Ein halbes Jahr Subprime-Krise

Seit den ersten Turbulenzen am US-Hypothekarmarkt im Sommer 2007, hat sich viel getan. Die Risikoaversion lähmte die Kreditmärkte, die Zentralbanken fluteten die Märkte mit Geld und Anleger suchten nach „sicheren Häfen“. Die Folgen für Investoren analysiert e-fundresearch.com Markets | 15.01.2008 06:43 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Sommer 2007 hat die globale Finanzwelt in ihren Grundfesten erschüttert. Die Turbulenzen rund um die Subprime-Krise haben dabei vor kaum einer Veranlagung Halt gemacht: Aktien, Anleihen, Währungen, alles war unter Druck. Anleger suchten verzweifelt nach einem „sicheren Hafen“, denn in der Krise stieg vor allem eines – die Korrelation. Für Fonds war das zweite Halbjahr 2007 insgesamt das schlechteste seit dem zweiten Halbjahr 2002. Anhand der Fondskategorien von Lipper gaben Investmentfonds im zweiten Halbjahr 2007 im Schnitt um 2,8 Prozent nach. Im deutschsprachigen Raum verloren die 10.800 Investmentfonds im Schnitt 5,6 Prozent.

Ein „heißer“ Sommer und seine Folgen

Die Subprime-Kredite, also Hypothekarkredite an Schuldner mit schlechter Bonität, lösten erstmals Mitte Juli Panik an den Finanzmärkten aus. Als die Ratingagenturen Standard and Poor’s und Moody’s die Ratings von Asset Backed Securities – strukturierte Investments, in denen Kredite wie Subprime Mortgages gebündelt wurden – massiv herunterstufte, weiteten sich die Risikoaufschläge an den Kreditmärkten. Der iTraxx Europe Crossover Index, der Credit Default Swaps abbildet und angeben soll, wie „teuer“ es ist, sich gegen Risiko zu versichern, schnellte im Juli um mehr als 100 Prozent nach oben. Ebenso stieg die Volatilität, gemessen am CBOE Market Volatility Index, im Juli um mehr als 100 Prozent.

Risikoaversion – Anleger flüchten zu Qualität

Von nun an vermieden die Anleger alles, was zu sehr nach Risiko aussah. Die Nachrichten von massiven Problemen bei zahlreichen Hedgefonds und Hypothekarfinanzierern sorgte für weitere Verunsicherung. Die Folgen für die Aktien- und Anleihenmärkte ließen nicht auf sich warten. Der S&P 500 in den USA fiel bis Anfang August um knapp 7,5 Prozent, der FTSE Europe büsste bis Mitte August sogar mehr als elf Prozent ein. Auf den Anleihenmärkten stiegen globale Staatsanleihen gemessen am Merrill Lynch Global Government Bond Index im selben Zeitraum um 5,0 Prozent.

Die Notenbanken im Zentrum des Geschehens

Nichtsdestotrotz war der August bereits von einem gewissen Aufatmen geprägt. Denn die Aktienmärkte gaben nicht so schwer nach wie die schlechten Nachrichten von den Kreditmärkten befürchten ließen. Die Senkung des Diskontzinses um einen halben Prozentpunkt am 17. August durch die US Notenbank rund um Ben Bernanke machte es für Banken billiger, sich bei der Fed Geld zu leihen und ließ die Märkte ebenfalls aufatmen. Bereits in der Woche zuvor wurden die Notenbanken aktiv. Die Europäische Zentralbank pumpte 94,8 Mrd. Euro in die Geldmärkte, um den durch die Unsicherheit und das Misstrauen zwischen den Banken entstandenen Liquiditätsengpass zu beseitigen. In England machte die Barclays Bank Gebrauch von einer Notfall-Liquiditätsspritze der Zentralbank und borgte sich 314 Millionen GBP von der Bank of England.

Spätestens als im September die britische Hypothekarbank Northern Rock von der Kreditkrise erfasst wurde, schaltete sich auch die Politik in die Subprime-Krise ein. Seitdem werden Notfallpläne diskutiert, wie ein Weg aus der von der Immobilien- zur Finanzkrise ausgewachsenen Situation gefunden werden kann. In Großbritannien wird die Verstaatlichung von Northern Rock diskutiert, in den USA beschloss G. W. Buch ein fiskalisches Stimulus-Paket im Wert von 100 Mrd. Dollar.

