Leben wir in der schönsten oder der schlechtesten Zeit? Einem Zeitalter der Weisheit oder des Unsinns? Einer Epoche des Glaubens oder des Unglaubens? Im Frühling der Hoffnung oder im Winter der Verzweiflung? Die ersten Sätze von Charles Dickens‘ Klassiker „Eine Geschichte aus zwei Städten“ zu zitieren, erscheint Anfang des Jahres 2017 passender als selten zuvor. Sagt zumindest Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers: „Wir haben einerseits die Aussicht auf stärkeres globales Wachstum und die Rückkehr der wirtschaftlichen Lebensgeister, andererseits sehen wir aber auch erhöhte geopolitische Risiken. Die meisten davon haben ihren Ursprung auf dem Twitter-Account von Donald Trump.“
Alleine während der Feiertage zum Jahreswechsel habe der designierte Präsident besorgniserregende Diskussionen über Russland, China sowie die Vereinten Nationen losgetreten. Hinzu kämen die Unsicherheit über verschiedene Wahlen in Europa, das Brexit-Chaos und das Dauerthema Terrorismus. Dennoch gebe es kaum Zweifel daran, dass sich die wirtschaftliche Lage zum Endes des vergangenen Jahres gebessert habe. Der Einkaufsmanagerindex für die USA lag im Dezember bei 54,7 Punkten und damit so hoch wie seit zwei Jahren nicht mehr, der Index für die Industrieproduktion in der Eurozone lag sogar bei 54,9 Punkten, und der chinesische Einkaufsmanagerindex zeigte ebenfalls eine andauernde, deutliche Erholung. „Kann der positive wirtschaftliche Trend andauern?“, fragt Iggo. „Er kann – wenn die Federal Reserve nicht zu schnell die Zinsen erhöhen muss, die neue US-Regierung ihre Steuersenkungspläne umsetzen kann, die Lebensgeister der Unternehmen wieder erwachen und Donald Trump seinen Twitter-Account schließt.“
Die gegenwärtig zumindest in den USA bereits laufende Normalisierung der Geldpolitik sei dabei ein Schlüsselthema. Sie habe bereits dazu geführt, dass es bei Anleihen wieder eine Laufzeitprämie gebe. „Bisher ist das alles recht freundlich, und die Renditen haben sich zum Jahresbeginn etwas stabilisiert“, so Iggo. „Es gibt außerdem Hinweise auf eine negative Korrelation zwischen den Renditen von Staatsanleihen und den Credit Spreads. Dies ist typisch für Phasen positiven Wachstums.“ Der Experte spricht sich nach wie vor dafür aus, Unternehmensanleihen überzugewichten, also auf die Prämie für das Eingehen von Kreditrisiken (Credit) zu setzen. „Nicht dass Credit billig ist“, sagt Iggo. „Aber relativ betrachtet ist es weniger teuer als ausschließlich auf das Zinsrisiko zu setzen. Ich glaube, dass die Bedingungen für Credit relativ günstig sind. Das anziehende Wachstum stützt die Unternehmensgewinne, und die Ausfallraten verharren auf einem sehr niedrigen Niveau, aber die Chancen auf eine Outperformance sind geringer als noch im März 2016, weil die Credit Spreads heute deutlich enger sind.“