Asset-Allocation: Es ist Vorsicht geboten
Von der Einführung einer neuen preiswerten KI-Technologie bis hin zu Donald Trumps Handelszöllen gegen China, Kanada und Mexiko – der Jahresauftakt war für die Finanzmärkte turbulent.
Die Fundamentaldaten sprechen nach wie vor für den Aktienmarkt: Die Unternehmensgewinne überraschen weiterhin positiv, die Liquiditätsbedingungen sind günstig und das globale Wirtschaftswachstum bleibt stabil.
Doch jedem noch so optimistischen Investor ist bewusst, dass die Zölle irgendwann ihren Tribut fordern und das Wirtschaftswachstum bremsen werden, dass die Aktienbewertungen stark überzogen sind (siehe Abb. 2) und dass die jüngsten Marktturbulenzen uns daran erinnern, dass keine Marktrally ewig andauert.
In Anbetracht all dieser Faktoren reduzieren wir das Risiko ein wenig, indem wir die Gewichtung globaler Aktien auf neutral herabstufen und Cash stärker gewichten.
Wir sind auch in Anleihen neutral gewichtet: Obwohl wir davon ausgehen, dass sich das nominale Wirtschaftswachstum weltweit verlangsamen wird, gibt es aus Bewertungsperspektive keinen klaren Grund für eine Übergewichtung.
Unsere Konjunkturindikatoren deuten auf ein moderates Wachstum der globalen Wirtschaft hin – vorerst. Wenn die von den USA angekündigten Zölle dauerhaft eingeführt werden, werden sie die makroökonomische Landschaft in diesem Jahr deutlich verändern. 44% der gesamten US-Importe werden davon betroffen sein, und der durchschnittliche Zollsatz auf US-Importe wird von 2% auf 10% steigen – auf das Niveau der Handelsschranken von 1948.
Wir schätzen, dass die angekündigten Zölle die Inflation in den USA um etwa 1 Prozentpunkt in die Höhe treiben und das US-BIP um etwa 0,8 Prozentpunkte verringern werden (ohne Berücksichtigung etwaiger Gegenmaßnahmen seitens der Handelspartner der USA). Dies wiederum wird zu einem Rückgang der Gewinne von US-Unternehmen um etwa 5% und zu einer Verringerung des KGV um 10% gegenüber unserem Basisszenario führen.
Wir halten es jedoch für sehr wahrscheinlich, dass Trump die Zölle nach einem politischen Sieg wieder zurücknimmt oder dass die US-Gerichte ihre Einführung aufschieben. Somit könnten US-Aktien zu einer letzten Rally-Runde ansetzen. Die Übergewichtung von US-Aktien halten wir für eine gute Sache, da die US-Wirtschaft in einer viel stärkeren Position ist, um die wachstumshemmenden Auswirkungen der Zölle zu verdauen. Darüber hinaus ist die derzeitige Ertragsdynamik der Unternehmen günstig, und die USA sind im Großen und Ganzen ein relativ defensiver Markt mit hoher Rentabilität.
Auch wenn die Zölle eine Herausforderung für die Schwellenländer darstellen, glauben wir, dass einige große, defensive Märkte mit Binnenorientierung wie Indien und Indonesien die jüngste Underperformance umkehren könnten.
Unsere Liquiditätsindikatoren sind für die riskanteren Anlageklassen weiter positiv.
Von den von uns beobachteten 30 wichtigsten Zentralbanken lockern 21 (70%) ihre Geldpolitik, sechs (20%) ändern sie nicht und nur drei (10%) straffen sie. Wir rechnen mit einem Schlussleitzins von 4,25% in den USA – was eine weitere Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed impliziert – und 1,75% in der Eurozone.
Die Bewertungskennzahlen zeigen, dass globale Aktien extrem teuer sind (siehe Abb. 2), während Anleihen nahe dem Marktwert liegen und Cash billig ist.
Vor allem asiatische Schwellenländeraktien erscheinen besonders attraktiv, während die USA der mit Abstand teuerste Aktienmarkt sind. US-Aktien werden mit einem KGV von 22 für die nächsten 12 Monate gehandelt (deutlich über dem langfristigen Durchschnitt von 16 oder unserer aktuellen langfristigen Fair-Value-Schätzung von 19). Unsere Analyse legt jedoch nahe, dass der Markt um weitere 15% zulegen könnte, bevor er sich als Blase entpuppt.
