Was ist passiert?
Die südostasiatischen Märkte waren in den vergangenen Jahren ein Lichtblick für Anleger. Eine aufstrebende neue Mittelschicht, steigende Handelsniveaus innerhalb der Region, eine wachsende Nachfrage nach Exportgütern aus der Landwirtschaft und Infrastrukturausgaben trugen allesamt dazu bei, dass sich regionale Aktien besser entwickelten als Schwellenländer insgesamt.
In den Anfangsmonaten dieses Jahres konnten wir darüber hinaus einen weiteren Grund ausmachen – ein steiler Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen in der Region. Dieser Umstand wirkte unterstützend auf das Wachstum in einem Umfeld niedriger Fremdkapitalkosten und reichlicher Liquidität. Jedoch ist eine übermäßige Abhängigkeit von ausländischen Kapitalzuflüssen eine riskante Strategie, da es sowohl die Wirtschaft als auch die Währung gefährden könnte, sollten sich die Gegebenheiten ändern.
Das erste Anzeichen für eine solche Änderung kam am 22. Mai, als Herr Bernanke den Märkten signalisierte, dass die US Notenbank Federal Reserve eventuell mit der Reduzierung des Aufkaufs von Vermögenswerten beginnen würde, sollte die Erholung weiter andauern. Unserer Ansicht nach stellt dieser Punkt den Anfang eines Prozesses dar, der stufenweise zu einer Normalisierung der Geldpolitik, zu begrenzter Liquidität im System und letztendlich zu höheren Fremdkapitalkosten führen wird, da die kurzfristigen Zinssätze ansteigen.
Wir können seitdem einen beachtlichen Kapitalabfluss aus den Schwellenländern beobachten, da Anleger ihre gut gelaufenen Positionen in „riskanten“ Anlagen oder Märkten, darunter auch die ASEAN-Region, reduzieren. Darüber hinaus leiden insbesondere Länder mit Leistungsbilanzdefizit, die, auch gerade deshalb, am meisten auf ausländisches Kapital angewiesen sind, seit dem Vortrag von Herrn Bernanke unter dem Verkaufsdruck der Anleger.
Genau dies konnten wir im Fall von Indonesien beobachten, dessen Markt seit August um mehr als 15% in USD gefallen ist. Insbesondere geriet die Landeswährung nach einer Verschlechterung des Außenhandelsdefizits dieses Jahr unter Druck. Zusammen mit der Wirtschaftsabschwächung in Thailand und dem Rückgang des Aktienmarkts auf den Philippinen ergab dies einen Nettorückgang des MSCI Southeast Asia Index von 19,5%* seit den Äußerungen von Herrn Bernanke im Mai.
Unsere Reaktion
Erstens kommen wir wohl überlegt zu der Beurteilung, dass die Anlagechancen in Südostasien noch immer attraktiv sind. Wir gehen kurzfristig von einem schwächeren Wachstum in Thailand und Indonesien aus, bleiben aber zuversichtlich, was die langfristigen Wachstumsaussichten für die Region, insbesondere für Indonesien und die Philippinen, angeht. Die inländische Dynamik für Südostasien wird von langfristigen Faktoren getrieben und wir erwarten, dass Konsumausgaben die regionalen Märkte noch viele weitere Jahre maßgeblich mitbestimmen werden. Dieses Maß an Volatilität im Markt besteht nicht zum ersten Mal; wir haben es in den vergangen Jahren oft zu sehen bekommen und jedes Mal hat sich die Region kräftig erholt.
Im Hinblick auf die Politikänderung der Federal Reserve gehen wir davon aus, dass jegliche Anpassungen nur sehr langsam und in Abhängigkeit des Aufschwungs in den USA vonstattengehen. Sie werden wahrscheinlich während einer Phase der langsamen aber sich ausweitenden Erholung umgesetzt, was Exportunternehmen in Südostasien unterstützt und dabei hilft, die Änderung in der Bankenpolitik auszugleichen.
Zweitens fungierten die drastischen Marktbewegungen als Impulsgeber für die Regierungen der betroffenen Länder, sich nun mit den Angelegenheiten zum Leistungsbilanzdefizit zu befassen. Wir konnten beispielsweise bereits in Indonesien und Malaysia einen Anstieg der Kraftstoffpreise beobachten und auch weitere Reformen sind wahrscheinlich.
Es ist zwar schade, dass erst diese Situation für ein Handeln der Regierungen entstehen musste, wir glauben jedoch, dass der Handlungsdruck, benötigte Strukturreformen nun einzuführen, eine willkommene Entwicklung darstellt, die Indonesien und die restliche Region auf einen stärkeren, nachhaltigeren Wachstumspfad führt. Aus der Investmentperspektive heraus ist der Marktrückgang natürlich nicht erfreulich, er kann aber dabei helfen, Vermögensblasen zu verhindern und eine solide Grundlage für zukünftiges Wachstum schaffen. Sobald sich die Wogen geglättet haben und angemessene politische Maßnahmen eingeführt wurden, wird sich die Region unserer Ansicht nach kräftig erholen, wie es auch schon vorher der Fall war.
