- Die „rote Welle“ in den USA würde es Trump erleichtern, seine Pläne schnell umzusetzen, aber man sollte die Macht der Institutionen nicht vergessen.
- Die EZB wird die nicht ganz perfekte kurzfristige Inflationsentwicklung ignorieren müssen, um das Vertrauen zu stärken.
- Die Hoffnungen auf eine Lockerung der Fiskalpolitik in Deutschland scheinen uns übertrieben.
Offenbar ist den Republikanern bei den US-Wahlen eine rote Welle gelungen, sodass sie sowohl das Weiße Haus gewonnen haben als auch in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit halten. Außerdem kann die neue Regierung auf einen ihr zugewandten Obersten Gerichtshof setzen. Dies dürfte dem gewählten Präsidenten eine rasche Umsetzung seiner Pläne ermöglichen. Zwischen seiner Amtseinführung und den Zwischenwahlen liegen 22 Monate, also viel Zeit, um viel zu bewegen. Dennoch könnte er bei seiner Lockerung der Fiskalpolitik auf Hindernisse stoßen: Mit einer Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses ist es zwar einfacher, einen Haushalt zu verabschieden – allerdings nur, wenn sich alle einig sind. Und ob es ihm gelingen wird, in diesem komplexen Prozess alle Mitglieder der republikanischen Fraktionen auf seiner Seite zu halten, ist nicht sicher. Deshalb könnte sich Donald Trump auf Bereiche konzentrieren, in denen er mehr persönlichen Spielraum hat und Anordnungen per Präsidialdekret erteilen kann: Immigration und Zölle. Die Märkte haben auf seinen Sieg reagiert. Die Inflations-, aber auch die Wachstumserwartungen sind gestiegen. Wenn er das staatliche Füllhorn erst nach den möglicherweise wachstumsmindernden Entscheidungen zu Immigrations- und Handelspolitik öffnet, könnte sich diese Wahrnehmung ändern. Dann könnte der Markt das Korrektiv der neuen politischen Richtung werden.
Die Reaktion der Fed wird zweifellos ein wichtiger Faktor für eine mögliche Änderung der Marktmeinung zu Trump 2.0 sein. Jerome Powell hat sich letzte Woche nicht in die Karten schauen lassen. Die Fed hat zwar ihren Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt, aber auf jegliche Prognose verzichtet. Selbst zur Dezembersitzung gab es keinerlei Hinweise. Wir gehen davon aus, dass nächsten Monat eine weitere Senkung um 25 Basispunkte erfolgen wird, sind aber auch der Ansicht, dass die Fed im März bei 4,25% eine Pause einlegen wird. Dann wäre der Leitzins 50 Basispunkte höher als der von den Marktteilnehmern zurzeit erwartete Maximalzins.
Der Euroraum befindet sich in einer schwierigen Lage, und die letzte Woche in China verkündeten enttäuschenden Konjunkturprogramme sind auch nicht dazu geeignet, das Vertrauen der europäischen Exporteure zu stärken. Aus unserer Sicht wird die EZB ihre Geldpolitik ungeachtet der nicht ganz perfekten kurzfristigen Inflationsaussichten deutlicher lockern müssen.
Einen Moment lang haben die Markteilnehmer geglaubt, dass die politische Krise in Deutschland zu höheren Staatsausgaben führen kann. Wir halten dies aber für alles andere als sicher – und für einen langen Prozess. In Großbritannien hatte die Spendierfreude des Staates dagegen bereits Auswirkungen auf die geldpolitischen Pläne der Zentralbank.