Die markttechnischen Indikatoren deuten darauf hin, dass sich Privatinvestoren wieder für US-Aktien erwärmen; dem steht jedoch eine vorsichtigere Haltung der institutionellen Investoren gegenüber. Die Haussepositionen in S&P 500 Futures sind nach wie vor recht hoch, auch wenn die Niveaus unter den historischen Höchstständen des letzten Jahres liegen; das spricht dafür, dass wir uns noch nicht im Bereich einer Blase befinden. Die technischen Signale für Aktien auf globaler Ebene sind nicht mehr ganz so günstig wie vor einem Monat, da die positiven saisonalen Effekte nachlassen.
Aktienregionen und -sektoren: USA und Schwellenländer erweisen sich als widerstandsfähig
Die globalen Aktienmärkte haben ihre Rally vom Jahresende fortgesetzt, da das robuste US-Wirtschaftswachstum, die starken Unternehmensgewinne und die Erwartungen an eine wirtschaftsfreundlichere Politik der neuen US-Regierung die Investoren zum Kauf riskanterer Anlagen veranlasst haben.
Aber es ziehen erste Wolken auf.
Bestimmte Märkte erweisen sich als anfällig für protektionistische Maßnahmen seitens der USA. Da die Bewertungen überzogen sind, könnten Sorgen über das Wachstum und/oder fiskalpolitische Maßnahmen eine Korrektur auslösen. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass Trump aggressiver und protektionistischer vorgehen wird als ursprünglich angenommen – sein erster Vorstoß in Sachen Zölle hat die globalen Märkte bereits destabilisiert.
Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Aktien-KGVs bis zum Jahresende um 6% sinken werden und das Wachstum der Unternehmensgewinne um mehr als 4 Prozentpunkte unter der Konsensprognose liegen wird (siehe Abb. 3).
Einige Aktienmärkte werden sich jedoch als widerstandsfähig erweisen.
Nehmen wir US-Aktien, in denen wir weiterhin übergewichtet sind. US-Aktien haben mit einem KGV von 22 zwar ein historisch unattraktives Bewertungsniveau erreicht und sind im Vergleich zu Anleihen so teuer wie seit der Dotcom-Blase im Jahr 1999 nicht mehr,
doch verzeichnen die Unternehmen in der größten Volkswirtschaft der Welt eine starke Ertragsdynamik und starke Kapitalzuflüsse bei einem über dem Potenzial liegenden Wirtschaftswachstum.
Darüber hinaus wächst die US-Wirtschaft viel schneller als die aller anderen großen Industrieländer. Dies wiederum stützt die Gewinne der US-Unternehmen, die wahrscheinlich höher ausfallen werden als in anderen Industrieländern. Die zunehmende Verbreitung von KI-Technologien ist für US-Unternehmen ebenfalls positiv, da sie in diesem Bereich weltweit führend sind.
Hinzu kommen mögliche Steuersenkungen und Deregulierungsmaßnahmen der Trump-Regierung, die die Unternehmensgewinne ankurbeln dürften, auch wenn einiges davon durch die negativen Auswirkungen höherer Handelszölle und strengerer Einwanderungsvorschriften neutralisiert werden könnte.
Wir bleiben auch in Aktien von Schwellenländern außerhalb Chinas übergewichtet. Die Auswirkungen der drohenden US-Importzölle bereiten zwar Sorge, aber die Schwellenländer bleiben widerstandsfähig. Weitere Zinssenkungen der US-Notenbank und eine Lockerung der Geldpolitik in den Schwellenländern dürften die ohnehin robusten Fundamentaldaten der Entwicklungsländer unterstützen. Attraktive Bewertungen – vor allem von Aktien aus Lateinamerika, der günstigsten Region in unserer Scorecard – und die wahrscheinliche Erholung der Rohstoffpreise aufgrund einer Verbesserung der Aktivität im verarbeitenden Gewerbe dürften Schwellenländeraktien ebenfalls zugute kommen.
