ernst!
Nächste Woche ist aufgrund der anstehenden Semesterferien spielfrei und wir gehen uns, im erfreulicherweise ziemlich heftig daherkommenden, Schnee suhlen!
Liebe Grüße
Florian
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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