- Gerüchte über die Nachfolge von Jerome Powell sorgen weitere US-Dollar-Abwertung. Da das allgemeine Unbehagen ausländischer Anleger gegenüber US-Anlagen anhält, wird die Frage, wer die neuen Käufer von Staatsanleihen sein werden, immer dringlicher. Zuletzt waren es vor allem private US-Haushalte. Regulierungsänderungen könnten US-Banken zu vermehrten Treasury-Käufen veranlassen, aber eine langfristige Lösung ist das vermutlich nicht.
Trotz der klaren Aussage von Jerome Powell, dass der Offenmarktausschuss keine präventiven Zinssenkungen plant, erwarten die Marktteilnehmer jetzt niedrigere US-Leitzinsen – wahrscheinlich in Reaktion auf Donald Trumps Kommentare zur Zentralbankpolitik. Eine Ernennung des Nachfolgers von Powell lange vor dem Ende von dessen Amtszeit — wodurch das viel diskutierte Szenario einer „Schatten-Fed“ einträte – könnte der Anfang einer langen volatilen Phase sein. Abgesehen davon, dass dann in den kommenden Monaten widersprüchliche Signale gesendet würden, spräche sich der Offenmarktausschuss wohl mehrheitlich gegen eine Senkung der Zinsen in den expansiven Bereich aus, solange die Daten dies nicht eindeutig gebieten – vorausgesetzt, dies wäre die Wahl des von Trumps ernannten Nachfolgers. Manchmal werden Notenbankchefs überstimmt. Bei der Bank of England (BoE) war das der Fall. Aber die Fed ist nicht die BoE. Angesichts der Geschichte der Fed würde so etwas ihre Glaubwürdigkeit erschüttern.
Noch ist dies alles Spekulation, aber die Gerüchte haben schon jetzt Folgen für den US-Dollar: Er wertet weiter ab. Die erwartete Zinsdifferenz zu Europa verkleinert sich jetzt schneller, was das allgemeine Unbehagen europäischer Anleger gegenüber der US-Währung verstärkt. Ausgelöst wurde es durch die Aussichten für die US-Staatsfinanzen und die Gefährdung der Unabhängigkeit der Fed. Je näher die Abstimmung über das „große schöne Haushaltsgesetz“ im Senat rückt, desto drängender werden die Fragen zur Finanzierung des US-Defizits. Die meisten Marktkommentare drehen sich um die jüngsten Anzeichen einer Flucht ausländischer Gläubiger aus US-Treasuries, aber tatsächlich geht ihr Anteil schon seit zehn Jahren kontinuierlich zurück: Ihren Platz haben inländische Anleger eingenommen. In den letzten etwa drei Jahren ist ihr Anteil eindeutig gestiegen. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, müssten vermutlich die Sparquoten der privaten US-Haushalte steigen, was bislang illusorisch war. Jetzt könnten US-Banken verstärkt in den Markt eintreten. Die Umsetzung eines Vorschlags der US-Aufsichtsbehörde in der letzten Woche würde ihnen erheblichen Spielraum verschaffen, mehr Treasuries zu kaufen. Kurzfristig würde dies für Erleichterung sorgen, aber selbst wenn Regulierungsänderungen US-Banken einen „Schubs“ in diese Richtung gäben, wäre es fraglich, ob der Plan aufgeht. Schließlich haben sie bereits in den letzten 15 Jahren ihre Treasury-Anlagen erhöht. Und neben dem technischen Umfeld könnte es auch fundamentale Gründe geben, dass diese Ansatz bald an seine Grenzen stieße.
Von Gilles Moëc, Chief Economist und Head of Research, AXA IM