Scheint ein bisserl so, als hätte Chair Powell gestern seinen ganz persönlichen Whatever it takes – Moment gehabt, wie er ja spätestens seit Draghi einem jeden gestanden Zentralbänkler zusteht. :-) Ob´s dabei jetzt noch um Anchoring der Inflationserwartungen gegangen ist, oder das schon die nackte Panik war, dass ihm die Sache entgleiten könnte, ist schwer einzuschätzen. Wir wissen aus der Vergangenheit, dass die Verbalinterventionen - Inflation will be transitory – so lange durchgehalten werden, bis es echt nicht mehr anders geht und auch der letzte Hinterbänkler in Unglauben den Kopf schüttelt. Schauen wir also, dann sehen wir schon. ;-) Persönlich würde ich befürchten, dass wenn die FED am 22. März um mehr als 25bp erhöht, wir noch deutlich mehr sehen könnten.
Das wiederum dürfte dem Markt dann tatsächlich auch nimma wurscht sein und er müsste wahrscheinlich ein paar schmerzhafte Anpassungen vornehmen. Die große Frage die dann bleibt ist: Was hält der US Konsument wirklich aus? Noch ist der Arbeitsmarkt super eng, die Konsumenten sind wirtschaftlich verhältnismäßig gsund und der Laden läuft. Irgendwann dürfte das Zinsniveau aber einen Punkt erreichen, an dem die Angelegenheit kippt und es unerfreulicherweise, ausgehend von fallenden Aktienmärkten, zu einer negativen Feedbackschleife zurück ins Wohnzimmer der US Amerikaner kommt, wo diese ihre Ausgaben massive reduzieren und so weiter und sofort.
Tritt das ein, dann haben schließlich auch die recht, die sich mit Blick auf die Zinskurven hüben wie drüben auf die Inversion als allein-glücklich machenden Indikator für eine bevorstehende Rezession versteifen. Das Gute ist: Noch ist´s nicht so weit! :-) Die Maschinerie läuft auf Hochtouren, die Konsumenten sind aufgrund des vielen geschenkten Geldes, das sie aufgrund der Seuche nicht ausgeben konnten und von dem immer noch was übrig ist, historisch gut aufgestellt und auch die Unternehmen wirken in der Breite nicht unglücklich. Also: JP wird nur um 25bp erhöhen, die Kurve normalisiert sich – Vorsicht! dann wird´s ab dem Sechsmonatsbereich nochmal mittel angenehm – und alles wird gut! :-)
Derweil dreht sich der Rest der Welt weiter, wobei man leider auch hier das Gefühl nicht los wird, dass sich die Lage zuspitzt, egal ob das jetzt die sino-amerikanischen Beziehungen oder die Lage rund um den Ukrainekrieg ist. Dass die Gemengelage eine höchst undurchsichtig ist und selbst der geneigte Beobachter, der sich redlich zu informieren versucht, nur einen Bruchteil der Interessen der beteiligten Parteien zu überschauen vermag, ist, glaub ich, evident. Ob das jetzt die RBI ist, die natürlich mit internationaler Duldung weiterhin Geschäft in Russland macht, die mutmaßliche Beteiligung ukrainischer Staatsbürger an der Sabotage der Nordstream Pipelines, der Schweizer Laundromat, der munter weiter putin´sches Geld wäscht (gewaschen hat, waschen wird, oder auch nicht, wer kann das als nicht Insider schon sagen! :-)) oder die deutsche Rheinmetall, ob der guten Geschäftslage und der kurzfristig nicht absehbar abnehmenden Nachfrage in den DAX aufgestiegen ist, der indische Öl-Importeur oder der iranische Drohnenexporteur, ist dabei Jacke wie Hose, sicher ist nur, dass es schon längst nicht mehr um einen mehr oder weniger regionalen Konflikt mit klaren Fronten und eindeutigen Interessen geht.
Wie das alles dann mit den europäischen Klimazielen in Einklang zu bringen ist und ob man die deutschen Autobauer dazu verpflichten kann die Produktion von Verbrennungsmotoren einzustellen, solange ein Panzer nach dem anderen vom Fließband rennt, der zwischen 340 und 530 Liter Diesel (je nach Einsatzgebiet) auf 100 Kilometer verfeuert, ist zwar wahrscheinlich mit der Fristigkeit irgendwie zu argumentieren – hat der Panzer im Einsatz im Gegensatz zum ganzen Stolz des Papas ja nur eine eher kurze durchschnittliche Lebenserwartung – aber so ganz auf der Hand liegt´s dann doch nicht.
Wir sehen also, und hier muss einmal mehr Weiland Sinowatz herhalten: Es ist alles furchtbar kompliziert. :-)
Liebe Grüße
Florian
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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