Die Wirtschaftslage in Europa hat sich dank des Kombinationseffekt eines schwächeren EUR und niedrigeren Ölpreisen schrittweise verbessert. Industrieumfragen deuten auf stärkere Aktivität hin, und der private Konsum hat ebenfalls zugenommen. Zum ersten Mal in neun Monaten befindet sich der Economic Surprise Index - der misst, in welchem Umfang die Daten die Konsensprognosen übertreffen oder unterschreiten - im positiven Bereich. Ein negatives Ergebnis der Schuldenverhandlungen zwischen Griechenland und seinen Geldgebern bleibt ein Risiko, aber wir gehen von einem Kompromiss am Ende der Diskussionen aus. Auch die Liquiditätsbedingungen sind positiv. Die Ausweitung des am 22. Januar vorgestellten Anleihenkaufprogramms der EZB ging weiter, als viele gedacht hätten. Aber das Timing ist ebenfalls entscheidend- die EZB-Kreditumfrage zeigt, dass Banken eher bereit sind, Kredite zu vergeben und private Schuldner sehr daran interessiert sind, Schulden aufzunehmen.
Bewertungen für europäische Aktien erscheinen in absoluten Zahlen nicht besonders attraktiv. Auf konjunkturbereinigter Basis bleibt der Abschlag, zu dem sie gegenüber US-Aktien gehandelt werden, nach historischen Standards hoch. Gemäss dem Shiller-Kurs-Gewinn-Verhältnis werden europäische Aktien zu einem Rekord-Abschlag von 33 Prozent gegenüber US-Aktien gehandelt. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Gewinne in Europa um 30 Prozent unter ihrem Höchststand von 2008 liegen – ein ungewöhnlich niedriges Niveau, auf dem sie wahrscheinlich nicht dauerhaft verharren werden. Die Gewinndynamik in der Region hat sich verbessert, und unsere Prognosen liegen bei rund 15 Prozent Gewinnwachstum für 2015, was machbar scheint, insbesondere angesichts der positiven Auswirkungen des niedrigeren EUR auf die Exportunternehmen. Europäische Indizes in USD werden zudem im Vergleich zu den USA rekordtief gehandelt (siehe Grafik).
Japan bleibt aus der Bewertungs- und Liquiditätsperspektive interessant. Die Aktien der Region scheinen besonders attraktiv aus der Kurs-Buchwert- und/oder Kurs-Gewinn-Perspektive (1,3 bzw. 0,7), und die Zentralbank könnte Druck bekommen, die geldpolitischen Bedingungen zu lockern, falls der Inflationsdruck weiter nachlässt.
Wir halten an unserer neutralen Einschätzung für Schwellenmarktaktien fest. Extrem billige Währungen und ein sich verbessernder Ausblick für das weltweite Wachstum wirken sich günstig auf die Schwellenländeraktien aus, aber Bedenken bezüglich der Liquiditätsbedingungen in China halten uns von einer noch positiveren Einschätzung ab.
Bei den Sektoren bevorzugen wir nach wie vor zyklische Titel. Unserer Prognose zufolge wird sich das weltweite Wachstum beschleunigen. Dies dürfte sich positiv auf die konjunkturabhängigsten Sektoren auswirken, die derzeit günstiger sind als die defensiven Sektoren. Wir begünstigen zyklische Konsumgüter, die vom besseren Konsumentenvertrauen und den Auswirkungen niedrigerer Energiepreise sowie des stärkeren USD auf Haushaltsausgaben profitieren dürften. Der Energiesektor ist der günstigste auf unserer Scorecard, und wir denken, dass der Sektor Potenzial für eine Erholung hat. Insbesondere angesichts des Ölpreises, der nahe am Boden der aus unserer Sicht neuen längeren Handelsspanne von USD 50-70 gehandelt wird.
Bei defensiven Sektoren wie Gesundheit und Versorgern, die normalerweise eine Unterperformance verzeichnen, wenn die Anleiherenditen steigen, sind wir untergewichtet. Der Gesundheitssektor scheint aufgrund der sehr guten Bewertungen und der starken Anlegerpositionierung bei diesen Aktien besonders unattraktiv.