Deutschland vor der Wahl: Wird jetzt alles anders?

AXA Investment Managers | 20.02.2025 07:42 Uhr
François Cabau, Senior Economist bei AXA Investment Managers / © e-fundresearch.com / AXA Investment Managers
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Alles in allem gibt es vier Möglichkeiten zur Reform der Haushaltspolitik, die sich nicht gegenseitig ausschließen. Am Ende werden die Ergebnisse davon abhängen, ob politische und technische Einigungen möglich sind und man zu raschen Ausgaben bereit ist. Wie auch immer, Deutschlands Staatsfinanzen müssen den Maastricht-Kriterien entsprechen, sodass die Schuldenstandsquote in Richtung 60% fallen muss. 2023 betrug sie 62,9%.

Eine schnelle Lösung könnte sein, wieder einmal einen Extrahaushalt zu nutzen – wie das 100 Milliarden Euro schwere Bundeswehr-Sondervermögen (2021 bis 2027) oder den Wirtschaftsstabilisierungsfonds in der Coronazeit (zuletzt noch 250 Milliarden Euro). Deutschland hatte unzählige Fonds dieser Art. 2023 entfielen auf sie bis zu 36% der gesamten Bundesausgaben. Es bleibt aber eine wichtige Einschränkung: Wie das Verfassungsgerichtsurteil von November 2023 zeigt, kann man solche Fonds nur schwer umwidmen.

Eine andere Möglichkeit ist, wieder einmal die Ausnahme von der Schuldenbremse geltend zu machen. Dazu reicht die einfache Bundestagsmehrheit. Zurzeit sind Ausnahmen bei Natur­katastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notfällen möglich, auf die der Staat keinen Einfluss hat. Wir wissen aber nicht, was passiert, wenn Karlsruhe angerufen wird. Man könnte aber auch die Ausnahmeregelungen umformulieren, lockerer definieren und beispielsweise Ausnahmen zulassen, wenn sich die fünf Wirtschaftsweisen1 dafür aussprechen.

Möglich sind auch technische Anpassungen der Schuldenbremse, wie von manchen Parteien angeregt. Man könnte etwa den Konjunkturzyklus besser messen oder eine längere Anpassungsphase zulassen, bevor man dann – vielleicht unter bestimmten Bedingungen – zur ursprünglichen Schuldenbremse zurückkehrt. Die EU-Haushaltsregeln ermöglichen Abweichungen für bis zu sieben Jahre. Man könnte auch ein an Bedingungen geknüpftes höheres Defizit zulassen. So hat der Sachverständigenrat vorgeschlagen, dass das konjunkturbereinigte Defizit bei einer Schuldenstandsquote unter 60% des BIP 1% und bei einer Schuldenstandsquote von 60% bis 90% 0,5% betragen könnte.

Schließlich berichtete die Financial Times im Dezember, dass die EU-Länder über einen 500 Milliarden Euro schweren gemeinsamen Verteidigungs- und Rüstungsfonds nachdächten.2 Am 4. Februar hieß es dann, dass Brüssel auch zu einer flexibleren Handhabung der EU-Haushaltsregeln bereit sei, um höhere Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. Dann könnte die EU einen Teil der zusätzlichen Ausgaben übernehmen, entweder durch überstaatliche Einrichtungen (z.B. den Europäischen Stabilitätsmechanismus) oder durch gemeinsame Euro-Anleihen. Das wäre dann NextGenerationEU 2.0. Da NextGenerationEU 1.0 noch bis Ende 2026 läuft und in Europa zurzeit ein gewisses politisches Vakuum herrscht, halten wir die erste Möglichkeit kurzfristig für realistischer. Damit Deutschland sie akzeptiert, dürften die Finanzierungskosten aber nicht über dem liegen, was das Land zurzeit zahlt. Aber auch hier könnte am Ende Karlsruhe das letzte Wort haben.

Von François Cabau, Senior Economist bei AXA Investment Managers

1 Offiziell: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung; das akademische Gremium soll unparteiisch die wirtschaftliche Lage beurteilen und Politik und Öffentlichkeit beraten, damit sie informierte Entscheidungen treffen können.

2 P. Tamma, H. Foy, E. Varvitsioti & J. P. Rathnone: Europe races to set up €500bn Defence Fund, Financial Times, 5. Dezember 2024.

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