Wie Anleger den „Gender Bias" beseitigen können

Vor der Pandemie waren es Biases und „gläserne Decken“, jetzt sorgen pandemiebedingte Erschöpfung, Burnout und Arbeitslosigkeit für zusätzliche Hindernisse für weibliche Erwerbstätige. Robeco | 08.03.2022 09:00 Uhr
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In aller Kürze

  • Systematische Biases und pandemiebedingter Stress haben sich negativ auf Arbeitnehmerinnen ausgewirkt
  • Frauen erwirtschaften erheblichen Mehrwert für Unternehmen, Länder und die Gesellschaft
  • Investments aus Gender-Perspektive und Engagement nehmen Benachteiligungen, Stress und Ungleichheit ins Visier 

Die Belastungen und Biases, denen weibliche Erwerbstätige ausgesetzt sind, haben zugenommen. Gleichzeitig ist aber auch ihr Beitrag für die Wirtschaft und die Gesellschaft gestiegen. Die Welt braucht Unternehmen, die gegen traditionelle Biases in der Wirtschaft vorgehen, die sich aber auch verstärkt um den Kampf gegen neue Kräfte bemühen, welche das berufliche Fortkommen von Frauen behindern und die Diversität in den Belegschaften verringern. 

Hindernisse und Biases

Die Corona-Pandemie hat eindrucksvoll zutagegefördert, wie schwer es Frauen haben, die Anforderungen des Berufslebens und des persönlichen Alltags erfolgreich zu bewältigen. Schon vor der Pandemie litten Frauen unter systematischen Biases am Arbeitsplatz, weshalb sie im Hinblick auf Bezahlung und Beförderung schlechter abschnitten. Eine kürzlich erfolgte Umfrage ergab, dass 85 % der befragten Männer und Frauen der Aussage zustimmten, das es für Männer leichter sei, Top-Führungspositionen zu erreichen, als für Frauen mit gleicher Qualifikation. Diese Einschätzung ist durch Daten bestätigt worden.1

In den USA und zahlreichen anderen entwickelten Ländern machen Frauen die Hälfte der Erwerbstätigen aus. Dennoch sind sie im Management und in Führungspositionen stark unterrepräsentiert. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung in wichtigen Branchen in den USA ergab, dass auf Frauen nur ein Viertel aller Positionen auf der obersten Führungsebene entfällt und nur 6 % der CEO-Positionen.2

Eine große Zahl von Untersuchungen in Belegschaften deutet auf Biases hin, die das Vorankommen von Frauen behindern. Zu den unausgesprochenen Vorurteilen gehört eine Tendenz zu der Ansicht, dass Frauen der Familie höhere Priorität als der Karriere einräumen, sowie die Einschätzung, dass Männer die effektiveren Führungskräfte abgeben. Bei globalen Untersuchungen zeigt sich ein ähnliches Muster.

Der Preis der Pandemie

Zusätzlich zu den hohen Kosten solcher Biases hat sich die Corona-Pandemie überproportional negativ auf Frauen ausgewirkt. Weltweit betrachtet verloren 5 % der Frauen ihren Arbeitsplatz, während es bei Männern 3 % waren.3 In Europa betrugen die Lohneinbußen während der Pandemie bei Frauen 8,1 %, bei Männern waren es nur 5,4 %.4 Während die Pandemie allmählich ausläuft, hat sich der Abstand zwischen der Burnout-Häufigkeit bei Frauen und Männern verdoppelt.5 In den USA hätte die Arbeitslosenquote von Frauen Ende September 2021 bei 6,8 % gelegen, wenn die 2 Millionen weiblichen Arbeitnehmer mitgezählt worden wären, die seit Februar 2020 aus dem Erwerbstätigenpotential ausgeschieden sind.6

Auch wenn sich das Beschäftigungsniveau seither wieder erholt hat, konnte es die langfristigen „Gender Losses“ nicht ausgleichen. Nach Schätzungen des World Economic Forum, ist die „Gender Gap“ um 36 Jahre gewachsen – das entspricht mehr als einer Generation.7

