Unternehmensanleihen als Zufluchtsort vor den „Bond Vigilantes“

Hohe Staatsdefizite und steigende Schuldenlasten drohen den Zorn der „Bond Vigilantes“ auf sich zu ziehen. Von Unternehmensanleihen dagegen sind Anleiheinvestoren angetan. Pictet Asset Management | 25.02.2025 07:55 Uhr
Philipp Buff, Senior Investment Manager, Pictet Asset Management / © e-fundresearch.com / Pictet Asset Manager
Philipp Buff, Senior Investment Manager, Pictet Asset Management / © e-fundresearch.com / Pictet Asset Manager

„Bond Vigilantes“ sind Investoren, die aus Protest gegen eine unsolide Fiskalpolitik massenhaft Staatsanleihen verkaufen. Während der „Great Moderation“, die auf die Inflationsschocks der frühen 1980er Jahre folgte, gab es außerhalb der krisengeschüttelten Volkswirtschaften kaum Bond Vigilantes. Das änderte sich während der Inflationswelle nach der Covid-Krise. Jetzt, da die Bond Vigilantes zunehmend über die Haushaltsdefizite in den Industrieländern, vor allem in den USA und Europa, besorgt sind, werfen sie erneut einen dunklen Schatten über die Märkte für Staatsanleihen.

Zum Glück gibt es für Anleiheinvestoren eine Ecke des Marktes, die eine gewisse Sicherheit vor den zunehmenden Risiken an den Staatsanleihemärkten bietet: Unternehmensanleihen. Auf den ersten Blick erscheint das widersinnig. Staatsanleihen stellen zumindest in den Industrieländern eigentlich den risikofreien Zinssatz dar, an dem sich andere festverzinsliche Anlageinstrumente orientieren. Unternehmensanleihen gelten seit jeher als mit einem Ausfallrisiko behaftet.

Die historische Entwicklung bestätigt dies jedoch nicht. Vielmehr liegen die Ausfallraten bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen seit 1980 bei unter 0,1%. Im Grunde ist das Risiko praktisch gleich Null und entspricht damit mehr oder weniger dem Ausfallrisiko von Staatsanleihen der Industrieländer. 

Abb. 1 – Eng bemessen

ICE BofA Spread Indexrendite US-Unternehmensanleihen ggü. US-Staatsanleihen (in Basispunkten)

Quelle: ICE BofA, Bloomberg, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 05.02.2015–05.02.2025.

Dennoch bieten Investment-Grade-Unternehmensanleihen eine höhere Rendite als Staatsanleihen (siehe Abb. 1). Dieser Aufschlag von US-IG-Unternehmensanleihen gegenüber US-Staatsanleihen liegt seit 2015 im Durchschnitt bei knapp 149 Basispunkten. Und selbst jetzt, wo sich diese Spreads deutlich verengen, beträgt der Aufschlag immer noch 83 Basispunkte. Mit anderen Worten: Investoren werden für das im Prinzip gleiche Risiko extra entschädigt.

Dieser Aufschlag stellt einen Puffer dar. In einer Zeit, in der die Staatsdefizite gefährliche Ausmaße angenommen haben und weiter steigen1, werden die Investoren nervös. Analysen zeigen, dass schlechte Nachrichten über die Staatsfinanzen die Renditen von Staatsanleihen selbst bei US-Treasuries, dem liquidesten Anleihemarkt der Welt, in die Höhe treiben.2

Wenn Anleiheinvestoren sich von Staatsanleihen abwenden, gilt das nicht unbedingt auch für die Investment-Grade-Unternehmensanleihen des Landes. In den Schwellenländern liegen die Renditen von Anleihen hochwertiger Unternehmen häufig unter den Renditen der Staatsanleihen des betreffenden Landes. Das ist nichts Ungewöhnliches. Unternehmen, die weltweit tätig sind und daher über vielfältige Einnahmequellen in Hartwährung verfügen, haben es oft leichter, ihre Schulden zu bedienen als beispielsweise Länder, die vom Export eines einzigen Rohstoffs abhängig sind.

