Investoren gegen Plastikberge – Schritt 3: Vom Plastikmüll zu einer neuen Plastikwirtschaft

Plastik und Plastikmüll haben dramatische Auswirkungen auf unseren Planeten. Zusammengenommen ist das Plastik in unserer Umwelt heute mehr als doppelt so schwer wie die Gesamtheit aller lebenden Säugetiere. Und es wird nicht so bald verrotten: Etwa 80% des jemals produzierten Plastiks existiert noch immer – in unseren Städten, auf dem Land und in den Meeren. AXA Investment Managers | 31.10.2022 17:00 Uhr
© Photo by tanvi sharma on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

In der Serie „Was können Investoren gegen die Plastikberge tun?“ analysieren wir, wie Investoren einen positiven Beitrag leisten können. Schritt 3: Vom Plastikmüll zu einer neuen Plastikwirtschaft

Die Nachfrage der Industrie nach Alternativen zu neuem Plastik steigt.[1] Die Hersteller verpackter Konsumgüter setzen sich immer ehrgeizigere Ziele. Sie wollen mehr recyceltes Plastik oder Plastikalternativen verwenden, das Recycling forcieren und den Verpackungsmüll verringern. Eine Gruppe von Unternehmen, auf die zusammen etwa 20% aller weltweit hergestellten Plastikverpackungen entfallen, haben sich Ziele zur Verringerung der Nutzung von neuem Plastik gesetzt. Das ist Teil einer Initiative der Ellen MacArthur Foundation und des UN-Umweltprogramms.[2] Stakeholder, einschließlich verantwortlicher Investoren, drängen die Unternehmen, sich mehr mit den Umweltfolgen ihrer Produkte auseinanderzusetzen. Zugleich machen sie Vorgaben zur Berichterstattung über die indirekten Scope-3-Treibhausgasemissionen und die Maßnahmen zu ihrer Verringerung. Bemerkenswert ist, dass die Unternehmen die so wichtigen Scope-3-Emissionen unterschiedlich handhaben.[3] Immer mehr große Konsumgüterhersteller unterzeichnen Liefervereinbarungen mit Dienstleistern für die Kreislaufwirtschaft, etwa mit Unternehmen, die selbst Plastik recyceln und über entsprechende Technologien verfügen.

Von den fast 7,6 Milliarden Tonnen Plastikmüll, die wir weltweit seit 1950 produziert haben, befinden sich über 6 Milliarden Tonnen auf Deponien oder in der Umwelt. Der Plastikmüll bleibt ein in hohem Maße ungenutzter Rohstoff. Gerade einmal 9% des gesamten jemals produzierten Plastiks wurden bisher recycelt.[4] Es gibt allerdings einige erfreuliche Entwicklungen: Plastikmüll wird immer mehr zu einem Rohstoff. Das kann uns helfen, das massive Verschmutzungsproblem zu lösen. Es ist wirtschaftlich einfach nicht sinnvoll, einen potenziell wertvollen Rohstoff wegzuwerfen.

Viele Beteiligte an der Wertschöpfungskette nehmen Einfluss auf die Plastikwirtschaft. In manchen Ländern wird versucht, durch Vorschriften und Steuern auf Neuplastik Anreize für das Recycling zu schaffen und Alternativen zu fördern.[5] Das EU-Plastiksteuersystem dürfte für Veränderungen sorgen.[6] Viele Länder, darunter Frankreich, haben lange Zeit Müll in Entwicklungsländer exportiert. Wenn Plastikmüll aber zu einem Rohstoff wird, dürfte mehr davon im Land selbst recycelt werden, sodass Plastikmüll kein Abfall mehr ist, sondern ein wichtiger Rohstoff. Damit das funktioniert und wir wirklich eine Kreislaufwirtschaft erreichen, muss aber deutlich mehr Plastik eingesammelt und recycelt werden. Das setzt entsprechende Kapazitäten voraus, die demnach drastisch zunehmen müssen.

Die Abfallmanagementbranche dürfte auch in Zukunft Kapital benötigen, um lokale Kapazitäten aufzubauen und das Plastikrecycling effizienter zu machen. Die gängigsten Methoden werden auch weiterhin das Einsammeln und das klassische Recycling bleiben. Es gibt aber auch positive Entwicklungen bei chemischen Verfahren und alternativen Methoden wie dem Recycling mittels Enzymen.[7] Die hieran beteiligten Unternehmen versuchen jetzt, Kapazitäten aufzubauen und ihre Technologien marktfähig zu machen, sobald das technisch möglich ist. Hinzu kommen erste Entwicklungen bei Technologien, die Abfälle in Treibstoffe umwandeln. Verflüssigtes Altplastik kann eine Alternative zu Rohöl werden, und aus Plastikmüll lässt sich dann vielleicht Wasserstoff gewinnen. Die derzeitigen chemischen Recyclingprozesse erfordern aber sehr hohe Temperaturen und damit sehr viel Energie, sodass sie noch teuer und ineffizient sind.

