Der Sweetspot beim europäischen Direct Lending

Beim europäischen Direct Lending sind wir der Meinung, dass klein fein ist. Aber warum? Pictet Asset Management | 21.04.2023 07:55 Uhr
© Foto von Mauro Gigli auf Unsplash
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Eine Nischenchance

Kleinunternehmen sind die Lebensader der europäischen Wirtschaft. In der Region sind rund 23 Millionen kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) ansässig, die Arbeitgeber für knapp zwei Drittel der Beschäftigten sind und einen jährlichen Beitrag von 3,4 Bio. Euro zur Wirtschaftsleistung erbringen.1 Für diejenigen, die imstande sind, in alternative Anlagen zu investieren, bietet die Dynamik solcher Unternehmen eine potenziell attraktive Anlagechance. Das war in der Vergangenheit insbesondere bei Private Equity der Fall, und jetzt, in einer Zeit höherer Zinssätze, höherer Inflation und niedrigen bis negativen Gewinnwachstums dürfte die Stunde der Anleihen schlagen.

Für Private-Debt-Investoren, also Direct Lending, sind kleinere und mittelgroße Unternehmen interessanterweise nicht Teil des Anlageuniversums. Aufgrund von Skaleneffekten und Gebührenvorteilen leihen die meisten Private-Debt-Fonds ihr Geld lieber größeren Unternehmen – dort, wo der Transaktionsumfang größer ist, dafür aber auch der Wettbewerb deutlich aggressiver. Wir glauben, dass den Investoren dadurch viele Chancen entgehen, weil sie die kommerzielle Agilität der europäischen KMU nicht sehen.

Was viele Investoren von solchen Transaktionen abhält, ist, dass die direkte Kreditvergabe an kleinere Unternehmen ein hohes Risiko und ein komplexes Vorhaben darstellt, das eine stärkere Due-Diligence erfordert. Das stimmt natürlich in gewisser Hinsicht, aber diese Risiken werden mehr als entschädigt, und viele dieser Risiken können gesteuert werden. Viele kleinere Unternehmen bewirken in den Nischen, in denen sie tätig sind, echte Umwälzungen und bieten erhebliches Entwicklungs- und Wachstumspotenzial, das über dasjenige ihrer etablierteren, börsennotierten Pendants hinausgeht. Unser Ansatz besteht darin, in Unternehmen zu investieren, die eine entscheidende Phase ihrer Entwicklung erreicht haben und über das verfügen, was wir als individuelles Wachstumskapital bezeichnen, nämlich die finanziellen Mittel, um den nächsten Meilenstein in ihrem Lebenszyklus zu erreichen.

Unabhängig von der Größe der betreffenden Transaktion erfordert jede potenzielle Investition jedoch eine sorgfältige Due-Diligence. Erschwerend kommt hinzu, dass kleinere Unternehmen häufig weniger etablierte Reportingprozesse und Informationssysteme haben, sodass hier erst einmal viel Geld und Arbeit investiert werden müssen.

Aber genau hier liegt die Chance. Einem Investor mit der Kompetenz und Fähigkeit, kleinere Unternehmen mit der notwendigen Due-Diligence genau zu beurteilen, bieten sich Anlagechancen, die die meisten anderen aufgrund des Arbeitsaufwands links liegen lassen. Genau das sind die Investitionen, die wir mit unserer Private Debt Strategie anstreben.

Attraktives Rendite-/Risiko-Profil

Nach alt hergebrachter Meinung ist mit der Kreditvergabe an kleinere Unternehmen mehr Risiko verbunden. Da die europäische Unternehmenslandschaft jedoch sehr vielfältig ist und die verfügbaren Kreditoptionen breit gefächert sind, können diese Risiken durch individuelle Kapitalstrukturen, robuste Kreditvereinbarungen und präzise Kreditauswahl abgemildert werden.

