Pictet AM Jahresausblick: Die Investmentlandschaft 2023

Erreichen die Leitzinsen ihren Höchststand, dürfte dies das verhaltene Wachstum und die nach wie vor hohe Inflation im Jahr 2023 kompensieren – sehr zum Vorteil von Qualitätsanleihen und Schwellenländern. Pictet Asset Management | 10.12.2022 08:28 Uhr
© Foto von Skitterphoto auf pexels.com
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Insgesamt: Vorsicht vor zu viel Optimismus

2023 wird ein Jahr sein, in dem sich das Investmentumfeld langsam wieder normalisiert. Die Inflation wird sinken – wenn auch nicht ganz so schnell wie vom Markt erwartet. Die Volkswirtschaften werden große Probleme haben, Wachstum zu erzielen, aber immerhin werden sie es sicherlich schaffen, einen heftigen Abschwung abzuwenden.

Aktien dürften auf der Stelle treten, während Qualitätsanleihen von den Fundamentaldaten profitieren werden. Auf Schwellenländeranlagen, vor allem Lokalwährungsanleihen, dürften vor dem Hintergrund der Abwertung des US-Dollars und der Erholung der chinesischen Wirtschaft rosige Zeiten zukommen.

Die globale Konjunkturabkühlung – eine Reihe von Indikatoren deutet darauf hin, dass sich einige führende Volkswirtschaften bereits in einer Rezession befinden könnten – ist eine der größten Herausforderungen für die gesamte Menschheit. Um dem Anstieg der Inflation in diesem Jahr entgegen zu wirken, haben die Zentralbanken auf die Bremse getreten und das schlägt sich jetzt in den nationalen Volkswirtschaften nieder. Infolgedessen dürfte das globale annualisierte vierteljährliche reale BIP-Wachstum mindestens bis in die letzten drei Monate des Jahres 2023 hinein unter dem Potenzial liegen (siehe Abb. 1).

Die Abkühlung dürfte jetzt doch nicht ganz so schmerzhaft sein wie bei früheren Rezessionen. Die finanzielle Lage von Unternehmen und Haushalten ist gut – während der Covid-Krise wurden massive Ersparnisse aufgebaut, insbesondere in den USA. Dadurch konnte ein Teil der Auswirkungen der Inflation abgefedert werden, gleichzeitig haben die Banken weiterhin Kredite vergeben. Das nominale Wachstum, das für die Resilienz der Volkswirtschaften von entscheidender Bedeutung ist, liegt bei rund 10%, hauptsächlich aufgrund der sehr hohen Inflation. Anders als während der globalen Finanzkrise von 2008 gibt es diesmal also in keinem dieser Wirtschaftssegmente Anzeichen für eine drohende Schuldenkrise. 

Eine inflationäre Hürde

Die Inflation wird eine Hürde bleiben, aber nicht der Haupttreiber für den Markt im kommenden Jahr sein (vgl. Abb. 2). Auch wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Inflation in den meisten großen Volkswirtschaften bereits ihren Höhepunkt erreicht hat, sind wir der Meinung, dass die Investoren zu optimistisch sind, die mit einem schnellen Rückgang der Inflation rechnen. Der Arbeitsmarkt, vor allem in den USA, ist nach wie vor stark und stützt die Löhne. Und Bestandteile wie Mieten, die einen beträchtlichen Teil des Konsumkorbs ausmachen, reagieren nur langsam und brauchen länger, um sich zu normalisieren.

Wir gehen auch davon aus, dass die Zentralbanken vorsichtig sein werden, bevor sie in einen neuen Lockerungszyklus eintreten – sicherlich werden sie ihre Kehrtwende nicht so schnell vollziehen wie vom Markt erwartet. Das liegt zum Teil daran, dass sich die Währungshüter der Risiken bewusst sind, die mit einer Zinssenkung vor einer vollständigen Eindämmung der Inflation verbunden sind. Damit würden sie nämlich einen weiteren, noch weniger kontrollierbaren Anstieg der Inflation riskieren, der ihre Glaubwürdigkeit beschädigen und noch drastischere Maßnahmen zur Wiederherstellung der Preisstabilität erfordern würde. Wir gehen nicht davon aus, dass die Geldpolitik vor 2024 gelockert wird.

Die Marschrichtung ist entscheidend

Das wichtigste Signal für die Märkte ist jedoch, dass die Leitzinsen nicht weiter steigen. Das Ende der geldpolitischen Straffung wird für Erleichterung sorgen und Qualitätsanleihen einen Schub geben. Das gilt für Staatsanleihen wie auch für Investment-Grade-Unternehmensanleihen. Als erstes dürften Anleihen mit kürzerer Laufzeit profitieren – die Gewinne von Anleihen, die auf der Renditekurve weiter hinten liegen, dürften angesichts der erwarteten wirtschaftlichen Erholung bescheidener ausfallen. Investoren sollten bei höherverzinslichen Anleihen vorsichtig sein, da durch den wirtschaftlichen Abschwung die Ausfallraten nach oben gehen.

Sobald die Zinssätze ihren Höhepunkt erreicht haben, dürften Aktien von verbesserten Bewertungskennzahlen profitieren und damit die schwächeren Gewinne kompensieren. Damit ist allerdings eher in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen.

Da die USA in ihrem Straffungszyklus weiter sind als andere große Zentralbanken, dürfte ein Erreichen des Höchststandes der US-Zinsen den US-Dollar unter Druck setzen. Der US-Dollar ist bereits stark überbewertet und seine langfristigen Fundamentaldaten sehen schlecht aus – der langfristige Wert einer Währung richtet sich nach der Haushaltsdisziplin und dem Produktivitätswachstum und die USA schneiden in beiden Fällen nicht gut ab.

Das entscheidende Signal für die meisten Märkte ist jedoch, dass die Leitzinsen nicht weiter steigen. 

Ein nachlassender US-Dollar wird Schwellenländeranlagen zugute kommen, vor allem Schwellenländeranleihen in Lokalwährung, die für uns nicht nur im kommenden Jahr, sondern auch darüber hinaus ein Lichtblick in der Investmentlandschaft sind. Weitere Unterstützung dürften Schwellenländeranleihen und -aktien von der wirtschaftlichen Erholung in China erfahren. Nach unserer Einschätzung wird die Regierung auf die jüngsten Proteste gegen ihre drastische Null-Covid-Politik reagieren und Beschränkungen lockern müssen. Gleichzeitig wird der so wichtige, aber angeschlagene Immobiliensektor des Landes von öffentlicher Seite unterstützt. Insgesamt gehen wir davon aus, dass diese Effekte das Wachstum von rund 5% im kommenden Jahr stützen werden. Ein gesünderes Wachstum in China wird auch anderen asiatischen Schwellenländern zugute kommen. 

Insgesamt wird 2023 für Investoren ein Jahr der Vorsicht sein. Doch nach einem miserablen Jahr 2022, in dem praktisch alle Anlageklassen (mit der bemerkenswerten Ausnahme des Energiesektors) in Mitleidenschaft gezogen wurden, gibt es auch gute Gründe für vorsichtigen Optimismus.

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