Der Konjunkturcrash kommt nicht, der „Systemcrash“ auch nicht
Die europäische Wirtschaft wird sich abschwächen und rezessive Tendenzen zeigen. In Italien, Spanien & Co kann die Rezession auch sehr schmerzvoll sein. China wird seine hohen Wachstumsraten nicht halten können, jedoch monetär dagegen steuern; die USA werden ein geringes Wachstum aufweisen, sind aber weit von ihrer historischen Dynamik entfernt. Aber: Nichts davon ist vergleichbar mit dem Konjunkturcrash 2008/2009 nach der Pleite von Lehman- Brothers. Der negative Überraschungseffekt fällt diesmal völlig weg. Im Gegenteil: Die Unternehmen sind so gut wie kaum zuvor auf eine Abschwächung vorbereitet, die Resourcen sind angepasst und die Finanzierungen vergleichsweise gut strukturiert. JA – das konjunkturelle Umfeld bleibt herausfordernd, wohl über Jahre hinweg. NEIN – jene Propheten, die 2012 den Crash der Weltkonjunktur oder gleich des ganzen Finanzsystems sehen, werden nicht Recht bekommen.
Leitplanke 2
Die Strategie der Notenbank und der Politik: Zeitgewinn
Zeit gewinnen oder salopp formuliert „Durchwurschteln“ wird die zentrale Strategie 2012 von Notenbanken und Politik sein – analog zu 2011. Es gibt nicht „DIE“ perfekte Lösung und „DEN“ optimalen Befreiungsschlag. Fehlentwicklungen, die sich über ein Jahrzehnt aufgebaut haben, werden wohl ein Jahrzehnt brauchen, um bereinigt zu werden. Wichtig ist, Länder wie Italien & Co liquide zu halten, um die anstehenden Refinanzierungen zu managen. In den USA und in Europa werden weitere eigene Staatsanleihenkäufe nötig sein – vielleicht sogar auf breiter Front. EZB, IWF, Stabilitätsfonds, wer als der offizielle Käufer auftritt ist letzten Endes egal. „Fiskalunion“ wird wohl das Wort des Jahres 2012 und zentrales Thema der innenpolitischen Diskussion in vielen Ländern. Aber: Es wird ein gewisser Gewöhnungseffekt eintreten. Nicht jeder politische Gipfel wird noch mit Spannung erwartet und verfolgt werden und Renditen von beispielsweise 6 % für einzelne Länder werden nicht mehr als „hoch“ sondern als „neuer Normalzustand“ bewertet werden.
Leitplanke 3
Die Realverzinsung bleibt weiter negativ
Leitzins minus Inflation wird auch 2012 eine negative Zahl sein. Dies ist auch eine Konsequenz aus Leitplanke 2. Die EZB-Zinsen werden nicht über 1 %, die US-Zinsen weiterhin nahe Null liegen. Das Studium der Finanzgeschichte lehrt uns klar, dass eine erheblich negative Realverzinsung über eine längere Periode hinweg unabdingbar ist, um die hohe Staatsverschuldung zu reduzieren. Darum werden auch alle Anstrengungen unternommen, um Banken und Finanzinstitutionen liquide zu halten. Letztendlich auch deshalb, weil diese weiterhin Staatsanleihen kaufen sollen. Basiseffekte und eine schwächere Wirtschaft halten die Inflation 2012 im Zaum. Die mittelfristigen Risiken bleiben aber erheblich. Lassen Sie sich von der dann einsetzenden öffentlichen Diskussion wer an der Inflation schuld ist, nicht ablenken. Eine negative Realverzinsung ist Teil der finanzpolitischen Strategie. Realer Werterhalt bleibt die zentrale Herausforderung in der Geldanlage.
EZB-Zinsen minus Inflationsrate Eurozone: Ergebnis bleibt negativ
Leitplanke 4
Bei Staatsanleihen noch zuwarten. Aber die Investmentchance kommt
Wir haben durch rechtzeitiges Reagieren 2011 viele Turbulenzen bei Staatsanleihen von der Seitenlinie aus beobachtet, aber es wird im Jahresverlauf 2012 der Zeitpunkt kommen, an die Märkte zurückzukehren. Aktuell ist der Neubewertungsprozess noch voll im Gang, aber die Nebel werden sich lichten. Manches Land wird enttäuschen, andere werden aber Vertrauen zurückgewinnen und glaubwürdige Zukunftskonzepte vorlegen. Dies zu analysieren ist eine zentrale Herausforderung 2012. Bei Renditen von 5 %, 6 % oder mehr für mittlere Laufzeiten sollten sich rationelle Investoren mit der Möglichkeit einer Anlage beschäftigen. Den Begriff „risikolos“ nehmen wir aber auf Jahre hinweg nicht mehr in den Mund. Auch Staatsanleihen werden - wie jedes andere Investment - bewertet durch Abwägung von Risiken zu Chancen.