Mit einer effektiven Due-Diligence sind Debt Manager in der Lage, Unternehmen aufzuspüren, die ein deutlich stärkeres Kreditprofil und ein geringeres Risiko als das durchschnittliche Kleinunternehmen aufweisen. Eine solche Analyse ist entscheidend, da viele dieser Unternehmen nicht von Ratingagenturen bewertet werden. Daher liegt die gesamte Analysearbeit in der Verantwortung des Investors. Nach unserem Dafürhalten sind die wichtigsten Faktoren für die langfristige Attraktivität einer Investition in ein Unternehmen die zugrunde liegenden Bonitätsfundamentaldaten und die Art des Marktes, in dem es tätig ist. Sichtbare, wiederkehrende Umsätze sind ebenso wichtig wie hohe Gewinnmargen und eine flexible Betriebskostenbasis. Daher bevorzugen wir Unternehmen mit wenig langfristigem Anlagevermögen („asset-light“), dafür aber mit hohen Cashflows und Cash Conversion Rates.

Physische Vermögenswerte, wie Kräne oder Werkseinrichtungen – werden häufig als Kapitalschutz für die Kreditgeber angesehen, da angenommen wird, dass sie in schwierigen Zeiten verkauft werden können. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass dies nicht immer der Fall ist. Unter bestimmten wirtschaftlichen Umständen kann es sein, dass diese generell entbehrlich sind und es daher nur wenige Käufer gibt, wenn überhaupt. Darüber hinaus müssen physische Vermögenswerte gewartet werden, um den Wert und die Funktionalität zu erhalten, was für das Unternehmen eine finanzielle Belastung darstellt. Daher können sich diese Vermögenswerte als hinderlich und keineswegs förderlich für die Entwicklung entpuppen.

Um das Risiko zu reduzieren und die Renditen zu maximieren, begrenzen wir das Universum der in Frage kommenden Investments auf Unternehmen mit starken Bonitätsfundamentaldaten. Darüber hinaus gibt es nach unserer Ansicht drei weitere Möglichkeiten zur Risikominderung: Sorgfältige Auswahl der Industriezweige, regionale Diversifizierung und defensive Gestaltung der Transaktionen.

In einem Umfeld, das von potenzieller wirtschaftlicher und finanzieller Instabilität geprägt ist, konzentrieren wir uns auf defensive Sektoren. In den von uns bevorzugten Sektoren – Gesundheit, Bildung, Business Services sowie Technologie und Software – sind Unternehmen zuhause, die von Natur aus sehr liquide sind und ein niedriges Beta haben. Diese defensiven Attribute versetzen sie in eine stärkere Position, auch in unsicheren Zeiten Gewinne zu erzielen.

Diversifikation ist eine weitere Möglichkeit, mit der beim Direct Lending Risiken gesteuert werden können. Durch die Streuung von Investments über verschiedene Länder können Investoren das Portfolio diversifizieren. Diese Möglichkeit hat aber nicht jeder. Sie ist nur für größere Wertpapierfirmen mit einer weitreichenden Infrastruktur rentabel. Private Debt ist eine sehr „praxisnahe“ Anlageklasse: Um attraktive Geschäfte abzuschließen, müssen Portfoliomanager lokal präsent und vernetzt sein und ein genaues Verständnis der kulturellen und legislativen Nuancen der einzelnen Regionen haben. Unser Schwerpunkt liegt auf Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Benelux, die zusammen rund 80 Prozent aller Private-Debt-Transaktionen in Europa ausmachen. 2 Diese Regionen weisen eine tiefgehende Produktdurchdringung und eine solide Gläubigerstruktur auf, sodass der Wert auch bei ungünstigen Entwicklungen geschützt ist.

