Erst Schritt für Schritt bzw. Teil für Teil wird der Blick klarer. Naisbitt hat auch gemeint: „Der zuverlässigste Weg in die Zukunft zu sehen ist das Verstehen der Gegenwart.“ Geldanleger – und nicht nur diese – wissen, dass die Glaskugel, mit der man die Zukunft sieht, nicht existiert. Ein Trugschluss wäre es, über die Zukunft zu philosophieren, wenn man noch gar nicht verstanden hat, was in der Gegenwart passiert. Man kann nicht den zweiten Schritt vor dem Ersten setzen. „Zusammenhänge“ lautet daher das Motto dieses Fondsjournals. An Hand einiger Beispiele wollen wir Ihnen transparent machen, was wir täglich tun. Informationen aufnehmen, daraus ein eigenes Weltbild bauen, Zusammenhänge herstellen und damit eine Zukunftsprognose und Positionierung am Markt wagen.
Wer „A“ sagt…
Viele Anleger erkennen die Kausalkette richtig. Gehe ich von höheren Inflationsraten aus, muss ich das in meiner Depotzusammenstellung berücksichtigen. Steigen die Strompreise, wird es Unternehmen wie den
österreichischen Verbund geben, die davon profitieren. Nestlé, Johnson&Johnson, Siemens, Novartis, Microsoft und viele mehr werden wohl auch in zehn Jahren noch gute Geschäfte machen. Aber wie wird in zehn Jahren die Verschuldungslage so mancher Staaten aussehen? Alles logisch und soweit klar, aber…
… sollte auch „B“ sagen!
Dennoch fehlt oft der Mut diese Erkenntnisse in Taten umzusetzen. Die Angst in der Geldanlage einen Fehler zu machen führt oft dazu, eben gar nichts zu tun. Wer nichts tut macht zwar keine Fehler, wird aber oft rückwirkend erkennen, dass gerade das „Nichts-Tun“ ein Fehler war. André Kostolany hat seinerzeit überzeichnet festgehalten: „In 51 % der Fälle liege ich richtig, in 49 % der Fälle liege ich falsch. Und von den 2 % lebe ich.“ Er wollte uns damit sagen: Nicht jede einzelne Positionierung im Depot wird erfolgreich sein, aber entscheidend ist was unter dem Strich herauskommt.
Information und Meinung
Informationen aus den verschiedenen Medien sind selten Meinungen. Und Meinungen sind selten Informationen, sondern reine Interessensvertretungen. Es wird somit unumgänglich, sich ein eigenes Weltbild zu konstruieren. Einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit:
- Noch im Jänner dieses Jahres war die öffentliche Inflationsprognose für Österreich bei 1,8 %. Im Mai liegen wir nun bei über 3 %. In den vergangenen Tagen war zu lesen, dass die Notenbanker nun davon ausgehen, dass diese höhere Inflation nur eine temporäre Erscheinung darstellt und 2012 wieder verschwinden würde. Wir wären uns da nicht so sicher…
- Immer wieder ist von raschen Zinserhöhungen der europäischen Zentralbank die Rede, um höhere Inflationsraten zu bekämpfen. Wir wären uns da nicht so sicher. Einerseits kann man die Logik hinterfragen: „Was ändert das europäische Zinsniveau daran, dass in China die Löhne steigen müssen, die chinesische Währung aufwerten muss und damit viele Importprodukte teurer werden?“ Andererseits wird man auch auf die schwachen Volkswirtschaften in Südeuropa Rücksicht nehmen müssen. Ein neuerlicher wirtschaftlicher Rückfall würde die Staaten massiv überfordern. Demgegenüber wäre eine etwas höhere Inflation ein vergleichbar geringeres Problem.
Immer wieder ist zu lesen, dass die USA das „Gelddrucken“ – in der Fachsprache Quantitative Easing oder QE2 – im kommenden Monat einstellen werden. Wir wären uns da nicht so sicher. Einerseits weil wir die amerikanischen Zahlen analysieren und dabei in Bezug auf die Erholung des Arbeitsmarktes und der Stabilisierung der Häuserpreise keine unmittelbar nachhaltig positive Entwicklung ableiten können. Und andererseits: Amerika hat in den kommenden beiden Jahren hohe Summen an Staatsanleihen zu refinanzieren. Wer wird diese Anleihen kaufen? Die Chinesen wollen nicht mehr. Die Japaner können nicht mehr. Europa hat genug mit sich selber zu tun. Und jetzt soll auch die eigene Notenbank FED nicht mehr kaufen? Würde das ernsthaft umgesetzt werden, hätten wir sprunghaft höhere US-Zinsen, die derzeit keiner brauchen und vertragen kann. Unterschätzen Sie nicht die Kreativität der Amerikaner in diesen Dingen. Das neue Programm muss ja nicht unbedingt QE3 heißen… - Immer wieder ist zu lesen, dass, wenn es keine Spekulanten gäbe, vieles gelöst wäre. Wir wären uns da nicht so sicher. Spekulanten verstärken Trends und erhöhen die Schwankung, aber Spekulationen verursachen keine Trends. Betrachtet man eine mehrjährige Entwicklung, so ist die Korrektur vieler Rohstoffmärkte in den vergangenen Wochen etwas völlig normales. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung, der sich ändernden Lebensstandards in den Emerging-Markets, der unbestreitbar klimatischen Herausforderungen, usw., denken wir, dass diese Nachfragetrends struktureller Natur sind. Griechenland hätte ohne Spekulanten nicht weniger Schulden und die Welt hätte nicht mehr Rohstoffe oder Nahrungsmittel.
Obwohl wir täglich Informationen sammeln und damit hoffentlich mehr Wissen generieren, hat sich unser Weltbild in den durchaus turbulenten Entwicklungen der letzten Wochen nicht verändert. In der globalen Staatsschuldendiskussion sehen wir keinen Fortschritt. Diversifikation bleibt oberstes Gebot. In soliden Unternehmensanleihen, Sachwerten und Value-Aktien fühlen wir uns wohl.