In der Serie „Was können Investoren gegen die Plastikberge tun?“ analysieren wir, wie Investoren einen positiven Beitrag leisten können. Schritt 1: Den ESG-Fußabdruck von Plastik verstehen
Plastik und Klima: Das meiste Plastik wird aus Kohlenwasserstoffen wie Ethylen und Propylen hergestellt, die wiederum aus Erdöl und Erdgas gewonnen werden. Beim CO2-Fußabdruck von Plastik muss man also die Förderung und den Transport von Öl und Gas ebenso berücksichtigen wie die eigentliche Herstellung. Nach Angaben des World Wildlife Fund werden 4% des weltweit geförderten Rohöls für die Plastikproduktion verwendet, und weitere 4% werden bei der Raffinierung verbrannt.[1] Wenn weltweit mehr Plastik genutzt wird, steigt die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen. Das beschleunigt den Klimawandel massiv.
Im Fokus
Eine neue Art von CO2-Zertifikaten und Plastikkompensation
In Europa erhielten Plastikrecycler zuletzt CO2-Gutschriften für die eingesparten Emissionen, schreiben die Analysten von Barclays. Manche Unternehmen können in großem Umfang CO2-Kompensationszertifikate ausgeben, weil sie Polyethylenterephthalat (PET) recyceln. Dieses Plastik wird oft für Lebensmittel- und Getränkeverpackungen verwendet.
Die Frage ist, ob das PET-Recycling dadurch effizienter wird als durch eine „klassische“ Kompensation mit Anreizen für die Reinigung der Umwelt von Plastikmüll. An einem funktionierenden und reifen CO2-Markt kann es für Unternehmen interessant sein, Kompensationszertifikate zu kaufen, die durch das PET-Recycling entstehen. Das kann eine ergänzende Lösung sein. Wir müssen aber dafür sorgen, dass durch diese Form der Plastikkompensation wirklich weniger Plastik aus Öl und Gas hergestellt wird – und sie nicht nurPlastik und Artenvielfalt: AXA IM hat bereits auf die Folgen der Plastikverschmutzung für Flora und Fauna hingewiesen. Neben anderen alarmierenden Fakten zeigen Recherchen des Europäischen Parlaments, dass bis 2050 das in den Meeren treibende Plastik zusammen schwerer sein dürfte als alle in den Meeren lebenden Fische. Nach dem Second World Ocean Assessment der UN entfallen etwa 80% des in den Meeren treibenden Unrats auf Plastik. Man schätzt, dass die Flüsse jedes Jahr 1,15 bis 2,41 Millionen Tonnen zusätzliches Plastik in die Ozeane befördern. In der Studie heißt es auch, dass in über 1.400 verschiedenen Meereslebewesen Plastik nachgewiesen wurde.
Hinzu kommt, dass der natürliche Abbau von Plastik extrem lange dauert. Auf Mülldeponien können dazu bis zu 1.000 Jahre nötig sein. Dabei geraten potenziell giftige Substanzen ins Erdreich und in die Flüsse, sodass Plastik den Ökosystemen langfristig massiv schadet – an Land, in Flüssen und in Ozeanen. Das bleibt auch nicht ohne Folgen für die Artenvielfalt.[2], [3]
Plastik und öffentliche Gesundheit: Plastik wird nicht nur von Meereslebewesen aufgenommen. Einer Untersuchung zufolge nehmen Menschen jede Woche im Schnitt 5g Plastik zu sich, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht.[4] Manche Studien haben gezeigt, dass selbst in Flaschen abgefülltes Wasser sowie Fisch für den menschlichen Verzehr Mikroplastik enthalten. Die möglichen Folgen sind noch nicht umfassend bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat deshalb dazu aufgerufen, die Auswirkungen von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit zu analysieren.[5] Die Studien laufen noch. Eine bereits veröffentlichte größere Untersuchung kommt aber zu dem Schluss, dass jedes Jahr schätzungsweise 400.000 bis 1 Million Menschen in den Entwicklungsländern an den Folgen des Plastikmülls sterben.[6] Das zeigt, weshalb Plastikverschmutzung auch viel mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat. Plastikverschmutzung hat Auswirkungen auf gefährdete Gruppen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Förderung fossiler Brennstoffe bis zum Wasser- und Lebensmittelkonsum.
Im Fokus
Einwegplastik
Heute erzeugen wir jedes Jahr etwa 400 Millionen Tonnen Plastikmüll. Das entspricht etwa dem Gewicht aller Menschen zusammen. Von den 7 Milliarden Tonnen Plastikmüll, die weltweit bislang angefallen sind, wurden weniger als 10% recycelt. Studien zufolge sind mindestens 40% des jedes Jahr verwendeten Plastiks Einwegplastik.
Etwa 70% des Mülls an europäischen Stränden entfällt auf die zehn gängigsten Einwegplastikgegenstände: Wattestäbchen, Plastikbesteck, Plastikteller, Strohhalme etc., Ballons und Ballonstäbe, Lebensmittelverpackungen, Becher, Getränkeverpackungen, Zigarettenkippen, Plastiktüten, Verpackungen und Folien, Feuchttücher und Sanitärartikel.
Von Liudmila Strakodonskaya, Responsible Investment Analyst und Jules Arnaud, Impact Investment Analyst bei AXA IM Core
Lesen Sie hier weitere Analysen zu Nachhaltigkeitsthemen von AXA Investment Managers
In der Serie „Was können Investoren gegen die Plastikberge tun?“ analysieren wir hier auf e-fundresearch.com, wie Investoren einen positiven Beitrag leisten können:
Investoren gegen Plastikberge – Schritt 1: Den ESG-Fußabdruck von Plastik verstehen
Investoren gegen Plastikberge – Schritt 2: Wo liegen die Chancen?
Investoren gegen Plastikberge – Schritt 3: Vom Plastikmüll zu einer neuen Plastikwirtschaft
[1] Plastic waste and climate change - what's the connection? – WWF Australien, 2021.
[2] Plastic pollution: A focus on freshwater biodiversity - PubMed (nih.gov). Nach aktuellen Informationen kann die Situation in Flüssen genauso problematisch sein wie im Meer, steht aber weniger im Blickpunkt.
[3] Plastics | IUCN
[4] Plastic ingestion by humans could equate to eating a credit card a week, WWF, 2019.
[5] WHO calls for more research into microplastics and a crackdown on plastic pollution
[6] No Time To Waste: Tackling the plastic pollution crisis before it’s too late, Tearfund, Fauna & Flora International, WasteAid und The Institute of Development Studies, 2019.