- Die Unsicherheit wird auch nach der für den 2. April erwarteten Bekanntgabe der US-Zollplanung anhalten. Wir untersuchen, welche „Kosten“ den USA infolge der Auswirkungen dieser Unsicherheit auf Unternehmensinvestitionen und Verbrauchervertrauen entstehen. Unsicherheit belastet auch die Fed. Seiner neusten Prognose zufolge ist der Offenmarktausschuss sehr besorgt, dass die Inflation steigen und das Wachstum stagnieren könnte.
- In Europa sind Handelsprobleme nur einer von mehreren Unsicherheitsfaktoren. Die jüngsten inländischen Entwicklungen lassen hoffen, aber zunächst steht die Zollerhöhung im Mittelpunkt, während sich die positiven Auswirkungen der staatlichen Ausgabenpolitik erst in Zukunft entfalten werden.
Am 2. April werden die USA vermutlich ihre umfassenden Zollpläne bekanntgeben, aber laut Scott Bessent sind sie nur der Einstieg für Verhandlungen: Die Handelsbedingungen werden also monatelang unsicher bleiben. Das wird Folgen für das Wachstum sowohl jener Länder haben, die höhere Zölle zahlen müssen, als auch für das der USA. Nach Schätzungen auf Grundlage der Jahre 2018/2019 könnten die Investitionen der US-Unternehmen schon allein wegen der Unsicherheit um 2% bis 4% zurückgehen. Für die Verbraucherseite bestätigt unser ökonometrisches Modell, dass die Amerikaner zurückhaltender sein werden, als es die tatsächliche Wirtschaftslage vermuten lässt. Das war schon unter Biden der Fall und gilt auch jetzt. Wir halten die konstanten Nachrichtensalven zu Zöllen für wenig hilfreich. Die Stimmung ist wichtig: Auch wenn die „harten“ Zahlen im Rahmen bleiben, hat das Verbrauchervertrauen messbare Auswirkungen auf die Ausgaben. Derzeit sieht es nicht so aus, als würde dies allein die USA in eine Rezession treiben, aber angesichts der niedrigeren Aktienkursen und der Verschiebung von Investitionen, könnte der von uns eigentlich erst für das Jahr 2026 erwartete Konjunktureinbruch in den USA schon früher erfolgen.
Auch auf der Sitzung des Offenmarktausschusses letzte Woche, war den Mitgliedern das Thema Unsicherheit sehr präsent. Die Märkte nahmen vor allem einige milden Töne in den Äußerungen von Jerome Powell wahr. Aber bei genauerem Hinsehen stellt man aber fest, dass die Zentralbank zwar noch nicht von einer Stagflation ausgehen mag, aber die Wachstumsrisiken und – vermutlich vor allem – die Inflationsrisiken im Rahmen ihres vorerst noch immer günstigen Basisszenarios sehr ernst nimmt.
Für Europa ist die Handelsunsicherheit nur einer von mehreren Unsicherheitsfaktoren. Schließlich ist die allgemeine wirtschaftspolitische Unsicherheit in Deutschland und Frankreich schon vor dem Handelskrieg 2.0 gestiegen und hatte vor allem inländische Ursachen. Der erfolgreiche finanzpolitische Kurswechsel für die nächsten zehn Jahre durch die neue Regierung in Deutschland und die wieder stabilere politische Führung in Frankreich in einer Zeit, in der es vor allem um Verteidigung und Außenpolitik geht, könnten die externen Probleme ein Stück weit ausgleichen. Was bleibt ist die problematische Reihenfolge. Zurzeit stehen die Zölle und ihre Folgen im Mittelpunkt, während sich die positiven Auswirkungen der Verteidigungsausgaben erst in der Zukunft entfalten werden.
Von Gilles Moëc, Chief Economist und Head of Research, AXA IM