Die Hinweise auf eine Stagnation der Mittelzuflüsse aus anderen Ländern in die US-Rentenmärkte verdichten sich. Zunehmende Absicherungskosten sind ein Teil der Erklärung; denn bei den Geldmarktzinsen nehmen die Abstände zwischen den USA und anderen Ländern der Welt weiter zu. Japanische Anleger schichten ihre Investments wieder in europäische Staatsanleihen um. Nachdem sie einige Jahre lang unaufhörlich US-Unternehmensanleihen gekauft haben, überdenken europäische und japanische Anleger jetzt ihre Positionierung in diesen Papieren.
Ist die Fixierung der Märkte auf die Inflationsaussichten für die USA berechtigt? Ja und nein lautet die wenig befriedigende Antwort. Das tatsächliche Preisniveau und Inflationsfrühindikatoren geben keinen Grund zu unmittelbarer Besorgnis. Der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, hat sich vor kurzem von der Vorstellung distanziert, die US-Wirtschaft stünde kurz vor einer Überhitzung. Das ist das „nein“ unserer Antwort.
Andererseits kommt es sehr selten vor und ist möglicherweise kontraproduktiv, dass die USA in einer so späten Phase des Konjunkturzyklus eine expansive Finanzpolitik verfolgen. Man kann es auch anders formulieren: „Manchmal ist nie besser als spät.“ Angesichts einer Arbeitslosenquote von knapp über 4 Prozent, verbunden mit einem Haushaltsdefizit, das in diesem Jahr die 5-Prozent-Marke überschreitet, sollte sich jeder Investor am Rentenmarkt gegen einen Inflationsanstieg wappnen. Zum letzten Mal gab es eine solche möglicherweise brisante Mischung während des Vietnamkriegs. Die Märkte reagieren äußerst sensibel auf jede überraschende Erhöhung der US-Inflationsaussichten. Und wir glauben, dass sich dies so schnell nicht ändern wird. Das ist das „ja“ unserer Antwort.
Bis auf Weiteres ist Konsolidierung das Thema am Rentenmarkt
Nach einer bedeutenden Verkaufswelle in den ersten Wochen dieses Jahres setzte gegen Ende Februar an den Anleihemärkten eine Konsolidierung ein, und zwar insbesondere in der Eurozone. Eine vorsichtig agierende EZB und Hinweise auf eine Wachstumsstabilisierung in der Eurozone (wenn auch auf hohem Niveau) drückten die Renditen auf langlaufende Anleihen sogar noch unter die Werte von Anfang des Jahres. Allerdings glauben wir nach wie vor, dass die Normalisierung der Notenbankpolitik die Laufzeitprämien im weiteren Verlauf dieses Jahres allmählich höher treiben wird.
Der beständige Anstieg der Absicherungskosten für US-Zinspapiere findet als Investmentthema zunehmende Verbreitung. Deshalb bevorzugen wir US-Staatsanleihen nicht länger gegenüber deutschen Bundesanleihen.
Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern sind gut aufgestellt
Zurzeit hat man den Eindruck, dass Powell die unter seiner Vorgängerin Yellen begonnene allmähliche Normalisierung der Leitzinsen fortsetzen wird. Schrittweise Zinserhöhungen um ca. 0,25 Prozentpunkte pro Quartal sollten für Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern tragbar sein, vorausgesetzt, der Dollar bleibt weiter schwach. Das Bewertungsniveau erscheint attraktiv, vor allem für Schwellenländerwährungen. Die realen Zinssätze liegen immer noch deutlich über null oder den negativen Werten, die 2013 kurz vor Beginn der allmählichen Drosselung der Anleihekäufe durch die Fed zu beobachten waren.
Die Anfälligkeit der Schwellenländer für Einflüsse von außen scheint inzwischen geringer zu sein; denn die Inflation ist strukturell niedriger, die Leistungsbilanzen sind ausgeglichener und die Devisenreserven höher. Und auch wenn in letzter Zeit erhebliche Mittel in Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern geflossen sind, geschah dies von einer niedrigen Basis aus, sodass die Positionierung sicher nicht überzogen erscheint.
Vorsichtige Haltung zu Unternehmensanleihen
Seit Beginn der Korrektur am Aktienmarkt Anfang Februar sind die Spreads auf Unternehmensanleihen langsam, aber stetig größer geworden. Seit Jahresbeginn bewegen sich die Überschussrenditen für die meisten Unterkategorien im negativen Bereich. Was Unternehmensanleihen angeht, haben wir nach wie vor eine positive Haltung zu nachrangigen Papieren aus dem Finanzsektor. Klar ist aber auch, dass diese Anleihen mit ihren hohen Beta-Koeffizienten gegen ein volatileres Marktumfeld nicht immun sind. Wir bevorzugen weiterhin europäische Unternehmensanleihen gegenüber US-amerikanischen und haben unsere Positionen in High-Yield-Unternehmensanleihen vollständig abgesichert.
Ungeachtet der jüngsten Korrektur basieren die Bewertungen an den Unternehmensanleihemärkten anscheinend immer noch auf sehr optimistischen Erwartungen. Das durch synchrones weltweites Wachstum geprägte Umfeld wirkt unterstützend. Doch der Verschuldungsgrad gibt insbesondere bei US-Unternehmen Grund zur Besorgnis.
An den Rentenmärkten der europäischen Peripherieländer gibt es noch Luft nach oben
Seit Jahresbeginn haben sich Staatsanleihen aus Europas Peripherieländern als die Anlageklasse mit der besten Performance erwiesen – mit Gesamtrenditen von knapp 2 Prozent in Italien und Portugal und noch höheren Werten in Spanien. Wir gehen von einer Fortsetzung dieser starken Performance aus, angetrieben durch starkes Wirtschaftswachstum in der gesamten Region und neue politische Initiativen, welche die Integration der Eurozone weiter voranbringen werden. Die Positionierung erscheint nicht überzogen; denn viele Anleger hatten ihre Investments im Vorfeld der Wahlen in Italien zurückgefahren. Ein weiterer positiver technischer Aspekt ist das hohe Rückzahlungsvolumen im April, weil die EZB Erlöse aus fällig werdenden Anleihen in ihrem Bestand in voller Höhe wieder anlegen wird.
Kommer van Trigt, Leiter Global Fixed Income Macro, Robeco