Pictet AM über Kryptowährungen: Modeerscheinung oder Zukunft?

Die Pictet Asset Management Strategy Unit beschäftigt sich auf sachliche Art und Weise mit der Frage, welche wirtschaftliche und finanzielle Bedeutung Bitcoin und andere Kryptowährungen haben könnten. Pictet Asset Management | 15.02.2018 08:14 Uhr
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
"Kryptowährungen, allen voran Bitcoin, haben in den letzten Monaten für jede Menge Aufsehen in den Medien gesorgt. Ihr sensationeller Aufstieg und Fall machte überall von sich reden, egal ob in der Klatschpresse oder in renommierten Wirtschaftszeitungen. Die Berichterstattung hat insgesamt  aber mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Sind Kryptowährungen wirklich die Währungen der Zukunft? Kann man sie als Anlageform betrachten? Werden sie Bestand haben oder sind sie nur eine Modeerscheinung und Blase? Wir glauben, dass Kryptowährungen noch einen weiten Weg vor sich haben, bis sie ein zukunftsfähiger Ersatz für die bestehenden Währungen sein werden. Als Anlage eignen sie sich aufgrund ihrer besonderen Merkmale nicht wirklich. Es gibt gute Gründe, davon auszugehen, dass sie eine Blase sind und der Hype genauso schnell abflauen wird, wie er aufgezogen ist.

Dennoch sollten Kryptowährungen nicht gänzlich abgetan werden. Ihre Entstehung dürfte die Entwicklungen an den Finanzmärkten beschleunigen, nicht zuletzt das Wachstum von Distributed-Ledger-Technologien wie Blockchain. Gleichzeitig regen sie zum Nachdenken über die herkömmliche Geldpolitik und den Ausblick für die traditionellen Währungen an.

Währungen oder nicht? 

Mittlerweile haben die meisten Menschen eine grobe Vorstellung von Kryptowährungen wie Bitcoin – Detailwissen haben allerdings nur Spezialisten auf diesem Gebiet. Eine der großen Fragen ist, inwiefern sie tatsächlich Währungen sind.

Währungen haben drei Funktionen: Sie dienen als Zahlungsmittel, Rechnungseinheit und Wertanlage. Es ist fraglich, ob Bitcoin überhaupt irgendeine dieser Funktionen erfüllt.

Zunächst einmal kann man mit Bitcoin nicht viel kaufen. Die Kryptowährung ist teuer und umständlich einzusetzen. Die Transaktionskosten sind hoch und die Abrechnung dauert lange – so dass die Kryptowährung vor kurzem noch nicht einmal für die Anmeldung zu einer Konferenz zum Thema Bitcoin als Zahlungsmittel für die Tickets akzeptiert wurde. Nur wenige Waren sind in Bitcoin ausgepreist. Zudem ist keine Investition in Bitcoin als Basiswert möglich. 

Hinzu kommt, dass die Regierungen die Nutzbarkeit ihrer Währungen garantieren – und sei es nur, damit die Bürger damit ihre Steuern bezahlen können. Hingegen gibt es keine Instanz, die hinter Bitcoin steht. Befürworter argumentieren, dass genau das der große Vorteil von Kryptowährungen ist – keine Regierung und keine Institution kann sie weginflationieren und die verfügbare Menge richtet sich nach eigenen Spielregeln. Aber diese Argumente  sind nicht so hieb- und stichfest, wie oftmals suggeriert wird.

Bitcoins können von jedem untergraben werden, der es schafft, mindestens 51 % der Rechenleistung von Bitcoin zu stellen, mit dem sogenannten 51-Prozent-Angriff. Dadurch lässt sich die feste maximale Menge an Bitcoins erhöhen, die bei 21 Millionen liegt – genau hierauf basieren viele Argumente, warum die Kryptowährung vorgeblich werthaltiger ist als Fiatwährungen.

Vor dem Hintergrund, dass rund 79 % der Bitcoin-Rechenleistung (Mining) aus China stammt und dass die Chinesen zu den größten Bitcoin-Besitzern gehören, besteht ein nicht unerhebliches Risiko, dass die Behörden in Peking einen Weg finden, die Kryptowährung unter ihre Kontrolle zu bringen.

