In vielen Anlegergesprächen erleben wir aber derzeit, dass der Anleger ein bestimmtes Weltbild mit durchaus nachvollziehbaren Argumenten in sich trägt, aber die logischen Schlüsse daraus letztendlich doch nicht zieht. Wir alle müssen akzeptieren, dass wir die Zukunft nicht exakt vorhersagen können. Wir können aber aus der Finanzgeschichte lernen. Wir können verschiedene Szenarien durchdenken und uns für das wahrscheinlichste entscheiden. Wir müssen aber auch bei aller Theorie beachten, wie die einzelnen Marktteilnehmer – wie etwa die Notenbanken und die Politik – denken und welche Entscheidungen aus deren Innensicht logisch sein können. Nur so können wir ein Weltbild bauen, das in einer Anlagestrategie mündet.
Der sprichwörtliche Zusammenbruch des Finanzsystems?
Eine Ansicht, die wir nicht teilen, mit der wir aber immer wieder konfrontiert werden. Wer dieses Bild aber in sich trägt, müsste aus der historischen Erfahrung lernen und erkennen, dass Sachwert-Aktien die richtige Antwort sind. Wer also A wie Systemcrash sagt, muss auch B wie den Kauf von Aktien wie Heineken, Cola, Procter & Gamble, Nestlé oder Unilever sagen.
Der EURO in der Krise?
Währungsprognosen sind schwieriger denn je und in der EURO-Zone wird uns aufgrund der vielfältigen Herausforderungen und der komplexen Ausgangslage noch so mancher Stresstest bevorstehen. Anleger äussern immer wieder ihre Sorge um den EURO – ohne genau beschreiben zu können, was diese genaue Sorge eigentlich ist. Wer also A wie EURO-Sorge sagt, muss in der Geldanlage auch B wie Beimischung von anderen Währungen sagen. Die Logik erklärt, dass es nicht möglich ist, dass alle Währungen zueinander an Wert verlieren.
Die Konkurrenzfähigkeit von Griechenland, Italien, Spanien und Co?
Unstrittig ist, dass das Hauptproblem der EURO-Zone die unterschiedliche Konkurrenzfähigkeit einzelner Länder ist. Konkurrenzfähiger am Weltmarkt kann man durch eine interne Abwertung in Form geringerer Löhne oder mehr Arbeit zum gleichen Lohn werden. Die zweite und ungleich weniger schmerzvolle Möglichkeit ist eine externe Abwertung in Form einer schwachen Währung; das von Italien bis zur EURO-Einführung angewandte Modell. Wer A sagt und eine Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit fordert, muss auch B sagen und die beiden Möglichkeiten aufzeigen. Wenn wie derzeit oft in Politik und Medien dieses B in Form des Wunsches nach einem starken EURO verbunden wird, ist dies eine nahezu absurde Unlogik. In der aktuellen Situation wäre ein schwacher EURO für die Position am Weltmarkt unterstützend und erstrebenswert. Eine mögliche, teilweise importierte Inflation wäre dagegen ein vergleichsweise geringes Übel.
Entwicklung EURO / US-Dollar
Die negative Realverzinsung?
Die kurzfristigen Zinsen der Notenbanken liegen erheblicher unter der Inflationsrate. Bei 3 % Inflation und 1 % EZB-Leitzins bedeutet das aus Anlegersicht einen Kaufkraftverlust von 2 % pro Jahr. Das Studium der Finanzgeschichte lehrt uns, dass dies eine bewusste und wiederholt angewandte finanzpolitische Strategie ist, den Schuldenabbau der Staaten zu unterstützen. Wer also A sagt und dies erkennt, muss auch B sagen und die Dimension erkennen. Diese Phase dauert nicht einige Monate. Die historische Erfahrung zeigt, dass uns dieses Umfeld mindestens 3 bis 5 Jahre begleiten wird.
Entwicklung EZB-Leitzins / EURO-Inflation
Die Geldmenge der Notenbanken?
Der Gelddruckprozess der Notenbanken hat zu einem deutlichen Anstieg der globalen Geldmenge geführt. Wie an dieser Stelle oft angeführt, birgt das aus unserer Sicht mittelfristige Inflationsrisiken. Gegner dieser Theorie weisen aber immer drauf hin, dass diese Geldmenge ja nicht in der Wirtschaft landet und dass die Notenbanken diese einfach wieder zurückführen können und müssen. Soweit zur Theorie. Was bedeutet aber Zurückführen in der Praxis? Die gekauften Staatsanleihen wieder verkaufen? An wen? Wer also A sagt und erklärt, die Geldmenge ist einfach zurückführbar, muss auch B sagen und erklären wie. Wir haben noch kein überzeugendes B gehört…
Deflation statt Inflation?
Klarerweise gibt es auch Argumente – gerade in Europa – für eine deflationäre Phase. Es ist nicht unsere Kernthese. Die Börsianer-Erfahrung sagt uns aber auch, dass man niemals etwas gänzlich ausschließen sollte. Letztendlich wäre es worst-case, da in der Deflation die Schulden in Relation zum sinkenden Vermögen oder zum GDP laufend höher werden würden. Im aktuellen Umfeld eine fatale Situation. Wenn wir A sagen und die Deflationstheorie nicht teilen, dann erklären wir in B auch warum. Es wäre für die Notenbanken und für die Politik das schlechteste Szenario überhaupt. Dieses zu bekämpfen würde zweifelsohne trotz aller unterschiedlicher Standpunkte der kleinste gemeinsame globale Nenner der Politik und letztendlich aller globalen Notenbanken sein.
US-Aktien sind riskant?
Ein kaum erklärbares Phänomen ist auch die oft reflexartige Anlegerreaktion, wonach US-Aktien als vergleichsweise riskanter eingestuft werden. Eine durch nichts zu belegende Annahme – ganz im Gegenteil. Wer also A sagt und in US-Aktien höhere Risiken sieht, muss auch B sagen und erklären warum. Ein Bauchgefühl ist zu wenig. Wir denken, dass das Gegenteil der Fall ist. Amerika hat immer noch eine im Vergleich zu Europa bessere Demografie, eine höhere Geburtenrate, eine jüngere Bevölkerung. Amerika hat daher bessere Chancen rascher aus der Krise zu kommen als Europa. Ob wir das nun sympathisch finden oder nicht.
Zu Ende denken…
Wie erwähnt, haben wir keine Glaskugel für die sichere Börsenprognose. Wir suchen diese Glaskugel auch nicht. Wir analysieren das Umfeld und wollen Gedankengänge zu Ende denken und die jeweiligen Konsequenzen und Möglichkeiten bewerten. Nur so kann man sich gut auf eine wenig planbare Zukunft vorbereiten. Eine ausgewogene Mischung aus soliden Unternehmensanleihen, aus substanzstarken Aktien in unterschiedlichen Währungen und aus unterschiedlichen Ländern oder Kontinenten gepaart mit einer Portion Gold als Beimischung und Art Versicherung ist immer noch unsere klar bevorzugte Strategie.
IhrAlois Wögerbauer
„Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorherzusehen, sondern auf die Zukunft vorbereitet zu sein.“
Perikles (490 – 429 v.Chr)
„Wenn die See rau ist, soll man Richtung Horizont blicken und nicht auf die Wellen.“
Börsenweisheit