Da wir von defensiven Unternehmen mit hochwertigen wiederkehrenden Erträgen eine bessere Performance erwarten, sind wir von Schweizer Aktien sehr angetan, in denen wir weiterhin übergewichtet sind. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass Pharma und Basiskonsumgüter abliefern werden – beide Sektoren sind auf dem Schweizer Markt stark vertreten.
Gegenüber der Eurozone und dem Vereinigten Königreich nehmen wir eine neutrale Haltung ein; beide Volkswirtschaften dürften in diesem Jahr unter ihrem Potenzial wachsen. Gleiches gilt für die Aktienmärkte in China, wo sich das Wachstum zwar verbessert, aber immer noch durch eine Reihe von Risiken gefährdet ist, u.a. die schwache Nachfrage im Immobilien- und Bausektor sowie die Handelskonflikte zwischen den USA und China.
Bei den Sektoren sind wir weiterhin von Kommunikationsdienstleistern überzeugt, die sich angesichts des Ausverkaufs, der durch die Fortschritte des KI-Startups DeepSeek ausgelöst wurde, als widerstandsfähig erwiesen haben.
Das chinesische KI-Labor hat sein neuestes LLM veröffentlicht, das ähnlich leistungsstark wie der Konkurrent ChatGPT ist, allerdings nur ein Bruchteil davon kostet. DeepSeek hat zwar Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit von KI-Ausgaben aufkommen lassen, doch die Entwicklung ist ein Beleg für die zunehmende Wirtschaftlichkeit von KI. So sind z.B. die Inferenzkosten seit 2022 um mehr als das Zehnfache pro Jahr gesunken. Darüber hinaus dürfte der Durchbruch von DeepSeek den langfristigen Trend hin zu preiswerteren und kleineren, aber leistungsfähigeren KI-Modellen verstärken, was der Gesamtnachfrage einen Schub geben dürfte. Der Sektor der Kommunikationsdienstleistungen ermöglicht ein Engagement im Thema KI und ist gleichzeitig angemessen bewertet. Auch die Gewinnschätzungen sind hier von allen Aktiensektoren mit am höchsten.
Wir sind auch von Finanztiteln angetan, die unserer Meinung nach von einer steileren Renditekurve und der möglichen Bankenderegulierung unter der Trump-Regierung profitieren werden. Die Ertragsdynamik in dem Sektor ist sehr gut und die Bewertungen sind angemessen – der perfekte „Trump Trade“ und gleichzeitig eine relativ günstige Wette auf die Widerstandsfähigkeit der globalen Wirtschaft.
Wir sind auch von Versorgern überzeugt, einem Sektor, der defensive Eigenschaften und stabile Erträge zu einer attraktiven Bewertung bietet.
Anleihen und Währungen: US-Dollar ausbalanciert
Wenngleich wir gegenüber festverzinslichen Wertpapieren insgesamt eine neutrale Haltung einnehmen, sind wir gegenüber bestimmten Bereichen des Anleihemarktes weiterhin positiv eingestellt.
Anleiheinvestoren beobachten aufmerksam die Auswirkungen der ersten Durchführungsverordnungen, die zu Beginn von Donald Trumps zweiter Präsidentschaft erlassen wurden, sowie anderer versprochener, aber noch nicht umgesetzter Maßnahmen. Ein Problem ist, dass Trumps Bestreben, die Wirtschaft zu deregulieren, zwar potenziell inflationshemmend ist, andere Maßnahmen wie Zölle, eine einwanderungsfeindliche Politik und erwartete Steuersenkungen die Preise aber wahrscheinlich in die Höhe treiben werden. Die fiskalische Dimension wird auch durch Maßnahmen zur Kürzung von Ausgaben sowohl für Regierungsprogramme als auch für die Verwaltung beeinträchtigt.
Aufgrund der robusten Verfassung der US-Wirtschaft – sie wächst weiterhin über dem Trend – sind der Fed in puncto Zinssenkungen die Hände gebunden. Infolgedessen ist die Renditekurve von US-Staatsanleihen nach oben geneigt, was angesichts der derzeit relativ hohen Renditen ungewöhnlich ist. Dies bedeutet, dass der Markt davon ausgeht, dass das nominale BIP-Wachstum noch lange hoch bleiben wird. Sollte dies nicht der Fall sein, ist mit einer Rally der länger laufenden US-Treasuries zu rechnen. Da die Situation jedoch ausbalanciert ist, bleiben wir in US-Staatsanleihen neutral gewichtet.
