Palmetshofer: Die Schulden betragen etwa 220 Mrd. EURO, wofür pro Jahr ca. 7,9 Mrd. EURO an Zinsen anfallen. Das ist viel Geld, aber dieser erste Blick sagt wenig aus. Österreich hat eine sehr gute Finanzierungsstruktur. Die Fälligkeitsstruktur der Staatsschulden ist auf die kommenden zehn Jahre und darüber hinaus gut verteilt. Die durchschnittliche Restlaufzeit der ausstehenden Anleihen liegt bei acht Jahren. Zuletzt wurde sogar eine 50-jährige Anleihe emittiert. Aus Sicht des Staats optimal. Damit ist man nicht so stark wie andere Länder möglichen Turbulenzen der Märkte ausgeliefert, da jedes Jahr nur ein Teil der Schulden refinanziert werden müssen und steig steigende Zinsen sich erst mittelfristig auf die Zinskosten durchschlagen würden. Das Problem vieler Länder, die aktuell in der Diskussion stehen ist, dass man sehr kurzfristig finanziert ist und damit in diesem und im kommenden Jahr hohen Kapitalbedarf hat.
Noch im Herbst letzten Jahres war der Zinsabstand zu Deutschland hoch.
Die Rating-Rückstufung unseres Nachbarlandes Italien, allgemeine und wie so oft eher undifferenzierte Sorgen über die Lage in Osteuropa und das aus Sicht der internationalen Investoren fehlende Problembewusstsein der heimischen Innenpolitik führten zu einem Zinsabstand zu Deutschland auf ein 20-Jahreshoch. Mittlerweile hat die Stimmung aber wieder gedreht. Solide Zahlen aus dem Konjunktur- und Arbeitsmarktumfeld, eine im Vergleich geringere Verschuldungsqoute und die eingangs beschriebene Struktur der Verschuldung machten Österreich wieder zu einer Art sicherer Hafen, nach Deutschland. Das änderte sich auch nicht nach der Abstufung der Top-Bonitätsnote durch die Ratingagentur S&P zu Jahresbeginn. Aktuell liegt der Aufschlag zu Deutschland bei 10-Jahresanleihen bei etwa einem Prozent. Unter Berücksichtigung der Liquidität erscheint das fair. Ich denke, dass wir uns auf diesem Niveau einpendeln werden. Insgesamt ist in diesen Tagen aber wichtig, Ursache und Wirkung sauber zu analysieren. Sinkende Zinsen und steigende Kurse können als Ursache haben, dass ein Land die Hausaufgaben gut macht und klare Zahlen und Konzepte liefert. Die Ursache kann aber ganz einfach auch sein, dass es anderen Ländern sehr schlecht geht und Kapital jedoch eine sichere Veranlagung sucht. Daher fließt dann sehr viel Geld in jene Länder, denen es eben vergleichsweise besser geht.
Sind Deutschland und Österreich Gewinner der EURO-Krise?
Ob es in einer Gesamtbetrachtung Gewinner gibt, ist wohl mehr als fraglich. In einer isolierten Staatsschuldenbetrachtung sind diese Länder zweifelsohne Gewinner. Auf den Punkt gebracht, gäbe es rein theoretisch die EURO-Krise nicht, dann wären die deutschen und die österreichischen Zinsen definitiv höher. Weil nicht so viel Kapital aus den südlichen Ländern fliehen und vergleichsweise sichere Häfen suchen würde.
Insofern ist es nur bedingt fair, wenn sich diese soliden Länder dann gegen die Ausgabe von EURO-Bonds wehren, weil sich die Zinskosten dann etwas erhöhen würden. 10-jährige deutsche Staatsanleihen sind mit 1,3 % verzinst, 2-jährige brachten zuletzt eine Nullverzinsung. Wir alle hätten dies vor wenigen Jahren noch als unvorstellbar eingestuft. Die 10-Jahres-Renditen von ÖsterreichZins reich lagen zuletzt bei 2,2 %. Der durchschnittliche Zinssatz der österreichischen Schulden liegt aber bei ca. 3,6 %. Läuft also eine alte höher verzinste Anleihe aus und wird diese mit dem aktuellen tieferen Zins refinanziert, so sinken derzeit die Zinskosten für Österreich. Fatal wäre allerdings sich auf dieser Situation auszuruhen, man sollte eher diese Chance dankend wahrnehmen. Die Lage kann sich auch wieder ändern, wie zuletzt im vergangenen Herbst.
Welche Rolle spielen Staatsanleihen in Ihren Portfolios?
Wir halten uns mit Investments zurück. In Portfolios ohne Kundenvorgabe und ohne definierte Mindestgewichtungen sind Staatsanleihen derzeit kaum vertreten. Die Renditen in den soliden Ländern sind zu tief, um sich für viele Jahre zu binden. Denken wir exemplarisch in Extremen, sollte die EURO-Krise abflauen oder gelöst werden, so werden manche Länder etwas vom Bonus des sicheren Hafens verlieren. Damit werden deren Zinsen steigen und die Kurse fallen. Sollte sich im anderen Fall die Krise weiter verschlechtern, so kann das Safe-Haven-Denken zwar noch eine Zeit weitergehen, aber nicht endlos. Die Konstruktion der EZB und der EURO-Zone bringt mit sich, dass sich irgendwann auch die Bonität der „Retter“ verschlechtern wird. Und für beherzte Investments in Italien & Co sind uns die Aussichten viel zu unklar. Wenn schon Staatsanleihen, dann bleibt aber Österreich ein vernünftiger Kompromiss, den wir dann auch umsetzen. Höhere Zinsen als Deutschland, bei dennoch guter Bonität.