Iggo´s Insight: Neue Leichtigkeit im neuen Jahr

AXA Investment Managers | 20.12.2023 09:12 Uhr
Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers / © e-fundresearch.com / AXA Investment Managers
Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers / © e-fundresearch.com / AXA Investment Managers

Seit der letzten Sitzung der Fed rechnet man mehr denn je mit Zinssenkungen. Anleihen und Aktien legten daher ordentlich zu; das letzte Quartal des Jahres war hervorragend. Ich fürchte deshalb, dass ein Teil der für 2024 erwarteten Gewinne vorweggenommen wurde. Geldmarktanlagen schienen zuletzt weniger interessant, und wenn die Leitzinsen fallen, könnte noch mehr Geld in Aktien und Anleihen fließen. Renditen, Volatilität und Risikoprämien sind gesunken. Wird die Hausse anhalten oder holt uns die Realität ein?

Anleihenparty: Die Anleihenrenditen sind zuletzt gefallen. Diese Woche profitierten die Märkte davon, dass sich die Fed wohl zu einer lockereren Geldpolitik entschlossen hat. Am 13. Dezember ließ sie den Leitzins zwar unverändert, doch rechnen die Offenmarktausschussmitglieder jetzt mit einem Rückgang der Federal Funds Rate von 5,50 Prozent auf 4,6 Prozent im neuen Jahr. Damit ist die Medianprognose um 50 Basispunkte niedriger als nach der Offenmarktausschusssitzung vom 20. September. Ebenso wichtig waren die Äußerungen von Notenbankchef Powell auf der Pressekonferenz. Er bemühte sich kaum, die Zinssenkungserwartungen für 2024 zu zerstreuen. Stattdessen sagte er, dass das Zinsmaximum erreicht sei und man die Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen auf die Wirtschaft genau beobachten werde. Es war sogar die Rede davon, dass die Geldpolitik nicht zu lange zu restriktiv sein soll. Powell sprach als Taube, und die Märkte waren begeistert.

Kein Gegensteuern der Fed: „High for long“ war früher. Jetzt ist „High for not quite as long” angesagt. Am Markt erwartet man schon im März 2024 die erste Zinssenkung – und einen Rückgang der Federal Funds Rate auf fast 3,75 Prozent bis zum Jahresende, 175 Basispunkte weniger als heute. Wenn es auch nur ansatzweise so kommt, würde das Leitzinsmaximum acht bis neun Monate dauern. Das entspricht durchaus den Vergangenheitserfahrungen, liegt aber deutlich unter den 15 Monaten in den Jahren 2006 bis 2007. Sie waren der Grund für die vor einigen Monaten so beliebte Tafelberg-Metapher. Wenn die Markterwartungen stimmen, wird eine weiche Landung der US-Wirtschaft sehr viel wahrscheinlicher; die Inflation würde auf ihren Zielwert fallen und die Wirtschaft einer Rezession entgehen. Weil die Finanzbedingungen lockerer werden, fürchten manche eine Rückkehr der Inflation. Denkbar ist aber auch, dass das Wachstum zunimmt und das BIP 2024 real um 1,1 Prozent wächst – wie wir es in unserem Ausblick für 2024 prognostizieren.

Viel erreicht: Die Fed ist zuversichtlich, dass die Inflation weiter fällt. Sie verwies auf das niedrigere Wachstum und eine gewisse Entspannung am Arbeitsmarkt. Ab jetzt werden sich die Märkte begehrlich auf alle schwächeren Zahlen stürzen und dann mit noch früheren Zinssenkungen rechnen. Wahrscheinlich wird die Fed Hoffnungen auf eine zu frühe Lockerung zu zerstreuen suchen, aber die Katze ist aus dem Sack. Die Zinsen werden gesenkt, und die Geldpolitik wird wieder lockerer. Die Marktdynamik lässt sich nicht leicht ändern, was 2024 für Investoren nicht unbedingt einfacher macht. Schon jetzt ist am Anleihenmarkt viel von dem passiert, was ich erst für das nächste Jahr erwartet hatte.

