Laurence Boone warnt vor allzu großer Euphorie, denn trotz all der positiven Entwicklungen sollte man der Risiken, die auch 2018 nicht sinken werden, gewahr sein. Unter anderem könnte die Inflation stärker als erwartet zurückkehren, zu starken Anpassungen der Zinssätze führen und dadurch eine Marktkorrektur herbeiführen. „Die Risikobereitschaft ist jedoch nach wie vor relativ hoch“, sagt die Chefökonomin der AXA Group und globale Leiterin Multi Asset Client Solutions von AXA IM. Es sei nun an der Zeit, aktiv zu werden und angesichts teurer Anlegeklassen wählerisch zu sein. „Unser Fokus liegt auf Europa, sowohl im Credit- als auch im Aktienbereich.“
Laurence Boone weist dabei auf bekannte wie auch unbekannte Quellen der Unsicherheit hin. „Da wären natürlich die politischen und geopolitischen Risiken hinsichtlich Italiens, des Brexits und Nordkoreas wie auch einige wirtschaftliche Marktrisiken.“ Im Falle einer Marktkorrektur durch eine steil ansteigende Inflation sei ein Liquiditätsabfall zu befürchten, so die Ökonomin.
Szenario mit zwei Spitzen
Das wirtschaftliche Jahr 2018 werde dabei größtenteils durch einen Zwillingsgipfel bestimmt: „Das globale Wachstum wird im kommenden Jahr seinen Höhepunkt erreichen“, so Laurence Boone. Ebenfalls sei es wahrscheinlich, dass auch die Ankäufe von Vermögenswerten (QE) weltweit Spitzenwerte erreichen. Vor diesem Hintergrund sieht die Expertin der Finanzpolitik durchaus zuversichtlich entgegen. „Durch die positiven politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen des vergangenen Jahres ist die Zuversicht weltweit gestiegen – von den USA bis hin zu China haben alle Regionen ein solides Wachstum zu verzeichnen“, erklärt Boone. Dadurch würden viele Unternehmen wichtige Personal- und Investmententscheidungen endlich verabschieden, vor denen sie in den vergangenen Jahren noch zurückgeschreckt seien. „Die Arbeitslosigkeit fällt seit mehr als drei Jahren kontinuierlich. Ein Trend, der sich in der stabilen Eurozone auch weiter fortsetzt“, so Boone zufrieden.
Frischer Wind in den Zentralbanken
Auch für die Zentralbanken stehe in den kommenden Jahren ein Umbruch an. Drei Gründe führt Laurence Boone für ihre These an. „Viele hochrangige Zentralbanker werden in den kommenden Jahren ihren Platz räumen. Diese Entwicklung ist bereits im vollen Gange.“ Sie weist auf die scheidende Fed-Chefin Janet Yellen hin, die im kommenden Jahr ihr Amt an Jerome Powell abgibt. Im kommenden Sommer legt auch der EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio sein Amt nieder. „Solche Wechsel können die Kommunikation zwischen den Institutionen verkomplizieren“, warnt Boone. Der zweite Grund liege darin, dass die Zentralbanken immer häufiger Ziel politischer Überprüfungen seien. „Außerdem können sie die Veränderung des klassischen Finanzmarktes durch Kryptowährungen nicht länger ignorieren“, so Boone. Neue Herausforderungen kämen damit auf die Zentralbanken zu, „in einer Zeit der Unsicherheit, die noch einige Zeit anhalten wird“, wie sie die Situation beurteilt.
Risikobehafteter Finanzsektor
Risiken sieht Boone vor allem im Finanzsektor. „Natürlich müssen wir anstehende Wahlen und politische Entscheidungen im Auge behalten. Aber was uns wirklich beschäftigen wird, sind die Inflation und die damit verbundene Entwicklung der Asset-Preise.“ Zwar sei auch 2018 nicht frei von ökonomischen Risikofaktoren, doch besäßen die Zentralbanken die nötigen Werkzeuge, um diesen effektiv entgegenzuwirken. Zusammenfassend ist Laurence Boone positiv gestimmt: „So rosig hat die Zukunft seit Jahren nicht mehr ausgesehen.” Nun liege es daran, ob sich derart noch orakelhafte und vage Prophezeiungen erfüllen. „Wenn die Situation etwas klarer wird, werden wir unsere Aufmerksamkeit den möglichen Entgleisungen wie dem Inflationsdruck oder der außergewöhnlichen Volatilität in bestimmten Anlageklassen oder Carry Trades widmen.“