Einst träumte die Welt davon, gegen jede Krankheit eine Pille zu haben. Heute verändern Therapien der nächsten Generation die medizinische Landschaft; sie machen es möglich, unsere Gene und unsere Zellen zu verändern, Antikörper zu entwickeln und Arzneimittel in einem Maße zu personalisieren, wie es noch vor einem Jahrzehnt unvorstellbar gewesen wäre.
Die Therapien der nächsten Generation werden immer sicherer und wirksamer, was wiederum ihre Akzeptanz erhöht, so der Themenbeirat unserer Health Strategie. Die Entdeckung, Entwicklung und Herstellung dieser schlagzeilenträchtigen Therapien sind jedoch nur dank eines weit weniger bekannten Sektors möglich – Tools der nächsten Generation.
Die Diagnostik wird beispielsweise durch das Aufkommen universeller Biosensoren revolutioniert. Diese mitunter auch als „flüssige Gehirne“ bezeichneten Tools können ein breites Spektrum an Proteinen, Nukleinsäuren, Krankheitserregern und kleinen Molekülen identifizieren und ermöglichen es dadurch, Krankheitserreger nachzuweisen, die Ausbreitung chronischer Krankheiten zu überwachen und die Wirkstoffkonzentration zu bestimmen.
Für die Herstellung von Therapien der nächsten Generation stehen spezielle Bioreaktoren, die eine hochgradig kontrollierte Umgebung für die Kultivierung von Zellen oder Mikroorganismen bieten, sowie spezielle Filtrationsanlagen, die Viren und andere potenziell schädliche Verunreinigungen aus dem Endprodukt entfernen können, zur Verfügung.
Dann gibt es noch die Tools, die die Entwicklung von Therapien der nächsten Generation sowie die Prozesssoftware und die zugrunde liegenden KI-Tools automatisieren.
Die Tools der nächsten Generation haben bereits zu einer drastischen Ausweitung des Therapievolumens geführt, was die Herstellungszeit erheblich beschleunigt und die Kosten und erforderlichen Ressourcen reduziert. Die Verringerung des Bedarfs an Arbeitskräften kann besonders vorteilhaft sein, da etwa 50–70% der Herstellungskosten von Zell- und Gentherapien auf Personal entfallen.
Um nur ein Beispiel für die möglichen Vorteile zu nennen: Ein bahnbrechendes Tool von Thermo Fisher Scientific ersetzt die traditionelle Tiefenfiltration durch eine Einwegzentrifugation. Das neue System erfordert weniger Einwegfilter, was weniger Reinigung und Sterilisation (Energie- und Wassereinsparung), weniger Arbeitsaufwand und geringere Gesamtkosten bedeutet. Es wurde bereits bei der Herstellung monoklonaler Antikörper eingesetzt – im Labor hergestellte Moleküle, die an bestimmten Zielen wie Viren oder Krebszellen andocken und diese dann neutralisieren oder zur Zerstörung durch das Immunsystem markieren. Durch den Einsatz des Einweg-Zentrifugensystems wurde bei der Herstellung 45% weniger Wasser verbraucht, was Kosten spart und die Markteinführung beschleunigt.
Die Tools der nächsten Generation werden von Auftragsentwicklungs- und -herstellungsunternehmen, sogenannten CDMO, eingesetzt. Diese spezialisierten Dienstleister konzentrieren sich auf bestimmte Bereiche der Arzneimittelentwicklung und -herstellung und übernehmen diese Aufgaben im Auftrag des Pharmasektors. CDMO schaffen einen Mehrwert, indem sie den Forschungs- und Herstellungsprozess in der Branche straffen – und sind dabei oft Wegbereiter, weil sie neue Technologien wie KI einsetzen.
Viele dieser Tools werden auch in anderen Bereichen eingesetzt. Universelle Biosensoren können Umweltdaten wie Schadstoffe in der Luft, im Wasser oder im Boden überwachen oder zur Prüfung der Lebensmittelsicherheit eingesetzt werden.
Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung neuartiger Therapien, wie bispezifische Antikörper, Gentherapien und auf Nukleinsäuren basierende Behandlungen, werden wir die Kosten, den Zeitaufwand und die Komplexität ihrer Herstellung weiter verbessern müssen. Daraus ergeben sich interessante Wachstumschancen für Unternehmen, die im Segment der Tools der nächsten Generation tätig sind, und für diejenigen, die über die Expertise verfügen, um in sie zu investieren. Diese Fortschritte wiederum dürften das Wachstum in der Pharma- und Biotechnologiebranche weiter vorantreiben.
Einblicke für Investoren
von Moritz Dullinger, Senior Investment Manager, Themenaktien, Pictet Asset Management, und Grégoire Biollaz, Senior Investment Manager, Themenaktien, Pictet Asset Management
Aus mittel- bis langfristiger Perspektive sind wir überzeugt, dass der Gesundheitssektor aufgrund mehrerer Schlüsselfaktoren sehr gut für Wachstum aufgestellt ist. Die alternde Weltbevölkerung führt zu einer Zunahme altersbedingter Krankheiten, sodass es von entscheidender Bedeutung ist, dass die Menschen länger gesund bleiben, um die Gesundheitskosten unter Kontrolle zu halten.
Wissenschaftliche Fortschritte verbessern die Standards der medizinischen Versorgung, doch steigende Gesundheitskosten aufgrund von Ineffizienzen machen den Bedarf an disruptiven Technologien deutlich, die sowohl die Versorgung als auch die Effizienz verbessern. Mit zunehmendem Wohlstand gewinnt auch das Thema Gesundheit immer mehr an Bedeutung und die Verbraucher investieren in Körperpflege und eine gesündere Lebensweise. Zudem werden präventive Gesundheitsmaßnahmen von staatlicher Seite durch Anreize und Regulierung gefördert.
Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit anbieten, werden von diesem langfristigen Trend profitieren.