- Euroraum: Die absehbare Sparpolitik der Länder dürfte die EZB zu einer entschlosseneren Geldpolitik ermutigen.
- Großbritannien: Ein gutes Beispiel für eine Zusammenarbeit zwischen Regierung und Zentralbank
- China: Maßnahmen zur Sicherung der finanziellen Stabilität dienen nicht unbedingt dem Wachstum
Obgleich weitgehende Einigkeit darüber herrscht, dass die Fed im September zu forsch war, sind die Prognosen der Märkte und die der Zentralbank jetzt nahezu identisch. Aus unserer Sicht sollte man solchen Prognosen auf keinen Fall zu viel Bedeutung beimessen. Niemand weiß, welche Auswirkungen die bevorstehenden Wahlen in den USA auf die Inflation haben werden. Im Euroraum bestehen keine derartigen Unsicherheiten. Natürlich gibt es auch hier politische Spannungen, aber zumindest steht fest, welche Richtung die Fiskalpolitik im nächsten Jahr einschlagen wird: Auf Grundlage der Regierungspläne belaufen sich die Sparpläne der drei größten Volkswirtschaften auf 0,9% des Euroraum-BIP. Das darf die EZB nicht ignorieren. Die Prognosen, wie stark sich die Geld- und Fiskalpolitik auf das BIP auswirken werden, sind uneinheitlich, aber fast alle gehen davon aus, dass die Sparmaßnahmen die schon jetzt magere Binnennachfrage belasten werden. Auch deshalb dürfte die EZB unserer Meinung nach jetzt von ihrem Plan abrücken, „von Sitzung zu Sitzung“ zu entscheiden, dem sie letzte Woche noch gefolgt ist. Die Tatsache, dass sich der EZB-Rat einstimmig für zwei aufeinander folgende Zinssenkungen entschieden hat, die noch vor wenigen Wochen sehr umstritten gewesen wären, ist ein gutes Zeichen. Aber auch wenn sich die geldpolitischen Entscheider weiterhin ein Stück weit an Daten orientieren werden, besteht jetzt genug Klarheit darüber, mit welchen internen Wachstumsrisiken die Region konfrontiert ist, um einen aktiveren Ansatz zu rechtfertigen.
Nächste Woche wird der Schatzkanzler in London sein Budget für 2025 vorstellen. Wir halten Großbritannien für ein sehr gutes Beispiel für eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Zentralbank und Regierung. Hier steht ein vorausschauende Haushaltsanpassung bevor.
Zu den Wachstumsprogrammen in China werden wir uns erst dann eine Meinung bilden, wenn genauere Informationen vorliegen. Wir weisen aber darauf hin, dass die Märkte schon auf die schiere Ankündigung einer deutlichen Steigerung der Staatsanleihenemissionen in der Regel sehr positiv reagieren. Wenn ein großer Teil davon für einen „Swap“ mit Lokalwährungsanleihen mit Immobilienbezug genutzt wird, könnte dies zwar der finanziellen Stabilität dienen, aber vielleicht nur sehr begrenzte Auswirkungen auf die Konjunktur haben.
Von Gilles Moëc, Chief Economist und Head of Research, AXA IM