- Die guten Daten der letzten Woche verschafften dem Anleihenmarkt eine Atempause.
- Wir haben uns die Analyse von Michael Pettis genauer angesehen. Er betrachtet Handelszölle als Instrument zur Wiederherstellung einer ausgeglichenen Leistungsbilanz.
- Außerdem haben wir uns mit dem Vorschlag von Setser und Tortoir befasst, die ein energischeres Vorgehen im Wettbewerb mit China propagieren.
Die in der letzten Woche erschienenen Daten haben dem internationalen Anleihenmarkt eine Atempause verschafft.
Weil die US-Kerninflation im Dezember stärker zurückgegangen ist als erwartet, kam der scheinbar unaufhaltsame Anstieg der Renditen 10-Jähriger Treasuries in Richtung der 5%-Marke zum Stillstand. Und in Großbritannien dürfte die Bank of England nach besseren Inflationsdaten und einem erneut nur schwachen BIP-Wachstum jetzt mehr Spielraum haben, ihren Leitzins in diesem Jahr deutlicher zu senken, wobei die Renditen langlaufender Anleihen stärker streuen dürften.
Die Entwicklung in Großbritannien passt zu unserem Basisszenario. Von einem weiteren starken Rückgang der US-Inflation sind wir aber noch nicht überzeugt. Wo die Widerstandslinie liegt, werden wir erst dann einschätzen können, wenn feststeht, was die neue US-Administration jetzt vorhat.
In diesem günstigeren Marktumfeld und kurz vor der Amtseinführung des 47. Präsidenten der USA, haben wir uns Gedanken über die scheinbar unlösbaren gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen gemacht, die die Weltwirtschaft aus unserer Sicht mittelfristig bestimmen wird.
Als erstes haben wir uns mit der spannenden Analyse von Michael Pettis befasst. Er hält einseitige Zölle der USA für ein mögliches Instrument zum Abbau des Leistungsbilanzdefizits – mit der logischen Folge, dass Regionen und Länder mit extrem hohen Leistungsbilanzüberschüssen wie Europa und China keine Gegenmaßnahmen treffen sollten.
Damit hat Pettis aus unserer Sicht durchaus recht, wir meinen aber, dass er die negativen langfristigen Auswirkungen von Zöllen – auch für die USA – nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Allerdings sind wir wie er der Meinung, dass Gegenmaßnahmen für Länder und Regionen, die unter einer schwachen Nachfrage leiden, zwar kurzfristig verlockend, aber nicht optimal sind.
Zwischen zwei Ländern mit Leistungsbilanzüberschüssen ist das anders. Wir analysieren eine These von Setser und Tortoir. Sie meinen, dass Deutschland entschlossener gegen den Wettbewerb aus China vorgehen sollten.
Vorsichtshalber schlagen sie dazu Lösungen vor, die mit den Regeln der WHO vereinbar wären.
Vor dem Hintergrund der Wahlen in Deutschland im Februar halten wir das für eine interessante Idee.
Von Gilles Moëc, Chief Economist und Head of Research, AXA IM