War es früher für US-Kreditanleihen möglich, an einem Nachmittag eine größere Position zu liquidieren, so braucht man heute einen Monat. Und beginnt dann noch der Markt zu sinken, tut es umso mehr weh, wenn man die Position letztendlich mit einem Verlust verkaufen muss, der im Entscheidungszeitpunkt nicht abzusehen war.
In der Tat sorgen die in den letzten Jahren eingeführten Regeln und Kapitalbedingungen dazu, dass Banken als Market-Maker nicht mehr die ihnen angebotenen Positionen auf die eigenen Bücher nehmen können. In der Konsequenz können die Banken einem Kunden ein Papier nur noch abnehmen, wenn sie auf der anderen Seite schon wieder einen neuen Käufer dafür gefunden haben. Und das kann dauern.
Auch die Zahlen belegen diese Entwicklung: Laut Statistiken der Federal Reserve von New York hielten Emissionsbanken 2007 rund 235 Milliarden US-Dollar an Unternehmensanleihen – heute sind es nur noch circa 56 Milliarden. Gleichzeitig hat sich die Kapitalisierung des Marktes in der gleichen Zeit fast verdoppelt. Aussagen von Bankverantwortlichen bestätigen das: Früher waren die Emissionshäuser bereit, auch schon einmal eine gute Portion einer Anleihe auf den eigenen Büchern zu halten – heute muss alles vorplatziert sein.
Über diese Phänomene hat man in den letzten fünf Jahren schon einiges gehört – aber was ist deren Bedeutung heute? Im Mai hatte Ben Bernanke von der Federal Reserve für den Herbst eine Reduktion der quantitativen Lockerung angekündigt (die nun ausfällt). Sofort stiegen die Zinsen in den Bondmärkten extrem an. Die Anleihemärkte sind regelrecht abgestürzt – anstatt sich schrittweise an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Insbesondere in den Kreditmärkten und bei den Schwellenländerbonds sind die Kurse so schnell eingebrochen, dass es nicht allein durch die Ankündigungen gerechtfertigt erschien. Die Brutalität dieser Bewegungen kann man mit großer Sicherheit diesen beschriebenen, strukturellen Veränderungen bei den Banken zuschreiben.
Wenn die Banken den Endkunden Papiere nicht mehr abkaufen können, um es auf die eigenen Bücher zu nehmen – und dies auch zu Preisen, bei denen sie sich ein gutes Geschäft versprechen können - so dauert es nun einfach länger, bis sie durch das Herumfragen bei anderen Kunden potenzielle Käufer für den Titel gefunden haben. Und während dieser Frist bewegen sich die Märkte weiter und schneller als bisher.
Dieses Phänomen ist übrigens ähnlich auch im Schweizer Bondmarkt. Allerdings stellt man da eine leichte Differenzierung fest: Kunden, die in engen Beziehungen zu den Investmentbanken stehen, ihnen demnach auch substanziell Positionen abzukaufen bereit sind und sie dadurch mit Liquidität unterstützen, werden denn auch besser bedient als die übrigen Marktteilnehmer.
Was sind die Konsequenzen für das Portfoliomanagement: Diese schlechteren Liquiditätsbedingungen müssen viel expliziter als in der Vergangenheit eingeplant werden. Das kann heißen, strukturell eine größere Portion Cash zu halten, aber man sollte auch bereit sein, verstärkt mit Derivaten abzusichern, wenn der Verkauf der zugrundeliegenden Papiere nicht sofort gelingen kann.
Langfristig wird man sich wohl Gedanken über die Struktur der Anleihemärkte an sich machen: Wird es Handelsplattformen vergleichbar den Aktienmärkten geben? Aber bei der großen Anzahl von verschiedenen Anleihen eines einzigen Emittenten ist dies aus heutiger Sicht illusorisch. Eine Hoffnung bleibt: Wenn die Zinsen denn eines Tages wieder steigen, dann gibt es vielleicht substanziell wieder mehr Investoren in Anleihen und die Liquidität könnte sich dadurch auch wieder verbessern – aber auf die Niveaus des Investmentbankenbooms um 2005 werden wir allein dadurch nicht wieder kommen.