Gefahr der Schuldendeflation Europa ist nicht gebannt

"Europa könnte durchaus in die Schuldendeflationsfalle schlittern – die Folge könnte ein verlorenes Jahrzehnt oder sogar eine noch längere Zeit des Stillstands sein“, so Mark Hargraves, Manager des AXA Framlington European Fund. AXA Investment Managers | 26.05.2014 14:17 Uhr
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„Der Erfolg der Randparteien bei den laufenden Europawahlen kommt vorwiegend von Protestwählern und wird aus unserer Sicht keine fundamentale Veränderung der politischen Landschaft Europas bewirken“, so die Einschätzung von Mark Hargraves, Manager des AXA Framlington European Fund von AXA Investment Managers. „Wichtiger sind die schwachen BIP-Zahlen für das erste Quartal und die Inflation, die niedriger ausfiel als erwartet. Beide erinnern daran, dass Europa durchaus in die Schuldendeflationsfalle schlittern könnte – die Folge könnte ein verlorenes Jahrzehnt oder sogar eine noch längere Zeit des Stillstands sein.“ 

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat kürzlich erneut betont, dass sie die Risiken nicht aus den Augen verliert und alle nötigen Schritte ergreifen wird. „Trotzdem liegt die Kerninflation jetzt bereits seit fast fünf Jahren unter ihrem Zielwert von zwei Prozent, so dass sich die Frage aufdrängt, ob sich die Zentralbank nicht bereits zu viel Zeit gelassen hat“, sagt der Fondsmanager. Ein Weckruf für die Anleger, die in den vergangenen Jahren aufgrund fallender systemischer Risiken und der erwarteten Gewinnerholung für eine stetige Aufwertung europäischer Aktien gesorgt hatten, waren die schwachen Konjunkturdaten des ersten Quartals. Das einzige Land, das nennenswertes Wachstum verzeichnete, war Deutschland, während sich die Wirtschaft in vielen anderen Ländern negativ entwickelte. „Auch die Kerninflation von insgesamt 0,8 Prozent sowie negative Inflationsraten in mehreren Ländern erinnern zur rechten Zeit daran, dass Europa nach wie vor mit einem Fuß in der Deflation steht“, so Mark Hargraves. 

Sollte sich die Deflation in Europa festsetzen, würde dies vielen europäischen Wirtschaften besonders im Süden der Region erheblich schaden. Daher wird damit gerechnet, dass der EZB-Präsident Mario Draghi nach der kommenden Ratssitzung im Juni unter anderem die Einführung negativer Einlagezinsen ankündigen wird. Da diese zum Teil von den Anlegern bereits vorweggenommen wurde, ist es aber durchaus denkbar, dass die Maßnahmen hinter den Erwartungen des Marktes zurückbleiben. 

 „Die kürzlich auf ein 12-Monats-Tief gesunkenen deutschen Anleiherenditen signalisieren die Erwartung eines niedrigen realen und nominalen Wachstums. In diesem Umfeld sind steigende Gewinnprognosen nicht sehr wahrscheinlich“, konstatiert Mark Hargraves. Vor diesem Hintergrund überrascht die Konsolidierung der europäischen Aktien in den vergangenen Monaten nicht. „Die Trends für Finanztitel, zyklische Werte und Versorger aus den europäischen Randstaaten haben sich umgekehrt, weil die zunehmende Deflationstendenz und die schwächeren Konjunkturaussichten kaum Chancen für eine fundamentale Erholung dieser Werte zulassen“, so der Fondsmanager. Die jüngsten Konjunktur- und Inflationsdaten sollten als Warnung verstanden werden, dass die wirtschaftliche Erholung der Eurozone keineswegs eine ausgemachte Sache ist. 

Fundamental nicht gerechtfertigte Bewertungen 

Wie sollten die Anleger auf diese Situation reagieren? „Angesichts der weiterhin bestehenden erheblichen Risiken, würden wir die jüngsten Kursrückgänge  nicht dafür nutzen, riskantere Positionen zu erhöhen“, unterstreicht Hargraves. So wiesen etwa italienische Inlandsbanken noch immer ein ungünstiges Risiko-Ertrags-Verhältnis auf. „Zunehmend attraktiv erscheint uns dagegen die Rückkehr zu Qualität im Euroraum.“ Seit Marios Dragis Rede vom vergangenen Sommer, in der er ankündigte, alles zu tun, um den Euro zu retten, haben insbesondere Aktien minderer Qualität enorm zugelegt. „Vielfach sind die Bewertungen höher als es die Fundamentaldaten rechtfertigen, wie der Vergleich von Fiat und Volkswagen verdeutlicht“, so Hargraves. Nach den exorbitanten Kursgewinnen der vergangenen zwölf Monate liegen beide Aktien beim Kurs-Buchwert-Verhältnis gleichauf. „Und das, obwohl Fiat nicht nur deutlich weniger rentabel ist, sondern auch Nettoschulden von etwa 14 Mrd. Euro hat, während Volkswagen netto über 15 Mrd. Euro an liquiden Mitteln verfügt.“ 

Aus fundamentaler Sicht sind derartige Bewertungen nicht nachvollziehbar. „Hier haben offensichtlich  kurzfristige Faktoren dafür gesorgt, dass Aktien überteuert sind. Derartige Anomalien sind bei europäischen Aktien mittlerweile allgegenwärtig und bieten zunehmend attraktive Kaufchancen im höherwertigen Segment, wo die relativen Bewertungen vielfach mehrjährige Tiefs erreicht haben“, sagt Hargraves.

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