Die zweite Subprime-Schockwelle

Anleger wandten sich inmitten der Unsicherheit Märkten zu, die mit positiven Botschaften locken konnten – den Schwellenländern. Schwellenländerfonds erlebten von August bis Oktober eine wahre Liquiditätsschwemme. Anleger wollten nichts mehr von Subprime- und Kreditkrise hören und investierten in China, Indien und Co. Doch als im November die zweite Subprime-Welle losbrach, kamen auch zahlreiche Schwellenländerbörsen unter die Räder. Der weltweite Liquiditätsengpass schickte die Aktienmärkte auf Talfahrt.

Um die Marktteilnehmer zu beruhigen und die Liquidität an den Kreditmärkten zu garantieren, intervenierten die Zentralbanken erneut. Während die EZB Liquidität in Höhe von bis zu 348,6 Mrd. Euro zur Verfügung stellte, senkte die amerikanische Fed die Leitzinsen um insgesamt einen Prozentpunkt, von 5,25 auf 4,25 Prozent.

Doch die Bilanz nach sechs Monaten Subprime-Krise ist ernüchternd. Die Unsicherheiten blieben bestehen, denn die Märkte warten immer noch auf neue Enthüllungen aus den Bilanzen der Banken. Ebenso sind die Kreditmärkte zwar schon etwas entspannter, doch die Zinsen, die die Banken von einander verlangen, liegen immer noch deutlich über dem Refinanzierungssatz der Zentralbanken. Auf den Aktienmärkten ist von einer wirklichen Erholung ebenfalls noch wenig zu spüren. Und zu allem Überdruss zeichnen sich auch die Auswirkungen auf die Realwirtschaft bereits ab.

Von einem Ende der Subprime-Krise kann daher noch nicht gesprochen werden. So bestätigte auch Standard & Poor´s Fund Services: "Die Kreditkrise ist noch nicht vorüber." Für Kate Hollis, Analystin von S&P, haben die Märkte "seit einigen Jahren nicht mehr eine so lang anhaltende Periode der Zerrissenheit und der Unsicherheit erlebt."

Die Trends nach Subprime (inkl. Tabelle)

Risikoaversion und Vertrauensverlust an den Finanzmärkten, fallende Zinsen, höhere Volatilität, Rezessionsangst und eine Liquiditätsknappheit statt einer Liquiditätsflut. Die Bilanz nach sechs Monaten Subprime ist ernüchternd. Trotz massiver Zentralbankenintervention und frischem Kapital von Staatsfonds aus dem fernen und nahen Osten ist die Situation an den internationalen Märkten nicht entspannt. Doch auch wenn die Unsicherheit zurzeit besonders groß ist, gibt es doch einige Trends, die über die vergangenen Monate konsequent bestanden habe.

Large gegen Small Caps

Der MSCI World verlor seit Beginn der Subprime-Krise 12,6 Prozent. Doch der MSCI World Small Cap gab noch um fast zehn Prozentpunkte mehr nach und büsste 22 Prozent ein. Bis zum Beginn des Sommers hatten Small Caps in den vergangenen fünf Jahren den MSCI World um 5,3 Prozentpunkte outperformt. Doch davon ist nichts mehr zu sehen. Auch abseits der USA haben die Small Caps die Gunst der Investoren verloren. Small Cap Fonds gaben massiv nach: in Taiwan (-28,3 Prozent), Italien (-25,2 Prozent), Großbritannien (-24,9 Prozent), Europa (-21,2 Prozent), Deutschland (-20,6 Prozent), Japan (-19,2 Prozent) und noch zahlreichen anderen Regionen büssten Small Caps enorm an Wert ein. In Zeiten gestiegener Unsicherheit fällt die Wahl der Investoren eher zu „sichereren“ großen Unternehmen, die mitunter sogar stärker vom noch ungebrochenen Wachstum der Schwellenländer profitieren können.

