Der Jahreszeit entsprechend wird der Nebel immer dichter, wobei das leider nicht nur für das Wetter gilt. Grundsätzlich ist es ja nicht nur Teil-, sondern die Basisaufgabe in unserem Gschäft, Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen bzw. diese wieder zu revidieren, wenn man merkt, dass sie falsch sind. Manager von Aktienportfolien sagen dann gern, sie versuchen sich nicht in ihre Unternehmen zu verlieben. Funkt natürlich nicht immer, weil wir grundsätzlich so gepolt sind, unsere Entscheidungen eher gut zu finden und dafür dann nach Bestätigung suchen, wo immer wir sie kriegen können. Dauert halt manchmal oder findet gar nicht statt, da heißt das Zauberwort dann Diversifikation, weil, wenn man nicht ganz viel Pech hat oder wirklich alle Eier in ein Körberl legt, wird schon irgendwas immer rennen. Kann man dann nur hoffen, dass auch die Gewichtung passt, aber das ist eine andere Geschichte. ;-)
Aber worauf ich eigentlich hinauswollte, bevor ich in die Untiefen des Portfoliomanagements abgeglitten bin, war, dass die Gemengelage nicht zuletzt durch die Wiederwahl von DJ Trump eine Unübersichtlichkeit erreicht hat, die in der jüngeren Vergangenheit ihresgleichen sucht. Prinzipiell können wir mit geringen Visibilitäten und mithin Fahren auf Sicht (der Sohnemann macht grad den Führerschein :-)) ganz gut leben, aber wenn der Nebel so dicht zu werden droht, dass nur mehr Schritttempo angesagt ist und es dann auch noch schon um 15.00 Uhr finster wird, wird´s irgendwann unangenehm. Das insbesondere dann, wenn wir eigentlich nicht nur stehen bleiben müssten, sondern im Fall der Fälle alle gleichzeitig mit Vollgas zurücksetzen müssten, weil vor uns die Straße immer weiter wegbricht. Noch schwieriger wird es, wenn sehr lange alle sehr schnell in eine Richtung gefahren und vielleicht ein bisserl unaufmerksam geworden sind. Massenkarambolage und so…
Verlassen wir nun den metaphorischen Raum und fassen kurz zusammen, womit wir es aktuell zu tun haben: zwei Kriege mit multinationaler Beteiligung, wo abwechselnd langsam aber stetig an der Eskalationsschraube gedreht wird; ein schwächelndes Europa, das gerade erst draufkommt, dass es ungefähr alle wesentlichen Themen der letzten Jahrzehnte völlig verpennt hat; China, das nicht zuletzt ob der selbstinduzierten Demographie und wohl auch ob der ein oder anderen (wirtschafts)politischen Fehlentscheidung händeringend um das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kämpft; Indien, das den Sprung vom Halbstarken zum jungen Erwachsenen erst noch schaffen muss und natürlich die USA, wo der zukünftige Präsident eine diskutierbare Person nach der anderen für Ministerposten vorschlägt; naja und dann sind da noch all die anderen Schurkenstaaten, die mangels Zeit und Raum unerwähnt bleiben müssen… Da waren die Aussichten schon mal rosiger, oder?!
Entfernen wir uns ein bisserl weiter von den obigen Headline Risiken, ist es eigentlich höchst erstaunlich, dass der Laden noch so gut läuft. (wobei wie war das mit der Nebelwand… ;-)) Scheinbar ist es aber so, dass auch hier die Angelegenheit eher grau schattiert als schwarz weiß ist. So dürfte es zB so sein, dass seit dem verkündeten, totalen Lieferstopp für russisches Gas der tatsächliche Durchfluss sich nur um rund 15% reduziert hat. Außerdem gibt es ernsthafte Zweifel daran, dass die Ukraine ab dem Jahreswechsel kein russisches Gas mehr durchlassen wird, müsste sie ja sonst befürchten, dass die damit verbundene Infrastruktur völlig zerschossen würde und in den Zwischenzeiten Serbien Ungarn scheinbar mit so viel Gas aus Russland flutete, dass es von dort wieder zurück in die Ukraine fließt. Die größten Sorgen machen unseren Verantwortlichen in dem Zusammenhang aktuell nicht die Versorgungssicherheit, sondern die Gasspeicherumlage der Deutschen, die tatsächlich ordentliche Mehrkosten verursacht und es deshalb den Anbietern schwer macht, andere Lieferwege zu beschreiten… So gelernt beim 10. virtueller Gas-/Energie-Infopoint der IV. :-)
Wahrscheinlich schreib ich da für viele nix Neues, exemplarisch find ich´s aber trotzdem spannend. Ich weiß, dass ich nichts, weiß aber viele wissen nicht einmal das und so. :-) Leider, und das wird der letzte Sidestep für heute, werden die, die nicht einmal den Schatten einer Idee von dem haben, was sie alles nicht wissen - man möchte meinen - täglich mehr. Bestärkt durch Feedbackräume, personalisierte „News“Feeds und auf ein Minimum reduzierte Aufmerksamkeitsspannen, wird das Ego immer größer und der Intellekt immer kleiner. Vielleicht haben uns die Schicksalsgöttinnen deshalb auch die KI geschickt. Irgendwer muss den Laden ja zukünftig leiten. :-)
Also, bevor wir Mittwochsmail-technisch in den Jahresendspurt gehen (nächsten Mittwoch muss ich leider schwänzen), das Jahr Revue passieren lassen und traditionell ein paar Thesen aufstellen, was nächstes Jahr so passieren könnte, heißt es vielleicht nochmal Rückenlehnen geradestellen, Tischchen hochklappen und den Gurt fest anziehen. Ob und wie sehr der Landeanflug holprig wird oder ob wir gar noch einmal durchstarten und noch eine schnelle Runde drehen, wird sich möglicherweise schon bald weisen, wenn Nivdia die Ergebnisse des letzten Quartals präsentiert, wenn dem Russen nicht vorher schon was ganz Blödes einfällt….
Alles Liebe!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
Gastkommentare werden von anerkannten Experten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.
Florian Gröschls obiger Kommentar stellt eine Markteinschätzung aufgrund von selbstentwickelten Systemen und persönlichen Erfahrung dar. Keinesfalls ist obiger Kommentar eine Empfehlung oder Meinung der ARC und/oder Florian Gröschl, Positionen welcher Art auch immer einzugehen.