Das gilt aber nicht nur für die Schwellenländer. In Frankreich sind beispielsweise die Renditen der Anleihen des Pharmaunternehmens Sanofi und des Konsumgüterherstellers L'Oreal in letzter Zeit unter die Renditen französischer Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit gefallen.

Abb. 2 – Stark verschuldet

Nennwert von Anleihen: US-IG-Unternehmensanleihen und US-Staatsanleihen (in Bio. USD)


Quelle: Pictet Asset Management, ICE-Indizes. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.01.2000–31.10.2024.

Und während die Bewertungen an den Anleihemärkten hoch sind, sind die Unternehmensgewinne nach wie vor robust und die Bilanzen der Unternehmen gesund. Um die Staatsfinanzen dagegen ist es nicht gut bestellt. Das Emissionsgeschehen ist bei Staatsanleihen deutlich intensiver (siehe Abb. 2). Anders als zu der Zeit, als die Renditen von Staatsanleihen nahe null lagen, achten die Investoren weniger auf die Spreads, sondern haben mehr die Gesamtrendite auf dem Radar. Unternehmensanleihen liegen im Trend, weil die Gesamtrendite attraktiv ist.

Es stimmt natürlich, dass nationale Regierungen, wenn es hart auf hart kommt und sie Geld brauchen, Unternehmen besteuern können, aber die Unternehmen sind sehr geschickt darin, ihre Aktivitäten in Länder mit niedrigeren Steuern zu verlagern. Regierungen, die hohe Steuern erheben, laufen Gefahr, ihre Steuereinnahmen insgesamt zu schmälern, vor allem, wenn dadurch die Wirtschaftstätigkeit im Land selbst allgemein beeinträchtigt wird.

Investoren in Unternehmensanleihen waren beruhigt, als sie gesehen haben, dass ihr Markt selbst den jüngsten Schocks trotzte, die die Aktienmärkte in Aufruhr versetzt haben, wie z. B. der von Nvidia ausgelöste Ausverkauf der Nasdaq-Aktien und die durch Trumps Ankündigung, Strafzölle zu erheben, verursachten Turbulenzen. Dies ist einmal mehr auf robuste Ertragsströme und Bilanzen zurückzuführen (siehe Abb. 3). Die Kapitalbeschaffungsaktivitäten der Unternehmen haben sich in den letzten Jahrzehnten weitgehend parallel zum Gewinnwachstum und vor allem zum freien Cashflow entwickelt, sodass die Unternehmen ihre Schulden aus den Erträgen bedienen können. Staatsanleihen hingegen sind rasch über das BIP-Wachstum hinausgeschnellt.

Abb. 3 – Guter Schutz

Zinsdeckung bei europäischen und US-IG-Unternehmensanleihen, EBITDA

Quelle: JP Morgan, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 31.03.2001–30.09.2024..

Das gilt jedoch nicht nur für Investment-Grade-Unternehmensanleihen. Die niedrigen (wenn auch leicht steigende) Ausfallraten bei Hochzinsanleihen haben die Investoren ebenfalls überzeugt und die Spreads in diesem Bereich des Marktes nach unten gedrückt.

Es besteht natürlich immer das Risiko, dass unvorhersehbare Ereignisse mit gravierenden Auswirkungen eintreten, sogenannte „Black Swans“, die selbst die solidesten Märkte erschüttern können. Katastrophen können aus allen Richtungen kommen. Doch wenn man einmal davon absieht, bieten Unternehmensanleihen eine ordentliche Rendite im Vergleich zu Staatsanleihen, im Falle von Investment-Grade-Anleihen sogar mit vergleichbarem Risiko. Das macht sie zu einem relativ sicheren Hafen, wenn Staatsanleihen durch die Politik ihrer Regierungen unter Druck geraten.

Von Philipp Buff, Senior Investment Manager, Pictet Asset Management

1 Maria Vassalou, John Donaldson, „The critical role of US debt sustainability in the world financial architecture", Pictet Research Institute, https://www.pictet.com/uk/en/about/pictet-research-institute/role-us-debt-sustainability-in-financial-architecture“

2 Roberto Cram, Howard Kung, Hanno Lustig, „Government Debt in Mature Economies. Safe or Risky?“ August 2024, https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4935930

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