Growth schlägt Value

Auch ein zweiter Trend erlebte erstmals seit einigen Jahren eine Umkehr. 2007 hatten Growth-Werte die Nase vorn. Diese zeichnen sich durch besonders hohe erwartete Gewinne aus, weniger durch hohe tatsächliche. Der MSCI World Growth schlug sein Value Pendant seit Beginn der Subprimekrise etwa um 5,8 Prozentpunkte. In den vergangenen drei Jahren war es anders herum, Value performte im Schnitt um 3,7 Prozentpunkte besser pro Jahr.

Sektoren schneiden sehr unterschiedlich ab

Auch ein Blick auf die unterschiedlichen Sektoren zeigt: die Subprime-Krise hat die Spreu vom Weizen getrennt. Während Finanzwerte schwer unter der Subprime-Krise gelitten und auch Konsumgüter wegen der Rezessionsgefahr stark verloren haben, mussten jene Sektoren, die mit Rohstoffen, Energie und Biotechnologie zu tun hatten nicht so stark nachgeben (siehe Grafik). Besonders antizyklische Werte, also jene, die von einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums weniger betroffen sind, wurden von der Subprime-Krise verschont.

Gold schlägt aus – Inflationsschutz gefragt wie nie

In Krisenzeiten sind Anlagen mit hohen intrinsischen Wert besonders gefragt. Die Feinunze Gold konnte seit Beginn der Subprime-Krise die 900 Dollar Hürde durchbrechen und um 24,1 Prozent zulegen. Goldminenwerte liegen trotz der Turbulenzen an den Aktienmärkten sogar deutlich darüber. Der FTSE Goldmines legte seit Beginn der Subprime-Krise um 31,3 Prozent zu. Gold konnte damit die scheinbar unüberwindliche Hürde von 800 Dollar durchbrechen (siehe auch „Das Gold-Rätsel“ vom 23. August 2007). Grund dafür war neben dem schwachen Dollar auch die steigende Inflationserwartung. Davon profitierten auch inflationsgeschützte Anleihen. Europäische Inflation-linked Bonds erzielten, nach mageren 1,7 Prozent p.a. in den vergangenen drei Jahren, im letzten halben Jahr 5,3 Prozent Ertrag.

Die besten Fondskategorien während der Krise

Die beste Fondskategorie seit Mitte Juli vergangenen Jahres waren Indien-Aktienfonds mit einer Rendite von 30,0 Prozent. Sie stellen auch die besten Fonds im kompletten Jahr 2007. Im Gegensatz zu den China-Aktienfonds verlief ihre Wertentwicklung im zweiten Halbjahr verhältnismäßig konstant. China wurde hingegen von der zweiten Subprime-Welle im November voll getroffen (siehe auch „Die besten und schlechtesten Fonds im November“ vom 6. Dezember 2007), liegt aber immer noch mit einem Plus von 19,1 Prozent an dritter Stelle.

Danach folgen Aktienfonds aus dem Sektor Gold und Edelmetalle mit einem Plus von 13,5 Prozent. Sie profitierten von den Höchstständen bei den Goldnotierungen und der Flucht in fundamentalere Werte. Auch die Anlagekategorie der Rohstoff-Fonds gehört seit dem Sommer zu den Outperformern. 9,4 Prozent waren mit dieser Anlagekategorie zu holen.

Auch Anleihenfonds finden sich unter den Top 15 Assetklassen der Subprime-Krise. Japanische Anleihenfonds profitierten vom starken Yen und legten 5,9 Prozent zu. In Europa gehörten inflationsgeschützte Anleihen und Staatsanleihen mit langer Duration zu den Top-Performern.

Fazit

Seit 2002 gab es kein so schlechtes Halbjahr wie dieses. Anleger, die mit einem zu wenig diversifizierten Portfolio unterwegs waren, mussten mitunter herbe Verluste einstecken. Doch zumindest noch das nächste Halbjahr wird ganz im Zeichen der Subprime-Krise stehen. Inmitten dieser Unsicherheiten müssen Anleger auf langfristige Trends setzen beziehungsweise sich sehr defensiv positionieren.

Alle Daten per 10.1.2008 in Euro
Quelle:

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