Dass sich eine Regierung einmischen könnte, ist die größte Gefahr für Bitcoin und andere digitale Währungen. Die Aufsichtsbehörden machen sich Sorgen, dass Kryptowährungen dem Schwarzmarkt in die Hände arbeiten könnten, und darüber, dass der ohnehin schon enorme Stromverbrauch für das Mining – allein im November stieg der Energieverbrauch für Bitcoin-Mining um rund 30 Prozent und machte 0,13 Prozent des weltweiten Energiebedarfs aus - weiter steigen könnte. Bedenken bestehen auch hinsichtlich ihres Potenzials, systemische Bankingprobleme auszulösen, weil die Leute Schulden machen, um die Kryptowährung kaufen zu können. Die südkoreanische Regierung zum Beispiel dachte bereits darüber nach, den Bitcoin-Handel zu verbieten, was vor dem Hintergrund, dass das Land einer der größten Bitcoin-Märkte ist, recht bedenklich wäre; sie machte dann aber einen Rückzieher.

Das Potenzial systemischer Probleme betrifft nicht nur die Tatsache, dass Privatpersonen Kreditkarten für den Kauf von Bitcoins nutzen. Berücksichtigt man die aktuellen Marktpreise, liegt der Wert der in Umlauf befindlichen Bitcoins bei 170 Mrd. USD, was 4,2 % der Geldmenge in den USA, 2,1 % der weltweiten Goldvorräte und 0,8 % der weltweiten Geldmenge entspricht. Wir schätzen, dass dem Bitcoin-Mining 11 % des Wachstums der weltweiten Geldmenge zuzuschreiben ist.

Interessant ist unter anderem auch, dass – wenngleich Kryptowährungen eine Absicherung gegen Seigniorage, d. h. die Möglichkeit der Regierungen, ihre Währungen abzuwerten, sein sollen – die Währungshüter auf diese Macht nicht verzichten wollen und sicherlich alles dafür tun werden, um diesen Tendenzen entgegen zu wirken.

Eine Anlageform auf Achterbahnfahrt 

Wenn Kryptowährungen keine echten Währungen sind, was sind sie dann? Eine Zeitlang erschienen sie aufgrund ihrer schwindelerregenden Bewertungen (im traditionellen Sinne einer Währung) wie eine spektakuläre Anlageform. Bitcoin startete 2017 bei 985 USD. Im August hatte sich der Wert bereits vervierfacht und kletterte dann Anfang Dezember erneut um das Vierfache auf über 19.000 USD. Aber wie gewonnen, so zerronnen. Die Preise liegen nach den ständigen negativen Meldungen wieder unter 10.000 USD. Da Bitcoin von nichts anderem lebt als der Begeisterung der Anleger, gibt es keinen Grund, warum die Bewertungen nicht weiter auf den Wert fallen sollten, den sie Anfang letzten Jahres hatten. Als Anlageform haben Kryptowährungen gezeigt, dass sich mit ihnen spektakuläre Renditen erzielen lassen – aber auch spektakuläre Verluste.

Bitcoin als Anlage ist nur für Personen mit hoher Risikotoleranz geeignet. Die annualisierte Volatilität liegt bei 90 % – das bringt vielleicht den Puls zum Rasen, ist an sich aber nichts Ungewöhnliches. Denken wir nur daran, dass Gold in den Jahren 1979/80, die durch einen starken Anstieg der Inflation geprägt waren, eine annualisierte Volatilität von 70 % hatte. 

Kryptowährungen werden nicht umsonst häufig mit Gold verglichen – die US Commodity Futures Trading Commission hat Bitcoin-Futures als Ware eingestuft. So wie Gold generiert Bitcoin keine Rendite und der Preis richtet sich nach der Wahrnehmung der Anleger. Aber digitale Währungen schreiben eine andere Geschichte als Gold. Wie lange sie sich des Vertrauens der Anleger sicher sein können, steht in den Sternen. Hinzu kommt, dass Bitcoin keine physische Form hat. Die digitalen Börsen, an denen die Kryptowährung gehandelt wird, wurden in der Vergangenheit bereits gehackt. Digitale Geldbörsen wurden geplündert. Und Computerabstürze und -ausfälle haben Bitcoin-Vermögen einfach ausgelöscht.

