„Die zunehmende Zahl von Demenz-Patienten könnte Regierungen und Gesundheitssysteme vor Probleme stellen: Die Behandlungskosten werden aktuell auf eine Billion US-Dollar geschätzt, und bis 2030 könnten sie sich auf zwei Billionen verdoppeln“, erläutert Dani Saurymper, leitender Analyst für Ageing und Lifestyle bei AXA IM Framlington Equities.
Unternehmen verschiedenster Sektoren müssten ihre Geschäftsstrategien anpassen, um der drohenden Demenzkrise als Folgeerscheinung einer schnell alternden Gesellschaft entgegenzuwirken. „Unternehmen sind dazu angehalten, die Versorgungsforschung voranzutreiben, Anreize für ein gesünderes Konsumverhalten zu bieten und bedarfsgerechte Langfristlösungen zu entwickeln, um die Krankheit für künftige Generationen in den Griff zu bekommen“, sagt Saurymper.
Investitionen in Therapieforschung
Eine wirksame und bewährte Methode gegen Demenz oder die Alzheimer-Krankheit gibt es derzeit noch nicht. „Schätzungen zufolge werden Unternehmen jedoch bis 2021 über 10 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung von Medikamenten investieren“, so Saurymper weiter.
Aktuell lägen die Schwerpunkte der Demenztherapie auf den Studien von Antikörpern und neuen Therapien für neurodegenerative Krankheiten. So führe das Biotechnologieunternehmen Biogen fortgeschrittene Studien mit dem Antikörper Aducanumab durch. „Dieser Antikörper zielt auf ein Protein ab, das sich in den Gehirnen von Alzheimerpatienten ablagert und mit einer Verschlechterung kognitiver Fähigkeiten und der Funktionalität in Verbindung gebracht wird“, erklärt der Experte. Frühe klinische Studien hätten gezeigt, dass Aducanumab im Vergleich zu einer Placebo-Kontrollgruppe die fortschreitende Verschlechterung bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Krankheit erheblich gebremst hat.
Prothena, ein anderes Biotechnologieunternehmen, habe kürzlich eine Vereinbarung über 150 Millionen US-Dollar mit dem Biopharmaunternehmen Celgene abgeschlossen. „Beide wollen gemeinsam Medikamente entwickeln, die auf drei Proteine abzielen, die mit verschiedenen Arten von Demenz zusammenhängen“, erläutert Saurymper.
Frühzeitige Diagnose und gesunder Lebensstil
Der Fokus der Unternehmen läge jedoch nicht nur auf der Therapie, sondern auch auf der Entwicklung eines besseren und frühzeitigeren Diagnoseprozesses sowie der gesundheitlichen Vorsorge. „Big Data kann helfen, Demenzdiagnosen früher zu stellen“, berichtet Saurymper. „Optum, eine Sparte des Gesundheitskonzerns United Health, konnte mithilfe seiner ‚Big Data Research Initiative‘ bereits erste Erfolge erzielen: Seit 2015 haben sie mit fortschrittlichen wissenschaftlichen Methoden elektronische Patientenakten von Demenzkranken nach Hinweisen durchsucht, um eine Demenz vorherzusagen, vorzubeugen und behandeln zu können.“ Auf diese Weise konnten Warnsignale ermittelt werden, die bis zu drei Jahre vor einer traditionellen Diagnose der Krankheit Hinweise geben.
Nicht zuletzt könne auch ein gesunder Lebensstil zur Vorbeugung beitragen. „In mehr als einem Drittel aller Fälle kann eine Demenz durch mehr Wissen und ein gesünderes Leben vermieden werden. Wichtige negative Faktoren sind Stress, Adipositas, Kopfverletzungen und Umweltverschmutzung“, sagt Saurymper. Vitality, eine Sparte des südafrikanischen Versicherungsunternehmens Discovery, habe das erkannt. Das Unternehmen ermutigt seine Kunden zu einer gesünderen Lebensweise und bietet Geräte zur Überwachung von Gesundheitswerten an. So können die Kunden ihren Lebensstil bewusster steuern, und das Unternehmen kann die Ausgaben für vermeidbare Krankheiten wie Fettleibigkeit senken.
„Bereits jetzt haben viele Branchen erkannt, dass mit einem zunehmenden Anteil älterer Menschen auch deren Bedürfnisse immer wichtiger werden. Chronische Krankheiten wie Demenz müssen besser verstanden werden, um sie zu vermeiden oder im Krankheitsfall medizinisch angemessen zu behandeln. Nur so kann das Wohl der Menschen, der Gesellschaft und der Wirtschaft gesichert werden“, schließt Saurymper.