Dennoch bleibt bei allen Investments ein gewisses Restrisiko. Steigende Betriebskosten, darunter die Lohninflation, wurden nach unserer Einschätzung noch nicht vollständig an das System weitergereicht. Ein geringeres reales verfügbares Einkommen bei den privaten Haushalten wird den Umsatz vieler Unternehmen unter Druck setzen. Hinzu kommen steigende Finanzierungskosten, die die Cashflows auffressen. Wir rechnen mit höheren Ausfallraten bei Legacy-Transaktionen, insbesondere bei jenen aus den Jahren 2021 und 2022. Hier bietet sich eine echte Chance für Newcomer, die von Investitionen in solide Unternehmen mit unvollkommenen Bilanzen profitieren. In ihrer Fähigkeit, diese Chancen aufzuspüren, geschickt auszuwählen und zu strukturieren, werden sich die Gewinner von den Verlierern unterscheiden.

Sichere Ausgestaltung

Bei der Gestaltung der Transaktionen favorisieren wir defensive Kreditstrukturen mit eingebettetem Schutz. In einer Zeit steigender Zinssätze steht der Grenznutzen der Suche nach zusätzlicher Rendite in keinem Verhältnis zum zusätzlichen Risiko.

Der Anlegerschutz kann durch vertragliche Beschränkungen und Covenants (Kreditsicherungsklauseln) für den Kreditnehmer – mit Einschränkungen hinsichtlich Zinsdeckung, maximaler Verschuldung und/oder Fixkostendeckungsgrad – realisiert werden. Diese Aspekte werden in der Regel einmal im Quartal getestet. Im Falle einer tatsächlichen oder drohenden Vertragsverletzung können sich die Kreditgeber direkter in das Unternehmen einbringen, um ihre Investitionen zu schützen. Darüber hinaus erleichtert der nicht ganz so intensive Wettbewerb unter den Kreditgebern am europäischen Markt für den unteren Mittelstand die Aufnahme solcher starker Schutzmaßnahmen in alle unsere Kredittransaktionen.

Sollte der Fall der Fälle eintreten, haben wir dank unserer Investments in vorrangige besicherte Kredite aufgrund des Vorrangs zahlreiche Möglichkeiten, unsere Anlage zu schützen. Im Extremfall können wir als Aktionäre einschreiten und das Leitungsorgan dazu bringen, unsere Interessen zu schützen.

Angesichts solcher Schutzmaßnahmen verwundert es nicht, dass Direct-Lending-Investments durchweg geringere Ausfallraten und höhere Erlösquoten im Vergleich zu Syndicated Leveraged Loans oder börsennotierten Hochzinsanleihen aufweisen (siehe Abb. 1). Denn Private-Debt-Investoren können selektiver vorgehen und tiefergehende Due-Diligence-Prüfungen durchführen. Sie profitieren auch von stärkeren Covenants und der Möglichkeit, eine stärkere Kontrolle auszuüben.

Direct Lending weist eine lange Erfolgsbilanz von im Verhältnis zu anderen festverzinslichen Anlageklassen höheren Renditen und geringerer Volatilität auf (siehe Abb. 2).

Vor allem halten wir bei Private Debt das Risiko-/Rendite-Profil für besser als bei Hochzinsanleihen. Sorgfältige Kreditauswahl, Maintenance Covenants, niedrigere Loan-to-Value (LTV) Ratios und Leverage sowie Steuerung der Kapitalstruktur – all diese Faktoren bieten einzeln und zusammen deutlich mehr Schutz vor Verlusten. Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ist es zwingend erforderlich, die Rendite im Verhältnis zum Risiko (Leverage oder LTV) richtig einzuschätzen. Umsatzdruck in Verbindung mit einer sich aufblähenden Kostenbasis belasten die Gewinne und den Cashflow. Bei vielen High-Yield-Anlagen hat dies zu einer Weitung der Spreads geführt.

Private-Debt-Investoren sind in einer stärkeren Position, Unternehmen auszuwählen, deren starke Fundamentaldaten Schutz vor makroökonomischen Risiken bieten und so zum Werterhalt beitragen.

