Damit stehen sie im Gegensatz zu Aktien und US-High-Yield-Anleihen, die weiterhin eine gute Performance erzielen. „Die technischen Kennzahlen sind nach wie vor schwach. Dabei gibt es auffällige Korrelationen zwischen risikobehafteten Finanzmarktaktiva und den Bilanzen der Notenbanken – ein Trend, der die Kreditspreads allmählich größer werden lässt. Deshalb die lange Durststrecke.“
Divergierende Fundamentaldaten: Die USA halten das Tempo hoch, während Europa zurückfällt
Unternehmensanleihen sind heikel. In Phasen mit hohem Wachstum nehmen Unternehmen wieder mehr Fremdkapital auf und führen im Hinblick auf Unternehmensanleihen ungünstige M&A-Transaktionen durch. Wenn es hingegen zu wenig Wachstum gibt, besteht ein größeres Risiko, dass es zu einer Rezession und zu punktuellen Ereignissen kommt. „Wir befinden uns bislang noch in der Komfortzone, aber es gibt Risiken“, sagt Verberk.
Ein moderateres Wachstum in Europa, wie es durch schwächere Konjunkturdaten signalisiert wird, ist zurzeit keine wirkliche Gefahr. Die Erholung ist breit angelegt, und die Expansion befindet sich immer noch in der Mitte des Zyklus. „Wenn die US-Wirtschaft jedoch ihr jetziges Wachstumstempo beibehält, wird die US-Notenbank die Zinsen eventuell häufiger erhöhen müssen, als von den Märkten eingepreist.“ Das extrem knappe Arbeitskräfteangebot und die ausbleibende Inflation sind weitere Risikofaktoren, die sich zu einem späteren Zeitpunkt bemerkbar machen und die Situation verschärfen könnten.
Eine strengere US-Geldpolitik wirkt sich auch auf die Schwellenländer aus, weil dadurch der Dollar gestärkt und in US-Dollar vorhandene Liquidität aus dem Rest der Welt abgezogen wird. Dies verursacht Volatilität. Argentinien und die Türkei sind zwei der jüngsten Opfer dieser Entwicklung. Wie an den Märkten der Industrieländer erfolgt diese Neubewertung bisher nicht auf breiter Basis. „Auch hier stellt sich die Frage, ob das schon alles ist oder ob noch mehr kommt“, sagt Sander Bus.
Die Bewertungskennzahlen sind immer noch hoch, aber es zeichnen sich Bereiche mit Wertpotenzial ab
An den Staatsanleihemärkten ist derzeit ein interessantes Phänomen zu beobachten: Im Dreimonatsbereich sind US-Schatzwechsel („T-Bills“) aktuell in den G10-Ländern die Staatspapiere mit den höchsten Renditen. Nicht schlecht für eine als sicher geltende Anlageklasse. „Angesichts des Haushalts- und Leistungsbilanzdefizits der USA und ihres per Saldo negativen Auslandsvermögensstatus sind T-Bills aber vielleicht doch nicht so sicher“, gibt Verberk zu bedenken. Wenn man eine Währungssicherung vornimmt, sind US-Finanzaktiva nicht billig, was z. B. japanische Anleger veranlasst, Gelder aus den USA abzuziehen und in Europa anzulegen.
Manche Segmente des Investment-Grade-Markts werden unter Bewertungsgesichtspunkten allmählich wieder attraktiver. Das gilt zum Beispiel für einige Anleihen aus dem Bankensektor und aus Schwellenländern, deren Spreads wieder attraktiver werden. Im High-Yield-Segment haben Papiere mit CCC-Rating eine bessere Performance erzielt als andere, sodass sich die Betonung von Qualität im Portfolio nicht bezahlt gemacht hat. „Wir sind aber überzeugt, dass der Markt überteuert ist, und fühlen uns deshalb mit unserer vorsichtigen Positionierung wohl“, sagt Bus. „Wir bevorzugen europäische High-Yield-Anleihen, da diese bei deutlich höherem durchschnittlichen Rating dieselben Spreads bieten.“
Die technischen Kennzahlen sind immer noch anfällig
Die Korrelation zwischen den Anleihekäufen von Notenbanken und der Performance risikobehafteter Finanzmarktaktiva ist auffällig. Da die EZB vorhat, ihre Quantitative-Easing-Maßnahmen einzustellen, dürfte sich die Lage erst verschlechtern, bevor sie besser wird. Wie sich die technischen Kennzahlen entwickeln, hängt von diesem Faktor und davon ab, was parallel dazu aus einer globalen Perspektive passieren wird. Der Markt braucht neue Anleger, die in großem Umfang Unternehmensanleihen kaufen und damit an die Stelle der Notenbanken treten. „Das ist Grund genug, abzuwarten und die Risikoexposition noch nicht zu erhöhen“, sagt Verberk.
Bei der Positionierung ist Vorsicht immer noch das Gebot der Stunde
„Die Währungssicherungskosten für US-Finanzaktiva sind nach wie vor hoch, was dazu führt, dass Mittel in die europäischen Unternehmensanleihemärkte umgeleitet werden. Deshalb bevorzugen wir Europa immer noch gegenüber den USA“, betont Bus. „Wir sind uns der Long-Position in Finanztiteln bewusst, haben aber immer noch eine Präferenz für diesen Trade.“ Der Bankensektor ist nach wie vor der Sektor mit dem stärksten Schuldenabbau, und die Bilanzen der Banken sind solide. „Bankanleihen sollten bei risikoadjustierter Betrachtung eine überdurchschnittliche Performance erreichen.“
„Die Bewertungskennzahlen sind etwas besser und einige Marktsegmente attraktiv geworden, zumindest wenn man sie mit den Renditen auf Bundesanleihen vergleicht“, räumt Verberk ein. „Solange wir keine weiteren Hinweise sehen, dass der Zinserhöhungszyklus der Fed das Wachstum nicht bremsen und außerhalb der USA nicht zu einer Dollar-Verknappung führen wird, werden wir weiter vorsichtig sein. Ob nun eine lange Durststrecke vor uns liegt oder nicht – den Unternehmensanleihemärkten stehen volatilere und unsicherere Zeiten bevor.“
Victor Verberk & Sander Bus, Leiter des Teams für Unternehmensanleihen, Robeco