Soziale, finanzielle und ökologische Vorteile

Es hat zahlreiche Vorteile, Frauen am Arbeitsmarkt zu gewinnen, zu halten und zu befördern. Frauen erlangen persönlichen Sinn und Selbstwertgefühl und erreichen Einkommen und Stabilität für ihre Familie. Im Hinblick auf die Makroebene zeigen Untersuchungen, dass das Schließen der „Gender Gap“ in der Erwerbsbeteiligung das BIP eines Landes erhöht – in einigen Fällen um 80 %8 Nach einer Projektion von McKinsey könnten Fortschritte bei der Gleichbehandlung der Geschlechter die globale Wirtschaftsleistung bis 2030 um 13 Billionen US-Dollar erhöhen.9

Die Vorteile nutzen auch der Wirtschaft. Unternehmen mit Bewusstsein für Geschlechter-Diversität, die aktiv Diversität im Rahmen von Leitlinien und in der Praxis anstreben, weisen eine geringere Personal-Fluktuation sowie eine größere Zufriedenheit und Einsatzfreude der Beschäftigten auf.10,11 In Ergänzung sozialer Kennzahlen erreichen von Frauen geführte Unternehmen höhere Erträge (gemessen am EBIT), höhere Eigenkapitalrenditen (gemessen am ROE) und höhere Aktienkurse.12 Je umfassender Diversität in einem Unternehmen ausgeprägt ist, desto größer ist der Zusammenhang mit dem finanziellen Erfolg.13

In Ergänzung sozialer Kennzahlen erreichen von Frauen geführte Unternehmen bessere Finanzkennzahlen wie höhere Erträge (EBIT), höhere Eigenkapitalrenditen (ROE) und höhere Aktienkurse

Des weiteren tragen Frauen an der Unternehmensspitze dazu bei, sowohl das Klima in der Firma als auch das Ansehen in der Öffentlichkeit zu wahren. Eine von McKinsey während der Pandemie durchgeführte Untersuchung ergab, dass weibliche Führungskräfte dem Wohlergehen der Angestellten mehr Aufmerksamkeit schenken als männliche Führungskräfte auf derselben Ebene.14 Des weiteren zeigte eine von Bloomberg New Energy Finance durchgeführte Analyse in mehr als 11.700 Unternehmen, dass zwischen einem bestimmten Mindestanteil an Frauen im Board sowie der klimabezogenen Governance und Innovation eine positive Korrelation besteht.15

Gender-basiertes Investieren und Engagement

Vorteile in sozioökonomischer und umweltbezogener Hinsicht haben es für viele Länder und Unternehmen zu einem strategischen Imperativ gemacht, erwerbstätige Frauen in der Beschäftigung halten und zu fördern. Steigende Mittelzuflüsse in Anlagen mit Gender-Fokus bedeuten zugleich, dass dies zunehmend auch ein entscheidender Gesichtspunkt für Anleger ist. In Portfolios mit Ausrichtung auf „Gender Lens Investing (GLI)“ basieren die Anlagen auf Kriterien, die mit mehr Geschlechter-Gerechtigkeit einhergehen. Dazu zählen gleiche Bezahlung, angemessene Repräsentation in Führungsgremien, hohe Halteraten und flexible Arbeitszeitregelungen. Das Volumen von Assets im GLI-Segment hat sich seit 2018 fast verfünffacht und 2021 einen Wert von nahezu 12 Milliarden US-Dollar erreicht.16,17

Steigende Mittelzuflüsse in Anlagen mit Gender-Fokus bedeuten zugleich, dass dies zunehmend auch ein entscheidender Gesichtspunkt für Anleger ist

„Untersuchungen zeigen, dass Frauen für mehr Innovation, mehr Kreativität und durchdachtere Entscheidungen sorgen, was zusammengenommen zu besseren finanziellen Ergebnissen führt“, sagt Audrey Kaplan, Co-Portfolio Manager des GLI-Fonds von Robeco. „Im Hinblick auf unsere Anlagen berücksichtigen wir bei der Auswahl von Unternehmen neben einer Vielzahl anderer Faktoren in Bezug auf Diversität und Inklusion insbesondere die Diversität in der Belegschaft.“