Auch wenn börsennotierte Anleihen als liquider wahrgenommen werden, bedeutet das nicht unbedingt, dass die Märkte immer groß genug sind, um die Anlagen zu einem vernünftigen Preis zu veräußern. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Wirtschaft ungünstig entwickelt, wie wir zum Beispiel während der globalen Finanzkrise gesehen haben. Darüber hinaus hat jede Transaktion einen Käufer und jeder Käufer wird einen Abschlag einbetten, um Renditepotenzial für seine Anlage zu erschließen – man muss sich also fragen, ob bei einem Verkauf eines Vermögenswertes überhaupt noch etwas an Wert bleibt.

Ein weiteres Plus, insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt im Konjunkturzyklus, ist, dass Direct-Lending-Investments gewissen Inflationsschutz bieten können, weil es sich um ein variabel verzinsliches Instrument mit niedrigem Durationsrisiko handelt, im im Gegensatz zu börsennotierten Anleihen mit festem Kupon.

Ein wachsender Markt

Die Bandbreite an Investitionsmöglichkeiten im europäischen Private-Debt-Bereich wird immer größer, da kleinere Unternehmen in der Region zunehmend von dieser Form der Finanzierung angetan sind.

Solche Unternehmen befinden sich in der Regel im Besitz von Familien oder Einzelunternehmern und haben sich in der Vergangenheit entweder durch Bankkredite oder Private Equity finanziert. Ersteres ist relativ günstig, aber es gibt kaum oder gar keine Flexibilität. Auch fehlt es an Unterstützung, um das Unternehmenswachstum zu fördern. Private Equity bietet im Vergleich dazu potenziell viel Wert, aber auf Kosten der Unabhängigkeit und Freiheit. Private Debt ist sozusagen der goldene Mittelweg – eine Finanzierungsmöglichkeit, die eine neue Generation von Firmeninhabern gerade für sich entdeckt.

Direct-Lending-Fonds können strategische und operative Orientierung geben (wie in unserem Fall zu ESG-Belangen), aber sie führen keine Unternehmen und geben auch nicht vor, wie die Geschäftstätigkeit aussehen soll. Sie bieten auch die erforderliche Flexibilität und Unterstützung, um aus kleineren Unternehmen Branchenführer zu machen. Das Engagement der Investoren kann ein gewisses „operatives Alpha“ bringen – was die Renditen weiter steigert, weil das Unternehmen, in das investiert wird, auf Wachstumskurs gebracht wird.

Nischenchancen sind auf einem Finanzmarkt, auf dem Informationen eine regelrechte Ware sind, schwer zu finden. Dennoch ist Direct Lending an europäische Unternehmen des unteren Mittelstands eine attraktive Sache mit einem sehr überzeugenden Risiko-/Rendite-Profil, insbesondere unter den aktuellen Marktbedingungen. Unterstützt durch Portfoliomanager mit dem nötigen Wissen, der richtigen Expertise und lokaler Präsenz haben Investoren Zugang zu einer Anlageklasse mit geringem Risiko und starken Renditen in einem unsicheren Makroumfeld. Wir sind der Meinung, dass Anleihen, und insbesondere nicht börsennotierten, jetzt ihre große Stunde schlägt.

Unser Ansatz

  • Fokus auf Nischen: Kleine, ausgereifte Unternehmen (EBITDA von 5–15 Mio. Euro) und kleine Transaktionen in ganz Europa.
  • Lokale Expertise: Lokales Investmentteam mit weitreichenden Netzwerken und Strukturierungsexpertise, das auf sämtliche Ressourcen von Pictet und unsere jahrzehntelange Erfahrung mit Anleihen und alternativen Investments zurückgreifen kann.
  • Kontrolliertes Risiko: Diversifikation über Länder und Sektoren, mit Schwerpunkt auf Branchen mit niedrigem Beta und hohem Cashflow und Transaktionen, die auf maximalen Schutz vor Verlusten ausgelegt sind.

[1] Eurostat 

[2] Auf der Grundlage von Daten für den Zeitraum 2011–2021. Quellen: Deloitte Alternative Lender Deal Tracker Spring 2022; Pictet Asset Management, 31.12.2022.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
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