Anleiheinvestoren hatten 2023 die meiste Zeit mit heftigen Marktschwankungen zu kämpfen, da die Zentralbanken die Zinssätze aggressiv anhoben.
Im nächsten Jahr dürfte sich die Lage etwas entspannen. Unseren Prognosen zufolge dürften Anleihen im Jahr 2024 dank höherer Kuponerträge, eines schwächeren nominalen BIP-Wachstums und des allmählichen Umschwenkens der Zentralbanken auf eine etwas lockerere Geldpolitik überdurchschnittliche Gewinne erzielen.
Unsere Prognosen berücksichtigen mehrere wirtschaftliche und technische Faktoren. Die wichtigsten Inputs sind unsere Prognosen für BIP-Wachstum, Inflation und Leitzins.
Nach unseren Prognosen gehen wir davon aus, dass die Weltwirtschaft im nächsten Jahr um 2,3% wachsen wird, was unter ihrem langfristigen Potenzial liegt (2023: 2,5%).
Der Großteil dieser Abkühlung wird auf die Schwäche in den großen Industrieländern, insbesondere in den USA und China, zurückzuführen sein. Die Schwellenländer werden insgesamt ein stärkeres Wachstum verzeichnen.
Wenn das Wachstum zurückgeht, zieht die Inflation nach.
Wir rechnen damit, dass die Inflation im Jahr 2024 global auf 4,6% sinken wird, in diesem Jahr lag sie bei 5,5%. Wir gehen auch davon aus, dass die Inflation in den Industrieländern zurückgehen wird, von 4,7% in diesem Jahr auf 3,0%. Das gibt der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank die Möglichkeit, Mitte 2024 mit der Senkung der Zinssätze zu beginnen, wenn auch in geringerem Maße als vom Markt derzeit erwartet.
Im Vereinigten Königreich dürfte sich die Inflation mehr als halbieren, von 7,4% in diesem Jahr auf 2,5%. Das könnte bedeuten, dass die Bank of England als erste große Zentralbank im nächsten Jahr die Zinsen senken kann. Wir gehen davon aus, dass der britische Leitzins 2024 um 75 Basispunkte gesenkt wird.
In den Schwellenländern wird der Preisdruck vermutlich weiter zunehmen; in China wird die Inflation von 0,4% im Jahr 2023 auf 2% steigen.
Anleihen erleben eine Renaissance
Prognostizierte Rendite für 2024, in %, nach Anleiheklassen, in Lokalwährung (sofern nicht anders angegeben)
Nach der Berechnung unserer Wirtschafts- und Zinsprognosen nehmen wir einen Abschlag vor, der auf einer Fundamentalanalyse der einzelnen Anleiheklassen beruht.1 Anschließend berücksichtigen wir Schätzungen für die jährliche Rollrendite, das heißt die Rendite aus der Anpassung einer Futures-Position von einem Futures-Kontrakt auf einen längerfristigen Kontrakt.
Bei Staats- und Unternehmensanleihen der Schwellenländer basieren die Renditeprognosen auf Fair-Value-Modellen der entsprechenden Spreads und erwarteten Erlösquoten, die je nach Index im Bereich von 40–50 Prozent liegen.2
Wir führen diese Berechnungen für alle großen Anleiheklassen durch.
Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, dürften britische und US-Benchmark-Staatsanleihen besser abschneiden als andere Industrieländer-Staatsanleihen. Schwellenländeranleihen in Lokalwährung dürften mit einer erwarteten Rendite von mehr als 12% in US-Dollar der große Gewinner sein. Darin berücksichtigt ist unsere Prognose, dass der US-Dollar im Jahr 2024 gegenüber einem Währungskorb um mehr als 4% abwerten wird.3
Auf US-Dollar lautende Schwellenländeranleihen dürften sich ebenfalls besser entwickeln. Aktuell liegt ihre Rendite bei 9% – das ist die höchste auf dem Markt für Staatsanleihen und sie liegt rund 200 Basispunkte über dem Zehnjahresdurchschnitt.
Japan ist der einzige Markt, der unseren Prognosen zufolge Kapitalverluste erleiden wird; die Renditen für Schweizer Staatsanleihen werden mit knapp über 1% eher mager ausfallen. Sowohl japanische als auch Schweizer Staatsanleihen sind Märkte mit niedrigen Renditen, bei denen die Aussichten für die annualisierte Rendite nach Inflation, also die Realrenditen, negativ sind.
Von Arun Sai, Senior Multi Asset Strategist bei Pictet Asset Management
[1] Verhältnis Anleiherenditen zu nominalem BIP-Wachstum: 0,9 für die USA und das Vereinigte Königreich, 0,8 für die Eurozone
[2] Für Hochzinsanleihen aus Industrieländern und Schwellenländeranleihen in Hartwährung wird eine Erlösquote von 40% und für Schwellenländeranleihen in Lokalwährung von 50% angenommen.
[3] Unser Währungsmodell basiert auf der Kaufkraftparität und berücksichtigt die relative Produktivität eines Landes und sein Netto-Auslandsvermögen, das heißt die Differenz zwischen der Höhe des Auslandsvermögens eines Landes und der Höhe des von Ausländern gehaltenen Inlandsvermögens.