Das Video / Audio Interview mit Carsten Roemheld, Manager des ADIG FONDAMERIKA, finden Sie rechts. Zum Abspielen der Video Files benötigen Sie den aktuellen Windows Media Player (Version 7).
e-fundresearch / Frankfurt: Wie hat Ihrer Ansicht nach der Markt reagiert und welchen Ausblick geben Sie für die nächsten Tage?
Roemheld: "Es gab am Anfang unterschiedliche Ansichten, wie der amerikanische Markt wiedereröffnen würde. Nachdem man in den ersten Stunden und Tagen nach dem Anschlag geglaubt hatte, dass es ganz furchtbar aussieht, kam man später zu der Überzeugung, dass die Amerikaner doch positiver eröffnen würden. Was letztlich auch im Rahmen der eingeleiteten Zinsmaßnahmen passiert ist, war eine Marktbeeinflussung. Letzten Endes war das Ergebnis doch nicht so drastisch, wie es einige befürchtet hatten."
e-fundresearch / Frankfurt: Nun glauben viele, dass der Markt am Montag noch nicht voll besetzt war, viele Marktteilnehmer noch nicht in den Markt zurückgekehrt sind und sich dieser Sell-Off noch die nächsten Tage und Wochen hinziehen könnte.
Roemheld: "Man muss dazu sagen, dass einige Handelserleichterungen in den Markt integriert wurden, wie z.B. Rückkaufprogramme der Unternehmen, um einen Anreiz zu geben, den Aktienmarkt zu unterstützen. Die Unsicherheiten inwieweit sich dieser schlimme Anschlag auf die weltweite Konjunktur auswirken wird, sind noch nicht genau abzusehen. Klar ist nur, dass die nächsten beiden Quartale in den USA mit Sicherheit schlechter abschneiden werden, als man das vorher geglaubt hat."
e-fundresearch / Frankfurt: Sie sind also der Meinung, dass sich der amerikanische Markt eher kämpferisch zeigt. Die Amerikaner möchten gegen die negative Stimmung antreten. Aber wie sind die realwirtschaftlichen Auswirkungen?
Roemheld: "Man muss zwei Dinge unterscheiden. Einerseits die Stimmung der Amerikaner - die sehr patriotisch sind und zeigen wollen, dass es den Terroristen nicht gelingt das Finanzsystem auszuhebeln - und auf der anderen Seite muss man sich mit den ökonomischen Gegebenheiten auseinandersetzen. Es ist völlig sicher, dass das Konsumentenvertrauen in den USA nachhaltig geschädigt worden ist. Weiter werden verschiedene nachfrageseitige Wirtschaftsfaktoren derart belastet werden, dass sich somit die Ökonomie doch etwas schlechter entwickeln wird als es vorher geplant war.
Man muss sich fragen, wann die Aktienmärkte bereit sind eine Bodenbildung anzupreisen und wieder eine positive Entwicklung vorherzusehen. Normalerweise sagt man, dass sich 6 Monate vor den schlechtesten ökonomischen Zahlen, der Aktienmarkt zu drehen beginnt. Man muss sich darüber im klaren sein, dass die Bewertungen inzwischen natürlich vergleichsweise niedrig geworden sind. Deshalb könnte der Aktienmarkt einer solchen schlechten wirtschaftlichen Entwicklung in positiver Richtung vorweglaufen. D.h., er nimmt einen Aufschwung der sich gegen Ende des Jahres 2002 vielleicht doch abzeichnen könnte eher vorweg und könnte dann gegen Ende diesen Jahres oder Anfang 2002 wieder ins Positive drehen. Bis dahin bleibt die Lage allerdings volatil."
e-fundresearch / Frankfurt: Es gibt sehr optimistische Stimmen, die sagen, dass die bereits von der Regierung beschlossenen Investitionspakete in der Höhe von etwa US$ 40 Milliarden sich positiv auf die Wirtschaft auswirken werden.
Roemheld: "Es gibt zwei gegenläufige Effekte. Diese 40 Milliarden sind als Wiederaufbaukosten und als Maßnahmen der nun eventuell anstehenden militärischen Gegenschläge einzusetzen und wirken sich natürlich fördernd auf das Wirtschaftswachstum aus. Auf der anderen Seite fällt ein nicht bestimmbarer Betrag weg, da die Wirtschaftskraft in New York geschwächt ist. Insofern ist man sich über die Nettoauswirkungen noch nicht ganz im klaren. Wichtig ist es abzuwarten, wie die USA sich weiter verhalten. Denn wenn jetzt Gegenschläge mit unbestimmten Ausgang drohen, wird dies die Amerikaner beeinflussen und die Folgen eines solchen Konflikts, der sich weltweit auswirken könnte, sind bisher noch gar nicht berücksichtigt worden. Dieses Szenario muss man auch im Kopf haben, wenn man amerikanische Reaktionen beurteilt."
e-fundresearch / Frankfurt: Wenn man den Tag der Börsenwiedereröffnung betrachtet, waren die Auswirkungen auf der Branchenebene durchaus unterschiedlich. Ich nehme an es wird auch in den nächsten Wochen so sein, dass einige Branchen weniger betroffen sind. Wird Stock-Picking und aktives Fondmanagement immer wichtiger?
Roemheld: "Mit Sicherheit. Hinzu kommt die sektorale Auswahl. Wir sind uns darüber im klaren, dass in Sektoren, die besonders von dieser schlimmen Attacke betroffen sind, wie die Airline-Industrie und die Tourismusbranche, eine selektive Auswahl notwendiger ist als zuvor. Auch der Einzelhandelsektor ist durch das gesunkene Konsumentenvertrauen mit Sicherheit in den nächsten Monaten auf eine harte Probe gestellt. Das sind Sektoren, die durch die Entwicklung überproportional betroffen sind."
e-fundresearch / Frankfurt: Haben Sie bei ADIG Ihre Amerika-Portfolios in diesem Sinne angepasst?
Roemheld: "Ja, denn uns war klar, dass auf diesen Sektoren das Ausmaß der Katastrophe besonders schlimm sein wird. Bei aller menschlichen Tragödie müssen wir uns über die finanziellen und ökonomischen Einflüsse auf das USA-Portfolio und auch die globalen Portfolios Gedanken machen. Denn auch die europäischen Branchen werden beeinflusst und wir haben unsere Portfolios dementsprechend geändert."
e-fundresearch / Frankfurt: In den USA sind viele Menschen vor die Presse getreten und haben Anleger nahezu gebeten amerikanische Aktien zu kaufen. Als Europäer sieht man das natürlich anders. Kann man Anlegern in den USA ruhigen Gewissens empfehlen, in amerikanische Aktien, sofern sie dies nicht schon getan haben, zu investieren, oder ist es empfehlenswert jetzt zu verkaufen?
Roemheld: "Angesichts des derzeitigen Niveaus ist es nicht zu empfehlen zu verkaufen. Es sei also keinem Anleger geraten, bei dem derzeitigen Niveau zu verkaufen. Betrachtet man das internationale Anlagespektrum, so haben die USA - inklusive der gestrigen Entwicklung - im Vergleich zu asiatischen oder europäischen Märkten relativ besser abgeschnitten. Dies entspricht in unserem Sektor auch dem globalen Bild, dass die USA bei einer Wirtschaftserholung besser abschneiden würden, als dies andere Regionen dieser Welt tun würden."