Seit dem Höchststand der US-Zehnjahresrendite am 23. Oktober hat der amerikanische Staatsanleihenindex um fast 6 Prozent zugelegt. Mit britischen Staatsanleihen hat man sogar 7,4 Prozent verdient, mit europäischen ebenfalls 6 Prozent und internationale Investmentgrade-Credits legten um 7 Prozent zu. Solche Zahlen hatten wir für 2024 erwartet. Es ist erfreulich, dass Anleger Anleihen gekauft haben – 5 Prozent Rendite waren sicher ein guter Einstiegszeitpunkt. Bei Renditen unter 4 Prozent muss man aber seine Ertragserwartungen senken.

Lockerung, aber wieviel? Wahrscheinlich sind die Zinssenkungserwartungen des Marktes übertrieben – und noch wahrscheinlicher ist, dass die für eine weiche Landung der US-Wirtschaft nötigen Zinssenkungen schon in den Kursen berücksichtigt sind. Powell sagte, dass er die Realzinsen im Blick behalten werde und sie nicht zu stark steigen sollten. Zurzeit betragen die realen Kurzfristzinsen – wenn man ein simples Modell zugrunde legt – etwa 2,0 Prozent bis 2,5 Prozent. Sie lägen damit über dem für 2024 erwarteten Wirtschaftswachstum und auch über dem Durchschnitt der letzten 40 Jahre. Aber Durchschnittswerte können in die Irre führen. Vor der internationalen Finanzkrise betrugen die realen Kurzfristzinsen 2 Prozent bis 3 Prozent. Als dann die Rezession einsetzte fielen sie in Richtung null, und seit 2009 lagen sie meist darunter. Aber damit ist es jetzt wohl vorbei. Wenn die Fed möchte, dass die Federal Funds Rate real auf 1 Prozent bis 1,5 Prozent fällt, müsste sie sie bei den für 2024 erwarteten durchschnittlich 2,5 Prozent Inflation auf nominal 3,5 Prozent bis 4,0 Prozent senken. Die Markterwartungen für Ende 2024 sind nicht mehr weit davon entfernt. In einer Rezession könnte der reale Leitzins auf 2,0 Prozent fallen, aber das ist zurzeit nicht das Hauptszenario.

Es wird nicht einfacher: Wenn die Geldpolitik gelockert wird, werden die Zinsstrukturkurven meist steiler. Bei einer Federal Funds Rate von 3,5 Prozent bis 4,0 Prozent können die Langfristrenditen nicht mehr sehr viel weiter fallen, ohne dass die Zinsstrukturkurve invers wird. Eine Zehnjahresrendite zwischen 3,5 Prozent und 4,0 Prozent scheint daher nicht unrealistisch. Andere Anleihenmärkte reagieren auf andere Leitzinsen, aber im Grunde ist es hier ähnlich wie in den USA. Der Markt erwartet, dass die Europäische Zentralbank ihren Einlagenzins auf 2,5 Prozent senkt, ihn also 2024 um 150 Basispunkte zurücknimmt. Für Großbritannien wurden lange keine Zinssenkungen erwartet, doch rechnet man auch hier jetzt mit einem Rückgang um 80 bis 100 Basispunkte – und das trotz der recht scharfen Worte der Bank of England in dieser Woche. Überall geht man davon aus, dass die Notenbanken ihren Leitzins auf den langfristig neutralen Wert senken.