Unsere Übergewichtung in Gold behalten wir bei. Obwohl sich das Edelmetall im vergangenen Jahr sehr gut entwickelt hat und offenbar überkauft ist, bleibt es eine gute Absicherung gegen Unwägbarkeiten, nicht zuletzt gegen die eine durch die US-Politik ausgelöste Marktvolatilität.
Globale Märkte
Die weltweiten Aktienmärkte schlossen den Januar mit respektablen Gewinnen ab und legten in Lokalwährung um etwa 3,3% zu. Hinter dieser Zahl verbirgt sich jedoch eine ausgeprägte Rotation zwischen Sektoren und Regionen.
Nachdem der IT-Sektor im Jahr 2024 um rund 32% zugelegt hatte, stürzte er im ersten Monat des neuen Jahres ins Minus, da die Investoren durch den Start von DeepSeek in China – einem preiswerten KI-Modell, das den Vorsprung der derzeitigen US-Technologieführer infrage stellen könnte – verunsichert waren. Die Aktien des Chipherstellers Nvidia fielen um bis zu 17% und büßten rund 600 Mio. US-Dollar an Marktwert ein – der größte Tagesverlust in der Geschichte des US-Aktienmarktes (siehe Abb. 5). Der IT-Sektor insgesamt beendete den Januar mit einem Minus von 1,1%, da die Nachricht über die Einführung von DeepSeek die überzogenen Bewertungen in den Fokus rückte und eine Welle von Gewinnmitnahmen auslöste.
Dies belastete die US-Märkte, an denen Technologieaktien besonders stark gewichtet sind. Stattdessen wandten sich die Investoren Europa zu, wo die Indizes ausgewogener sind.
Der IT-Sektor macht nur 8% des Stoxx Europe 600 aus, beim US S&P 500 sind es 30%. Der europäische Referenzindex beendete den Januar mit einem Rekordschlusskurs und verzeichnete damit die beste Monatsperformance seit über einem Jahr. Auch der britische FTSE 100 verzeichnete ein Rekordhoch.
Staatsanleihen der Industrieländer entwickelten sich gleichmäßiger. US-Staatsanleihen legten um 0,6% zu und mussten erst einmal die Auswirkungen einiger früher Aussagen von Donald Trump auf Wirtschaftswachstum und Inflation verdauen. Die Fed hielt die Zinssätze wie erwartet stabil, aber die Investoren bemerkten eine Veränderung der Rhetorik, was die Wahrscheinlichkeit und den Umfang zukünftiger Zinssenkungen verringern könnte.
Schwellenländeranlagen verzeichneten in den Segmenten Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen eine positive Entwicklung. Es gab jedoch einige Volatilität, da sich die Investoren auf mögliche Zölle seitens Trump vorbereiteten (die inzwischen angekündigt wurden).
Die Marktvolatilität erwies sich als Segen für Gold, das um 7% zulegte. Der US-Dollar blieb im Januar im Großen und Ganzen unverändert.
Kurzüberblick
Asset-Allokation
Wir reduzieren die Gewichtung globaler Aktien auf neutral, da die Risiken für das Wirtschaftswachstum zunehmen. Dagegen gehen wir bei Cash zu einer Übergewichtung über und bleiben in Anleihen neutral gewichtet.
Aktienregionen und -sektoren
Wir bleiben in US-Aktien übergewichtet, da wir der Meinung sind, dass die wirtschaftlichen Bedingungen in den USA robust genug sind, um die Unternehmensgewinne kurzfristig zu unterstützen.
Anleihen und Währungen
Wir bleiben in US-Staatsanleihen und im US-Dollar neutral gewichtet sowie in europäischen Hochzinsanleihen und auf USD lautenden Schwellenländer-Lokalwährungsanleihen (ohne China) übergewichtet.
Die Informationen, Meinungen und Einschätzungen in diesem Dokument sind zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung zutreffend und unterliegen Risiken und Unsicherheiten, sodass die tatsächlichen Ergebnisse wesentlich von den hier dargestellten abweichen können.