Seit Wochen überbieten sich Experten mit Erklärungsversuchen für den drastisch gestiegenen Rohölpreis. Eine der Argumentationen kehrt dabei in unterschiedlichen Varianten immer wieder: Demnach wirkt sich ein sinkender Dollarkurs grundsätzlich treibend auf Ölpreise aus – Wurzel dieser These ist die Tatsache, dass der gesamte Ölmarkt in US-Dollar notiert. Um die Welt ging etwa die folgende Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press vom 18. Oktober, welche in zahlreichen Medien zitiert wurde:
„Wenn der Dollarkurs fällt, sinkt auch die Kaufkraft der Öl-Förderländer in anderen Währungen. Sie versuchen, das Loch über höhere Preise zu schließen. «Wenn der Dollar fällt, steigen die Rohstoffpreise, das ist eine alte Erfahrung», erklärte Ölmarktexperte Klaus Matthies vom Hamburger Institut HWWI. «Die Produzenten wollen keine Verluste erleiden», sagte er.“ Und weiter: „Noch ein Effekt des schwachen Dollars treibt nach Einschätzung von Experten den Ölpreis: Für Spekulanten aus dem Nicht-Dollarraum wird es günstiger, Geld in Ölpapieren anzulegen. Wenn die Investoren aber billiger an Öl-Futures kommen, wird die Investition interessanter. Diese steigende Nachfrage treibt auch den Preis nach oben. Außerdem schieben manche Anleger angesichts des Dollarverfalls Vermögen vom Dollar in Rohstoffe wie Gold, aber auch Öl, um den Wertverfall zu stoppen. Auch das lässt den Ölpreis steigen.“
Einwände?
Diese Argumente erscheinen intuitiv logisch. Bei eingehender Überlegung könnte man allerdings einige Einwände geltend machen. So ist etwa die Idee, Ölproduzenten könnten einen Preis für das von ihnen geförderte Öl festsetzen, fernab der heutigen Realität. Im 21. Jahrhundert werden die Preise vom Markt gemacht. Eine Tatsache, die natürlich auch dem zitierten Rohstoffexperten bekannt ist, einem der Senior-Ökonomen am Hamburgischen WeltWirtschafts Institut. Der Diplomvolkswirt Klaus Matthies stellt auf Anfrage von Futures fest: „Meine Aussage bezog sich auf Rohstoffe im Allgemeinen, und als Beispiele hatte ich Steinkohle und Buntmetalle genannt. Bei Rohöl ist es insofern anders, als sich die Verkaufspreise der Ölproduzenten(länder) inzwischen an den Börsenpreisen orientieren. Damit haben die Produzenten keinen unmittelbaren Einfluss mehr auf den Ölpreis.“
Gold als Versicherung
Auch der Verdacht, „manche Anleger“ würden Vermögen angesichts eines sinkenden Dollars lieber in Richtung Gold und Rohöl „schieben“, ist kaum zu erhärten. Gold als Versicherung gegen einen sinkenden Dollar mag in der Regel funktionieren (auch wenn es dafür bessere Möglichkeiten gäbe). Öl dagegen sicher nicht: Ein Ölkäufer würde sein Dollarrisiko nämlich erhöhen, anstatt es zu senken, weil der Wert seiner Investition mit sinkendem Dollar ebenfalls sinkt. Ein Hedge wäre allenfalls mit einer Öl-Short-Position möglich.
Doch vielleicht gibt es in all dem doch so etwas wie einen wahren Kern. Vorstellbar wäre etwa, dass sich Großverbraucher oder Spekulanten – z.B. im Euro-Raum – in schwachen Dollar-Phasen über die Maßen mit relativ billigem Öl eindecken und dadurch letztlich den Preis in die Höhe treiben. Oder: Produzenten könnten den Preis immer noch durch den viel zitierten „Ölhahn“ beeinflussen (steigende Preise durch gedrosselte Produktion).
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