Schwellenländer: Durch die Hintertür zu KI-Investitionen

Die US-Technologieunternehmen Nvidia und Microsoft sind unbestritten die KI-Darlinge in der Anlegergemeinde. Investoren, die von Fortschritten im Bereich des maschinellen Lernens profitieren wollen, sollten sich aber auch in den Schwellenländern umschauen. Pictet Asset Management | 16.04.2024 07:53 Uhr
© Foto von Thomas Tucker auf Unsplash
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In den 12 Monaten nach dem Launch von Chat-GPT haben sich die Investoren auf KI-Aktien gestürzt. Genauer gesagt auf die in den USA notierten.

Denn während Nvidia, das die Chips für das Trainieren der KI-Computer herstellt, in diesem Zeitraum um 250% zulegte und auch die US-Technologiegiganten Microsoft und Meta schwindelerregende Zuwächse verzeichneten, hatten Nicht-US-Unternehmen, die der Schlüssel für die Entwicklung des maschinellen Lernens sind, das Nachsehen. Zu diesen ignorierten Unternehmen gehört eine große Gruppe asiatischer Firmen, die für die KI-Lieferkette von entscheidender Bedeutung sind und  immer mehr eine verpasste Investmentchance darstellen.

Das heisst aber nicht, dass es falsch ist, US-Technologieunternehmen als Hauptprofiteure der jüngsten Fortschritte in der KI zu betrachten. Sie verfügen zweifellos über die Expertise, die Erfahrung und die Finanzkraft, um die neue Technologie zu einer großen wirtschaftlichen Success Story zu machen.

Die Krux an der Sache ist, dass die Investoren es sich schlichtweg nicht leisten können, sich mit den Bewertungen, die diese Unternehmen aktuell aufweisen, zufrieden zu geben. Immerhin ist in diesen Aktienkursen eine Menge zukünftiges Wachstum eingepreist. Mit der Konsequenz, dass jeder, der von der sich anbahnenden KI-Revolution profitieren möchte, sich bald außerhalb des immer teurer werdenden US-Technologiesektors umsehen muss.

Alternativen zu Nvidia, Meta und Co. gibt es viele. Die vielleicht vielversprechendste Quelle für Anlagerenditen sind KI-bezogene Unternehmen aus den asiatischen Schwellenländern. Dabei handelt es sich um die rund 40 börsennotierten Unternehmen aus Ländern wie Taiwan, Südkorea und China, die fast die gesamten KI-Chips und viele der KI-fähigen Produkte herstellen, die für das Wachstum der Technologie unerlässlich sind. Sie stellen sozusagen die Hacken und Schaufeln in diesem KI-Goldrausch bereit.

Die von uns identifizierten KI-Investmentchancen lassen sich in drei Kategorien einteilen.

Zunächst einmal sind da die Unternehmen, die Teil der Lieferkette für Grafikprozessoren (GPUs) sind. Das sind die Unternehmen, die das Wachstum der speziellen KI-Chips von Nvidia fördern – und davon profitieren. Tatsächlich werden alle KI-Prozessoren von Nvidia von Unternehmen in Taiwan hergestellt, verpackt und in Server eingebaut. Für die Steigerung der Rechenleistung und der Speicherkapazität seiner KI-Chips setzt Nvidia unter anderem auf die hochkomplexe Technologie des Processor Packaging (Chip-on-Wafer-on-Substrate (CoWos)), die von Taiwans größtem Halbleiterkonzern TSMC entwickelt wurde.

Weitere Jagdgründe für KI-orientierte Investoren sind Unternehmen, die günstigere KI-Chips für die US-Konkurrenten von Nvidia herstellen, z.B. Microsoft und Amazon, das seinen eigenen Prozessor entwickelt hat. Die hohen Preise für die Prozessoren von Nvidia – und das begrenzte Angebot an solchen Produkten – eröffnen Chancen für konkurrierende Low-Cost-Hersteller.

Zu den vielversprechendsten Alternativen zu den GPUs von Nvidia gehören Application Specific Integrated Circuits (ASICs). Während für das High-End-Computing nach wie vor Grafikprozessoren erforderlich sind, können ASIC-gestützte Server in anderen Bereichen der KI-Entwicklung eingesetzt werden, z.B. beim Model Inferencing, dem Prozess, bei dem ein trainiertes KI-Modell aus der Analyse von Live-Daten Ergebnisse ableitet. ASICs bieten im Vergleich zu den KI-Servern von Nvidia eine Kostenersparnis von etwa 10–20%. Auch die Lieferzeiten sind kürzer. Zu den Unternehmen, die sich auf die Herstellung von ASIC-Chips spezialisiert haben, gehören die taiwanesischen Firmen Alchip und Wiwynn.

Die dritte Investmentchance sind asiatische Hersteller von KI-fähiger Hardware.

Die Markteinführung einer neuen Generation KI-gestützter Smartphones und PCs dürfte einen Geräteerneuerungszyklus in Gang setzen, von dem asiatische Hardwarefirmen überproportional profitieren könnten. Einige Analysten gehen davon aus, dass der Absatz von KI-fähigen Smartphones bis zum Jahr 2027 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 80% steigen wird (siehe Abb. 2).

Mit der Verbreitung der KI sind die Umsätze von Technologieunternehmen in den asiatischen Schwellenländern bereits deutlich gestiegen. So wird erwartet, dass sich der KI-bezogene Umsatz von TSMC mehr als verdoppeln und 2024 mehr als 10% des Gesamtumsatzes der Unternehmensgruppe ausmachen wird und der KI-ASIC-Umsatz des taiwanesischen Wettbewerbers Wiwynn von weniger als 10% des Gesamtumsatzes auf mehr als 30% im Jahr 2024 ansteigen wird.
Entscheidend für Investoren ist, dass diese Unternehmen zu weitaus niedrigeren Bewertungen gehandelt werden als die US-KI-Giganten. Nach unseren Berechnungen liegt das durchschnittliche KGV der Unternehmen, die die KI-Lieferkette in den Schwellenländern bilden, bei 19,2. Das entspricht einem beträchtlichen Abschlag gegenüber US-Halbleiteraktien, die mit einem zukunftsgerichteten KGV von rund 27 für die nächsten 12 Monate gehandelt werden.

Schwellenländer spielen Schlüsselrolle in der KI-Lieferkette

Auch ihre Ertrags- und Umsatzaussichten sind solide: Die mittlere Marktprognose liegt bei einem jährlichen Umsatz- und Gewinnwachstum von 14% bzw. 26%.

Fazit: Investoren haben mehrere Optionen, um vom Fortschritt in Sachen KI zu profitieren. Der US-Technologiesektor gehört eindeutig dazu, aber die beispiellose Rally von Aktien wie Nvidia lässt vermuten, dass sich die Investoren bald nach günstigeren Alternativen umsehen müssen.

Am vielversprechendsten sind Technologieunternehmen aus den asiatischen Schwellenländern.

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