Die Vorteile einer tiefen Verankerung von Diversität und Inklusion (D&I) in einem Unternehmen haben dazu geführt, dass dies ein wichtiger Fokus des Active Ownership-Teams von Robeco geworden ist. Dieses Jahr wurde das speziell auf D&I ausgerichtete Engagement-Programm des Teams gestartet, das auf früheren Anstrengungen in diesem Bereich aufbaut. Das Programm wird das Management der Unternehmen zu Fortschritten bei gleichen Rechten und Chancen für alle Mitarbeiter anhalten. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf dem Anteil von Frauen in gehobenen Führungspositionen und in den Boards.

Zwar sind staatliche Vorgaben und Richtlinien stets von Bedeutung, doch können Anleger so dazu beitragen, traditionelle Biases zu beseitigen und ein besseres Umfeld für eine neue Generation von Arbeitnehmern zu schaffen.

Audrey Kaplan, Portfolio Manager, Robeco

1 „Women in Leadership, why it matters.” Umfrage in den USA seitens der Rockefeller Foundation. https://www.rockefellerfoundation.org/wp-content/uploads/Women-in-Leadership-Why-It-Matters.pdf
2 „Women C-Suite Ranks Nudge Up—a Tad.” (2019). Umfrage von Korn Ferry Management Consulting in den USA in Branchen wie Konsumgüter, Einzelhandel, Energie, Finanzen, Gesundheit, Services und IT.
3 „Women at Work in G20 countries: Policy action since 2020.” OECD/ILO. Aktualisiert im Juni 2021.
4 ILO Global Wage Report 2020-21.
5 Women in the Workplace Report. 2021. McKinsey and Co. / Lean In Org. In Umfragen von 2020-2021 erhobene Häufigkeit von Burnout.
6 National Women’s Law Center (US), Fact Sheet, September 2021. https://nwlc.org/wp-content/uploads/2021/09/Aug-Jobs-Day.pdf
7 World Economic Forum Gender Gap Report. 2021.
8 Boston Consulting Group. Gender Equality. Infografik. https://www.bcg.com/capabilities/diversity-inclusion/gender-equality
9 COVID-19 and gender equality: Countering the regressive effects. 2020. McKinsey and Co.
10 Catalyst.org., Organization Studies (2019). “Not Just Good for Her: A Temporal Analysis of the Dynamic Relationship Between Representation of Women and Collective Employee Turnover.”
11 Catalyst. Akademische Forschungen zeigen, dass inklusive Unternehmen den Anteil von Talenten und die Produktivität maximieren. https://www.catalyst.org/research/why-diversity-and-inclusion-matter/. Abgerufen im Februar 2021.
12 „Gender Diversity improves ROE, lowers risk.” (2018). Bank of America/Merrill Lynch Research. Morgan Stanley Research, 2019. Credit Suisse 3000 Report (2021).
13 Credit Suisse 3000 Report (2021). RobecoSAM Gender Research report, 2020. https://www.robeco.com/en/insights/2020/04/how-a-better-gender-balance-boosts-profits.htmlrobecosam study link)
14 Women in the Workplace Report. 2021. McKinsey and Co. / Lean In Org.
15 „More Women in Boardrooms Mean Better Climate Policy, BNEF Says.” Dezember 2020. Bloomberg Green.
16 Stand: 30 September 2021.
17 „Gender Lens Investing in the Numbers.” https://www.gendersmartinvesting.com/gender-lens-investing-in-numbers. Abgerufen im Februar 2022. Zitiert aus Research von Parallelle, Veris Wealth Partners und P&I/Crain Investments. Veris Wealth Report. „Bending the Arc of Finance for women and girls.” 2018: Verwaltetes Vermögen im GLI-Segment: 2,4 Mrd. $ (Stand: Dezember 2018)

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