Neues Jahr, neuer Fokus: Entscheidend für die Anleihenerträge wird im neuen Jahr der Carry sein, also der laufende Ertrag. Wenn sich die Renditen ihrem neutralen Niveau nähern, werden Kursgewinne unwahrscheinlicher. Letzte Woche schrieb ich über die laufenden Erträge von Credits, die 2024 noch wichtiger werden dürften. Nicht jeder hat schon Anleihen gekauft. Viele Anleger hatten befürchtet, dass die Renditen noch über die Oktoberhochs steigen würden, was jetzt kurzfristig zu weiteren Käufen führen kann. Im neuen Jahr sollten Anleiheninvestoren von stabilen Kursen ausgehen und damit rechnen, dass die Langfristrenditen etwa in der Mitte der Spanne der letzten zwei Jahren liegen. Sie betrug 3,5 Prozent bis 4,0 Prozent in den USA, 1,5 Prozent bis 2,0 Prozent in Deutschland und 3,25 Prozent bis 3,75 Prozent in Großbritannien. Allerdings muss man reagieren, wenn sich die Lage ändert – etwa, weil eine höhere Inflation die Zinsen steigen lässt. Vielleicht fallen sie aber auch, weil – wie einer meiner Aktienkollegen meinte – die Fed vielleicht etwas (Schlimmes) weiß, von dem wir nichts ahnen.

Mehr Risiken eingehen? Für Aktien ist die Kehrtwende der Fed eine gute Nachricht. Niedrigere Anleihenrenditen sind gut für die Kurse, weil die Diskontfaktoren fallen und Aktien gegenüber Anleihen attraktiver werden. Weil eine weiche Landung wahrscheinlicher wird, können die Unternehmen dann wohl auch die Gewinnerwartungen leichter erfüllen. In unserem Konjunkturausblick für 2024 gehen wir von einer weichen Landung aus, wobei die Unternehmen aber noch immer mit einem geringeren nominalen Wachstum zurechtkommen müssen, was ihre Umsätze dämpft. Wenn die Fed die Geldpolitik aber lockert, verbessert sich der Ausblick, und auch die Refinanzierung des Fremdkapitals dürfte dann einfacher werden. Seit dem Höchststand im Oktober ist die Rendite fünf- bis siebenjähriger US-Unternehmensanleihen um 120 Basispunkte gefallen, auf ein Niveau ähnlich wie Ende 2022. Natürlich sind die Finanzierungskosten nach wie vor höher als in den zehn Jahren zuvor, aber sie sind zurückgegangen und könnten noch weiter fallen. Für Unternehmensanleihen bleibe ich daher optimistisch – und für High Yield erst recht. Die niedrigeren Zinsen sprechen auch für eine weniger negative Aktienmarkteinschätzung. Für 2023 hatte ich die Renaissance des 60/40-Portfolios ausgerufen, und auch 2024 dürfte ein ausgewogenes Verhältnis von Anleihen zu Aktien interessant sein.

Schöne Feiertage und erfolgreiche Investments im neuen Jahr! Das sind meine letzten Marktperspektiven im alten Jahr. Ich verabschiede mich in den wohlverdienten Weihnachtsurlaub mit meiner Familie. Es fällt mir nicht schwer, 2023 Lebewohl zu sagen. Die Märkte waren schwierig, die Investmentbranche hatte es nicht leicht und die Manchester United spielte fürchterlich. Ich bin mir nicht sicher, ob es beim Fußball im neuen Jahr Fortschritte gibt. Aber zurück zum Geschäft: Britische Assetmanager müssen 2024 Investmentprodukte anbieten, die den Sustainable Disclosure Requirements (SDR) genügen. Für uns ist das eine neue Chance, Investoren zu nachhaltigeren Anlagen zu bewegen. Wenn die Konjunktur Fortschritte macht und sich die Renditen stabilisieren, könnte mehr in grüne Technologien investiert werden, sodass die Welt, wie auf der COP28-Konferenz in Aussicht gestellt, unabhängiger von fossiler Energie wird. Aber da hat auch die Politik ein gehöriges Wort mitzureden. Im Moment rechne ich eher nicht damit, dass sich bei den vielen Wahlen im neuen Jahr echten Befürworter der Energiewende durchsetzen. Aber die Kapitalströme sind stets im Fluss, und grüne Technologien werden billiger und skalierbarer. Die Welt sollte weiter auf die Energiewende setzen. Ich rechne damit, dass sie 2024 ein wichtiges Thema bleiben wird, für Politiker und Anleger gleichermaßen.

Von Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers

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