Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig: Der Spagat zwischen einer historischen Bonuszahlung und Massenentlassungen
Der April zeigt sich wechselhaft. Das betrifft sowohl das Wetter als auch die Börsenkurse. In diesem herausfordernden Umfeld ist es wichtig, etwas Stabilität im Leben zu haben. Deshalb trinke ich beim Verfassen dieser Zeilen meinen Espresso, während der Kräutertee unberührt im Schrank bleibt. Nach einem sehr starken ersten Quartal geraten nun auch die Aktienmärkte etwas unter Druck. Die Unsicherheit ist spürbar. Das betrifft auch einen der Börsenlieblinge der letzten Jahre: Tesla wird an der Börse mit weniger als 500 Milliarden US-Dollar bewertet und steht damit „nur“ noch auf Platz 15 der wertvollsten Unternehmen der Welt. Das wertvollste Unternehmen Europas ist derzeit Novo Nordisk aus Dänemark, das mit einer Marktkapitalisierung von rund 550 Milliarden US-Dollar noch vor Tesla auf Platz 13 im globalen Ranking gelistet ist. Vor ungefähr zweieinhalb Jahren lag die Marktkapitalisierung noch bei 1,2 Billionen US-Dollar.
Damit müssen wir uns auch die Frage stellen, ob Tesla noch zu den glorreichen Sieben zu zählen ist. Die anderen sechs Kandidaten sind immerhin mit mehr als einer Billion US-Dollar bewertet. Das Ranking führt nach wie vor Microsoft mit einer Marktkapitalisierung von 3 Billionen US-Dollar an, gefolgt von Apple mit 2,6 Billionen und Nvidia mit 2,1 Billionen. Aber auch Google (1,9 Billionen), Amazon (1,9 Billionen) und Meta (1,2 Billionen) liegen mittlerweile deutlich vor Elon Musks Paradeunternehmen. Die jüngste Kursentwicklung trifft auch Elon Musk hart. Seit Jahresbeginn hat er 55 Milliarden Dollar an Vermögen eingebüßt. Er ist hinter Bernard Arnault von Louis Vuitton, Jeff Bezos von Amazon und Mark Zuckerberg von Meta (Facebook) „nur“ noch der viertreichste Mensch der Welt. Darüber hinaus ist er der einzige unter den Top 10, der sein Vermögen im Jahr 2024 nicht steigern konnte. Im Gegensatz dazu konnte Jeff Bezos sich in den ersten Wochen des Jahres über einen Zuwachs von 26,5 Milliarden US-Dollar freuen, dank steigender Aktienkurse.
Elon Musk hat auch angekündigt, dass Tesla aufgrund der aktuellen Herausforderungen 10% seiner Belegschaft entlassen muss. Weltweit sind das immerhin 14.000 Stellen. Und das zu einem Zeitpunkt, als auch bekannt wurde, dass Elon Musk versucht, sich ein vom Gericht gekipptes Gehaltspaket in Höhe von rund 56 Milliarden US-Dollar von den Aktionären absegnen zu lassen. Der Tesla-Verwaltungsrat hat bereits in einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht festgehalten, an dem vor sechs Jahren beschlossenen Vergütungsplan festhalten zu wollen. Noch im Januar dieses Jahres erklärte eine US-Richterin das Gehaltspaket für ungültig, da ihrer Einschätzung nach weder Tesla noch Elon Musk nachweisen konnten, dass die Vergütung auch „fair“ sei. Ursprünglich wurde vereinbart, Elon Musk mit einem Aktienpaket zu entlohnen, wenn bestimmte Ziele innerhalb von 10 Jahren erreicht werden. Im Januar 2018 wurde Tesla an der Börse mit rund 50 Milliarden US-Dollar bewertet. Seitdem konnte sich der Unternehmenswert trotz herber Verluste in den letzten Monaten nahezu verzehnfachen. Wenn die Gehaltszahlung tatsächlich geleistet wird, erhält der Tesla-Chef rund 10% der gesamten Kursgewinne seit 2018.
Unternehmenspolitisch sind dadurch Spannungen vorprogrammiert, besonders in einer Zeit, in der viele Mitarbeiter um ihre Jobs und ihre Existenz bangen. Zum Vergleich: Das Median-Gehalt der Vorstandsvorsitzenden im DAX liegt bei knapp über 6 Millionen Euro. Um an das 56 Milliarden Dollar schwere Gehaltspaket von Elon Musk heranzukommen, müsste ein DAX-Vorstand daher etwa 8.500 Jahre arbeiten. Bei einer Lebenserwartung von 80 Jahren wären das 106 Menschenleben. Wenn wir die Zeit um 8.500 Jahre zurückdrehen, landen wir in einer Ära, in der die Menschen beginnen, sesshaft zu werden und Ackerbau sowie Viehzucht zu entwickeln. Sollte sich Elon Musk dieses Gehaltspaket auszahlen lassen, könnte er erneut zum reichsten Menschen der Welt aufsteigen. Doch wäre dies kein ruhmreiches Comeback, sondern eines mit einem fahlen Beigeschmack.
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist ein anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. Mit seinem eigenen Unternehmen berät er Kapitalanlagen, Versicherungen und andere institutionelle Investoren und will darüber hinaus auch seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz an Finanzexperten, Privatpersonen und vor allem auch an junge Menschen unterhaltsam weitergeben.
Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at