Die Augen der Finanzmarktakteure richteten sich in den vergangenen Tagen auf die großen Zentralbanken Europas – doch eventuell von ihnen gehegte Erwartungen wurden enttäuscht: Die Europäische Zentralbank (EZB) gab bekannt, sie plane zunächst keine Ausweitung des Quantitative Easing (QE). Und Mark Carney, Governor der Bank of England (BoE), teilte im Wesentlichen mit, er sei angesichts der Tatsache, dass die BoE nach dem Brexit-Votum eine wirtschaftliche Katastrophe verhindert habe, „gelassen“. „Die Notenbanker hatten nicht viel Neues zu sagen“, urteilt denn auch Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers. „Wir befinden uns weiter in einer Welt der geschrumpften Risikoprämien, die zum größten Teil ein Ergebnis der Geldpolitik sind.“
Niedrige Risikoprämien stellten an sich bereits ein finanzielles Risiko dar, weil eine Rückkehr zu fundamental besser nachvollziehbaren Bewertungen immer eine Möglichkeit sei, so der Experte weiter. Am Anleihemarkt sei dies gleichbedeutend mit einem Anstieg der Marktrenditen und der Credit Spreads. „Ich habe keine Ahnung, was eine scharfe Bewegung in diese Richtung auslösen könnte, wenn man einmal von überraschend starken Konjunkturdaten, einer strikteren Geldpolitik der Fed oder einem Kreditereignis absieht“, erklärt Iggo. „Aber ich habe eine Ahnung, wie sich eine solche Entwicklung auf Anleiheportfolios auswirken könnte. Risikomanagement wird daher künftig noch wichtiger. Aber auch Sorgen um die grundsätzliche Stabilität des Finanzsystems sind gerechtfertigt. Das bedeutet, Anleger sollten ein Auge auf den Einsatz von Leverage, die Liquidität und die Kreditqualität haben.“
Iggo fügt hinzu, dass die Auswirkungen einer steigenden Marktvolatilität angesichts des aktuell herrschenden extrem niedrigen Renditeniveaus besonders schwer wiegen könnten. Dies sei auch deshalb interessant, weil die Volatilität sowohl am Markt für US-Staatsanleihen als auch am Markt für deutsche Bundesanleihen zuletzt sehr niedrig gewesen sei, wenn man von der pessimistischen Reaktion auf die Aussagen der EZB in der vergangenen Woche einmal absehe. Iggos Schlussfolgerung daraus: „Entweder diese Ruhe am Markt spiegelt einen stabilen volkswirtschaftlichen Ausblick mit Wachstum und Inflation auf niedrigem Niveau, einer vergleichsweise inaktiven Geldpolitik und der Abwesenheit großer politischer Unsicherheit wider – oder die Märkte sind im Moment einfach sehr behäbig.“