Anleger sollten sich vor allem Sorgen wegen des jüngsten Begeisterungswahns für Kryptowährungen machen – ein wichtiges Signal, dass wir es mit einer Blase zu tun haben, schauen wir uns nur den Verlauf des Bitcoin-Preises an. Könnte der Preis weiter steigen? Ganz sicher. Wenn es sich um eine Blase handelt, dann ist die engste Parallele zu Bitcoin sicherlich das Tulpenfieber in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden.

Bitcoin scheint besonders attraktiv für Anleger zu sein, die sich nicht mehr an die Dotcom-Blase erinnern, nämlich die Millennials. Eine aktuelle Umfrage hat ergeben, dass zwei Prozent der Amerikaner Bitcoins besitzen und dieser Anteil bei den zwischen Anfang der 1980er und Anfang der 1990er geborenen Personen doppelt so hoch ist.

Sind Kryptowährungen zukunftsfähig?

Wenn Bitcoin als Währung und als Anlageform sehr fragwürdig ist, warum sollte man der Kryptowährung überhaupt Aufmerksamkeit schenken?

Zunächst einmal, weil damit die Entwicklung einer Basistechnologie vorangetrieben wird: Distributed-Ledger-Systeme wie Blockchain. Distributed-Ledger sind im Wesentlichen ein Mittel, mit dem sichergestellt wird, dass keine Behörde die Kontrolle über Transaktionsdaten hat. Es handelt sich um eine Datenbank, die von allen Akteuren im Netzwerk genutzt und laufend aktualisiert wird. Lange Zeit waren Bitcoin und Blockchain in den Köpfen der Menschen untrennbar miteinander verbunden. Während aber Bitcoin auf Blockchain angewiesen ist, um Transaktionen zu verifizieren, kann Blockchain auf eine beliebige Anzahl an Rechnungseinheiten angewendet werden.

Die jüngsten massiven Investitionen in Rechenleistung durch Bitcoin-Miner und in die Entwicklung anderer Kryptowährungen sind vergleichbar mit den enormen Ausgaben für die Telekommunikationsinfrastruktur während des Tech-Booms Ende der 1990er Jahre. Viele Unternehmen, die damals involviert waren, gingen pleite, als die Tech-Blase 2001 platzte. Die Infrastruktur aber blieb und bildete das Fundament für die Internetrevolution der letzten beiden Jahrzehnte.

Bitcoin könnte sich in analoger Weise als Baustein für die nächste Generation von Finanztechnologie erweisen, nicht zuletzt im Bereich Distributed-Ledger. Es gibt Anleger, die Bitcoin als Aktienanlage in Blockchain betrachten – der Besitz von Bitcoin wäre dann vergleichbar mit einer Beteiligung an einem Blockchain-Unternehmen.

Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass Kryptowährungen ganz von der Bildfläche verschwinden. In einer Welt, in der massiv geldpolitisch experimentiert wird, ist ein schwerwiegender Fehler seitens der Notenbanken nicht auszuschließen. Selbst die Reservewährungen sind potenziell durch Hyperinflation gefährdet, eine Währungskrise, die das bestehende System mit fatalen Folgen unterwandern könnte.

Das mag weit hergeholt sein, aber Währungssysteme haben nun einmal eine begrenzte Lebensdauer. Das aktuelle System, das nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems eingeführt wurde, gibt es erst seit rund 40 Jahren. Bevor das bestehende System abgeschafft werden könnte, müsste zunächst ein Ersatz gefunden werden, wie beispielsweise Kryptowährungen. Das ist auch der Grund, warum ihr Entstehen der erste Pinselstrich eines Systemwandels sein könnte.

Die massenhafte Verbreitung von Kryptowährungen würde die Notenbanken ihres Monopols zur Ausgabe von Banknoten und somit der geldpolitischen Steuerung berauben. Eine auf Bitcoin gestützte Wirtschaft wäre sehr viel volatiler. Kein Wunder also, dass die Notenbanken darüber grübeln, wie sie ihre eigenen digitalen Währungen erfinden können.

Egal, was in naher Zukunft mit Bitcoin passieren wird, irgendeine Form von Kryptowährung wird bleiben."

Pictet Asset Management Strategy Unit

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