Schlussendlich glauben wir, dass die ASEAN-Region jetzt eine attraktive Anlagechance darstellt. Die Geschichte zeigt, dass Märkte auf Veränderungen in der Umwelt häufig überreagieren und wir denken, dass dies eine solche Situation ist. Einige Portfoliopositionen verfügen über Nettobarmittel im Gegenwert von mehr als 20% der Marktkapitalisierung, mussten jedoch trotzdem einen Aktienkursverlust von mehr als 50% seit Mai hinnehmen. Unserer Meinung nach sind dies solide, gut geführte Unternehmen, die erfolgreich durch die Asienkrise des Jahres 1997 gekommen sind und die gelernt haben, ihre Bilanzen liquide zu halten. Wir glauben schlicht und einfach nicht, dass das Ausmaß dieser Rückgänge für diese Unternehmen gerechtfertigt ist.
Unsere Investmentstrategie
Wir sehen, dass die Aktienkurse vieler Unternehmen im Baring ASEAN Frontiers Fund derzeit attraktiv bewertet sind, insbesondere in Märkten mit dem größten Verkaufsdruck. In diesem Umfeld haben wir unsere Allokation in Unternehmen mit Erträgen in US-Dollar aufgestockt oder auch in solchen Unternehmen, die unserer Ansicht nach gut positioniert sind, um von der anhaltenden allmählichen Verbesserung der Wirtschaftsaktivitäten in der gesamten entwickelten Welt zu profitieren.
Auf Länderebene hielten wir es angesichts der negativen Marktstimmung und der Gewichtung, die Anleger auf die Maßnahmen der Federal Reserve legen, für angemessen, unser Engagement in Ländern wie Indonesien zu reduzieren und dafür in Singapur zu erhöhen.
Unsere Beurteilung in Bezug auf Indonesien ist, dass das Leistungsbilanzdefizit gegen Jahresende in eine Erholungsphase eintreten wird. Wir gehen davon aus, dass die Währungsschwäche die Wettbewerbsfähigkeit von Exportgütern verbessern und Importe abhalten wird. Doch obwohl wir zuversichtlich sind, dass dringend benötigte Politikreformen nun diskutiert werden, muss unserer Meinung nach noch wesentlich mehr passieren und nicht alle Maßnahmen sind besonders zielgerichtet. Aufgrund der Unsicherheit erscheint es uns ratsam, unsere Positionen zugunsten von Singapur zu reduzieren. Singapur zeigt für gewöhnlich Defensivqualitäten, die in dem derzeitigen Umfeld in den Vordergrund rücken dürften.
Ansonsten sind die Philippinen und Thailand im Fonds weiterhin stark gewichtet. Im Fall der Philippinen sind die wirtschaftlichen Fundamentaldaten unserer Beurteilung nach immer noch stabil und das Wirtschaftswachstum fiel in der ersten Jahreshälfte mit 7,6%** besser aus als erwartet. Die jüngste Marktschwäche lässt sich eher auf Gewinnmitnahmen nach einer starken Wertentwicklung, in Kombination mit einer Verschlechterung der Marktstimmung, zurückführen, als auf fundamental getriebene Faktoren. Aus diesem Grund sind wir in Bezug auf die mittel- bis langfristigen Aussichten für Wirtschaft und Markt weiterhin optimistisch eingestellt.
Obwohl sich das Tempo des Wirtschaftswachstums in Thailand leicht verlangsamt hat, bevorzugen wir das Land im Portfolio nach wie vor aus drei Gründen. Erstens ist die Finanzlage der Wirtschaft unserer Ansicht nach solide. Die Regierung engagiert sich auch weiterhin für den Ausbau des Programms für Infrastrukturausgaben im Wert von 2,2 Billionen Baht*** und obwohl uns die Subvention von Reis und gewisse andere politische Maßnahmen Unbehagen bereiten, so ist das Land doch weniger auf externe Finanzierung angewiesen als andere. Zweitens glauben wir, dass die höhere preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Exportgüter, infolge des jüngsten Rückgangs des Thailändischen Baht, der Wirtschaft die Möglichkeit gibt, das geringe Leistungsbilanzdefizit auszugleichen. Und drittens sind wir der Ansicht, dass, wenn es eine allmähliche Ausweitung einer globalen Konjunkturerholung mit Ausgangspunkt in den USA gibt, Thailand aufgrund seiner Empfindsamkeit dafür bereits frühzeitig von einer solchen Erholung profitieren könnte.
SooHai Lim
Investment Manager, Baring ASEAN Frontiers Fund
Baring Asset Management
* Quelle: Thomson Reuters Datastream, 5. September 2013
** Quelle: Financial Times September 2013
*** Quelle: Bangkokpost September 2013