Da mein All-Time Lieblingsvorstand der österreichischen Bankenhistorie das Thema schon im Morgenjournal aufgegriffen hat, begeben auch wir uns heute in die Niederungen der realwirtschaftlichen Auswirkungen der steigenden Zinsen. Dass der Schmerz bei Frau und Herrn Österreicher groß ist, wenn ihre Kreditzinsen von jetzt auf gleich von rund nix auf rund fünf Prozent steigen, ist selbstredend. Auf der anderen Seite haben sie dann im letzten Jahr noch real rund zehn Prozent Kaufkraft mit ihren Spareinlagen verloren und fertig ist der Wurstsalat. Erschwerend kommt hinzu, dass die, die sich Hals über Kopf auf die nächsten 35 Jahre verschuldet haben, wahrscheinlich eh nicht unter zu viel Erspartem leiden…. Also eher weniger gut das Ganze.
In der westlichen Welt hat sich nach US-amerikanischen Vorbild eingebürgert, wenn auf Konsumentenebene (sind ja eh eigentlich alle unmündig) irgendwas schief geht, sofort nach dem Schuldigen zu schreien (meistens sind´s die Banken ;-)) und in Minute zwei nach dem Staat, der das Schlamassel dann ausbaden muss und den sprichwörtlichen kleinen Mann dann schadlos halten soll. Vollkaskomentalität hat das unlängst ein ORF Sprecher genannt. Nun bin ich ein großer Verfechter von Eigenverantwortung, weiß aber als alter Sales auch, dass man den einen oder anderen manchmal schon auch ein bisserl drüberheben kann über die letzte Schwelle. Erfreulicherweise hab ich in meiner Tätigkeit nur mit Professionals zu tun… :-)
Jetzt fehlts natürlich in Österreich an grundlegender finanzieller Bildung und hier ist sicher der Staat gefordert, aber der finanzielle Analphabetismus ist nur Teil des Problems. Deutlich schlimmer als das Sokratische Ich weiß, dass ich nichts weiß, ist die Halbbildung. Wie kann ich, wenn ich nur eine bisserl Geschichte gelernt habe, mir anmaßen zu wissen, was in irgendeinem Bereich in 30 plus Jahren stattfinden wird? Einschätzungen, natürlich, Meinungen zu allem immer *lol*, aber Haus und Hof drauf verwetten, sicher nicht. Was es also zu vermitteln gelte, wäre eine grundlegende Idee von Risikomanagement. Was passiert, wenn ich nicht recht habe? Wieviel Schmerz halte ich aus, wenn ich falsch liege? Und wie komm ich aus der Position wieder raus, wenn´s nicht mehr geht?
Fragen, die in der einen oder anderen Form jeder, der irgendwo ein Wertpapier Depot (bei einer Bank, nicht im Internet, da ist nämlich eh alles erlaubt :-)) eröffnen will, beantworten muss. Dass die Antworten, dann in Risikostrukturen umgelegt werden, die auf vergangenen Entwicklungen basieren und die liebe 80-jährige Omi dann den Mündelrent mit einer sechser Duration (what a pain!) umgehängt bekommt, ist ein anderes Thema. Aber zurück: Diese Fragen in einem going-concern Kontext, also Cash Flow dependent, unabhängig, oder nur in einem geringen Maße davon abhängig, was der Wert des finanzierten Assets ist, zu stellen, wäre bei jeder Finanzierung unabdingbar. Dann noch ein Mini-Excel mit ein paar Szenarien +/- 300 bps bei den Zinsen und fertig.
Möglicherweise sollte sich der Regulator auch nicht so auf das Eigenkapital bei Immobilieninvestitionen versteifen, sondern eher auf Risikomangementprozesse, auf der Autobahn darf man ja auch nur 130 fahren und auch wenn´s dann manchmal (in Ausnahmefällen ;-)) 160 sind, weiß ich doch, dass ich hier mit einer deutlich negativen Margin of Safety operiere. Was nämlich erschwerend hinzukommt, ist, dass Prognosen über Entwicklungen auf Asset- oder Zinsmärkten für die, die sich ihr Leben lang mit nichts anderem beschäftigen, schon extrem schwierig sind. Wie soll dann bitte der Jurist im Ministerium oder der Bankberater in Gigritzpatschen eine Idee davon haben, wo die Zinsen in drei Jahren und die Immo-Preise in fünf stehen werden. Ja, ja ich weiß Immobilien können nur steigen und Zinsen werden für immer tief bleiben… **lol** what a bullshit!
Soviel zu den Problemen im Ö.Reich der Mitte. Erfreulicherweise ist, was hier passiert für die Welt genau so relevant, wie wenn in China ein Reissackerl umfällt, aber sollte China ähnliche Probleme haben (for a different reason!), wie wir sie grad bekommen – und danach schauts leider aus – dann wird das sicher nicht zur allgemeinen Heiterkeit beitragen. Aber das ist eine andere Geschichte. :-)
Alles Liebe!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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