„Denn insbesondere die Wahlen in Frankreich haben «Sprengpotenzial» für den Euro und die EU“, erklärt Diehl. „Sollte Marine Le Pen tatsächlich die nächste französische Präsidentin werden, dann könnten eine ganze Reihe von Punkten aus dem publizierten Programm der Front National umgesetzt werden.“ Dazu gehörten etwa die Wiedereinführung des Franc, die Kündigung und Neuverhandlung von EU-Verträgen, die direkte Staatsfinanzierung durch die französische Notenbank und protektionistische Maßnahmen mit staatlich regulierten Preisen, Löhnen und Pensionen.
„All dies würde, sollte es politische Realität werden, auch massive Auswirkungen auf Deutschland haben“, so Diehl weiter. So dürften beispielsweise die bilateralen Handelsbeziehungen der beiden Nachbarländer leiden: Frankreich ist für Deutschland der wichtigste Handelspartner in Europa. Das Handelsvolumen mit Frankreich (Einfuhr und Ausfuhr) belief sich 2015 auf rund 173 Milliarden Euro.1
So liegen die Chancen für Marine Le Pen
Vor diesem Hintergrund ist es durchaus sinnvoll, der Wahrscheinlichkeit eines Wahlsieges der Front National (FN) eine eingehendere Analyse zu widmen. AXA Investment Managers hat genau dies getan und ein Modell entwickelt, das die verschiedenen Meinungsumfragen aggregiert, mit der Abweichung der Umfragewerte von den tatsächlichen Wahlergebnissen in der Vergangenheit korreliert und auch in Abhängigkeit zum zeitlichen Abstand zum Wahltermin setzt.
Folgt man den Ergebnissen dieser Analyse, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der FN und Marine Le Pen die Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten erreichen, bei mehr als 90 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass Marine Le Pen diese Stichwahl gewinnt, liegt nach Analyse hingegen lediglich bei 22 Prozent; mit jeweils über 30 Prozent führen hier der konservative Politiker François Fillon und der marktliberale Emmanuel Macron.
Bestätigt wird das Modell der nicht übermäßig hohen Wahrscheinlichkeit eines FN-Siegs durch die Wettbuchmacherquoten (36 Prozent) und die Prognosewerte der politischen Analystengilde (27 Prozent). „Dennoch ist ein Risikofaktor zwischen 22 Prozent und 36 Prozent in jedem Fall ein Szenario, auf das man vorbereitet sein sollte“, erklärt Diehl. „Wir empfehlen in unserer aktuellen Asset-Allokation daher eine vorsichtige Haltung gegenüber den Kreditaufschlägen für Anleihen aus Euro-Peripheriestaaten und eine neutrale Position hinsichtlich deutscher Bundesanleihen. Darüber hinaus empfehlen wir Absicherungsmaßnahmen gegenüber einer zu erwartenden, fortgesetzten Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar.“
1 Quelle : Auswärtiges Amt