Weil Plastikmüll ein weltweites Problem ist, ist das Interesse an alternativen Materialien gestiegen. Aluminium und Glas, zwei der am häufigsten recycelten Stoffe, werden immer öfter genutzt. Diese Stoffe haben Vorteile, aber auch Schwächen. Auch hier wird an einer Verbesserung des Recyclings gearbeitet. Wenn man neues Glas aus Altglas herstellt, braucht man sehr viel weniger Energie für die Schmelze. Glashersteller können so ihre Scope-1-Treibhausgasemissionen verringern und gleich­zeitig durch einen niedrigeren Energieverbrauch ihre Kosten senken. Im Verpackungsbereich werden Innovationen bei Papier- und Pappprodukten sowie bei Bioplastik zu Alternativen. Manche Alternativen, vor allem Bioplastik, haben aber eigene Schwächen:

  • Bioplastik lässt sich aus vielerlei Ausgangsmaterialien produzieren – und aus Bioplastik wiederum Verpackungen, Beschichtungen, Harze, Medizinprodukte und vieles mehr. Bioplastik zeichnet sich durch natürliche und erneuerbare Ausgangsstoffe aus. Manche Arten von Bioplastik können eine ähnliche Qualität und Schutzwirkung haben wie gängige PET-Kunststoffe auf fossiler Basis. Wenn aber deutlich mehr neues Bioplastik produziert wird, kann das zu einer verstärkten Inanspruchnahme von Land und Wasser führen.
  • Manche Bioplastikhersteller sprechen von einer optimierten Zersetzung ihrer Produkte. Es gibt unterschiedliche Lösungen. Manche Arten von Bioplastik können mittels industrieller Kompostierung zersetzt werden, andere bei den Nutzern selbst. Bisweilen ist sogar eine sehr viel schnellere Zersetzung in der Natur möglich als bei ölbasiertem Plastik. Diese Unterschiede sorgen aber für große Herausforderungen. Man muss mit Bioplastik richtig umgehen. Bislang wurde es nur selten recycelt. Bioplastik braucht eine spezifische Umgebung mit bestimmten Bedingungen, um effizient zersetzt zu werden. Der Umgang mit Bioplastikmüll muss noch weiterentwickelt werden.

Und doch arbeiten Unternehmen daran, das Zersetzungstempo und das Recycling zu beschleunigen und alternative natürliche Ausgangsmaterialien zu verwenden (Zwischenfrüchte, Biomasseabfälle und Stärke). Da die Nachfrage nach solchen Lösungen wächst,[8] rechnen wir mit Chancen für Investoren. Sie können dazu beitragen, die internationale Plastikwirtschaft zu verändern. Das ist auch dringend nötig.

Von Liudmila Strakodonskaya, Responsible Investment Analyst und Jules Arnaud, Impact Investment Analyst bei AXA IM Core 

Lesen Sie hier weitere Analysen zu Nachhaltigkeitsthemen von AXA Investment Managers

In der Serie „Was können Investoren gegen die Plastikberge tun?“ analysieren wir hier auf e-fundresearch.com, wie Investoren einen positiven Beitrag leisten können:

Investoren gegen Plastikberge – Schritt 1: Den ESG-Fußabdruck von Plastik verstehen

Investoren gegen Plastikberge – Schritt 2: Wo liegen die Chancen?

Investoren gegen Plastikberge – Schritt 3: Vom Plastikmüll zu einer neuen Plastikwirtschaft

Safe planetary boundary for pollutants, including plastics, exceeded, say researchers - Stockholm Resilience Centre

[1] Die Nachfrage nach recyceltem Plastik ist auf ein Allzeithoch gestiegen. Wie in vielen Märkten sind auch am Markt für recyceltes Polyethylenterephthalat (R-PET) die Preise enorm gestiegen und haben sich 2021 auf über 1.400 Pfund je Tonne verdoppelt. Deloitte: Plastic Packaging Tax, https://www2.deloitte.com/uk/en/blog/consumer-business/2022/plastic-packaging-tax.html 

[2] Ellen MacArthur Foundation: The Global Commitment 2021 Progress Report, The Global Commitment (ellenmacarthurfoundation.org) 

[3] Scope 1: alle direkten Treibhausgasemissionen, die ein Unternehmen durch seinen Betrieb selbst verursacht; Scope 2: indirekte Treibhausgasemissionen durch den Verbrauch von eingekaufter Elektrizität, Hitze oder Dampf; Scope 3: andere indirekte Emissionen in der Lieferkette des Unternehmens und durch seine Kunden (die also dem eigenen Betrieb vor- oder nachgelagert sind).

[4] Production, use, and fate of all plastics ever made, Roland Geyer, Jenna R. Jambeck und Kara Lavender Law, ScienceAdvances2017.

[5] Die britische Steuer auf Plastikverpackungen trat am 1. April 2022 in Kraft. Frankreich will zu einem Führer in der Kreislaufwirtschaft werden. Ziel ist, bis 2025 das gesamte Plastik zu recyceln.

[6] KPMG: Plastic Tax – Reduce, Reuse, Recycle, Plastic Tax - KPMG Global (home.kpmg)

[7] Wissenschaftler haben ein Enzym entwickelt, das PET-Plastik durch Depolymerisation aufbricht. Es handelt sich um eine Hydrolase, die Plastikflaschen in wenigen Stunden auflöst. Das so aufgelöste Plastik, also die Monomere, können dann wieder in Polymere umgewandelt werden. Das recycelte PET hat die gleichen Eigenschaften wie neues petrochemisches PET, was letztlich zu einer zirkulären PET-Wirtschaft beiträgt. An engineered PET depolymerase to break down and recycle plastic bottles, Tournier, Topham, Gilles, David, Folgoas, Moya-Leclair, Kamionka et al., Nature, 2020.

[8] Weltweit wurde das Volumen des Bioplastikmarktes 2021 auf 10,2 Milliarden US-Dollar geschätzt. Man rechnet mit einem jährlichen Wachstum von 17,1% von 2022 bis 2030. Quelle: Bioplastics market size, share and trends analysis report by product, by application, by region and segment forecasts, 2022-2030, Grand View Research, 2021.



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