10-Jahres-Renditen von Staatsanleihen
Entwicklung 10-jähriger Staatsanleihen
Leitplanke 5
Unternehmensanleihen bilden weiterhin die Basis im Zinsbereich
Solide Unternehmensanleihen mit mittleren Restlaufzeiten bleiben auch im neuen Jahr unser bevorzugtes Veranlagungsinstrument im festverzinsten Bereich. Die Lernkurve der Unternehmen aus 2008/2009 ist überzeugend. Die Qualität der Bilanzen ist in der Regel gut. Die Strukturierung der Verschuldung hat sich verbessert. Das aktuelle Renditeniveau von etwa 4 % ist daher eine realistische Ertragserwartung für 2012. Bitte beachten: Breiteste Streuung ist in diesem Segment oberstes Gebot.
3 Banken Unternehmensanleihen-Fonds – Entwicklung seit Gründung
Leitplanke 6
Gold – wir bleiben dem edlen Metall treu
Seit mittlerweile vielen Jahren bezeichnen wir Gold als attraktiven und wichtigen Bestandteil der Geldanlage. Daran ändert sich auch im Jahr 2012 nichts, auch wenn wir derzeit in unseren Managementkonzepten nur die Hälfte der möglichen Gewichtungsgrenzen ausnützen. Viele Probleme im Geldsystem sind aber noch ungelöst. Mag sein, dass vorerst eine Beruhigung eintritt und Gold temporär etwas an Glanz verliert. Der nächste „Fieberschub“ kann aber rasch kommen – aus welcher Richtung auch immer. Wir werden uns auch bei Gold an eine höhere Volatilität gewöhnen müssen. Als eine Art „Versicherung“ und als Währung bleibt Gold aber weiterhin ein wichtiger Depotbaustein.
Entwicklung Gold in Euro
Leitplanke 7
Rohstoffe – nicht die volle Portion
Da wir Investments mit Sachwerte-Charakter und Inflationsschutz bevorzugen, bleiben auch Rohstoffe ein wichtiger Teil der Geldanlage. Wir gehen hier aber defensiv ins neue Jahr und nehmen noch nicht die vollen Gewichtungen ein. Wir wollen zuerst abwägen, wie sich eine mögliche Abschwächung von China auswirkt und wie stark die Preise vieler Einzelrohstoffe von „billigem Geld“ geprägt sind. Wir sind deshalb auch bereit, den Schalter rasch um zulegen. Die Grundstory bleibt schlüssig. Vor allem beim Ölpreis sprechen einige Argumente für steigende Notierungen.
Entwicklung Agrar-Rohstoffe und Rohstoffe in Euro
Leitplanke 8
Aktien – wir kaufen Eigentum und nicht Schulden
Viele logische Argumente sprechen für Aktien, auch wenn zuletzt oft die allgemeine Risikoaversion all diese Argument verdeckte. Wenn wir eine „Schuldenkrise“ haben, was wohl unstrittig ist, dann macht eine Beteiligung an Eigentum und Substanz Sinn. In welcher Gewichtung auch immer, Aktien sind 2012 ein wesentlicher Bestandteil der Geldanlage. Unsere Überzeugungen schreiben wir ins neue Jahr fort. Banken oder Zykliker mögen für temporäre Tradings Sinn machen, als strategische Investments reizen sie uns nicht. Wir bleiben bei Sachwerten und Substanzaktien. Wir schätzen langjährig erprobte Geschäftsmodelle und vermeiden Experimente. Wir vertrauen auf Basistrends in Bereichen wie Basiskonsum, Nahrung, Energie oder Gesundheit. Und wir denken, dass österreichische Aktien 2012 deutliche Comeback-Chancen haben; die Rückgänge 2011 waren zu einem wesentlich Teil hausgemacht, die Underperformance zu vergleichbaren Ländern ging klar zu weit.
Entwicklung Aktien-Weltindex in Euro
Leitplanke 9
Flexibilität – ein neues Fixwort in der Geldanlage
Das „Machbare“ realistisch einzuschätzen ist generell wichtig und in der Geldanlage eine neue Herausforderung. Die Sehnsucht nach klaren Punktprognosen ist nachvollziehbar, aber nicht erfüllbar. Eine Änderung der Strategie vorzunehmen ist keine Schwäche, sondern professionelle Pflicht. Bleiben Sie daher flexibel – in Ihren Gedanken und Ihren Veranlagungen. Behalten Sie einen Teil an Liquidität zurück, um bei Chancen reagieren zu können. Der mediale Fokus der Finanzmärkte ist innerhalb eines Jahres meist Veränderungen unterworfen. Vielleicht kommen 2012 die Europäer aus der „Schusslinie“ und die Märkte erinnern sich daran, dass die USA bei mindestens gleich großen Problemen bis dato mindestens gleich schlechte Lösungen präsentiert haben! Dies zu beobachten und mit den Gewichtungen bei Anleihen, Aktien und Währungen flexibel zu reagieren, wird Ihnen mehr Wert bringen als die Suche nach einer Detailprognose.