Am 3. September bewegte sich die Europäische Zentralbank einen Schritt weiter in Richtung „Quantitative Easing“. Mario Draghi kündigte zwei Programme zum Ankauf nicht-finanzieller Vermögenswerte privater Unternehmen, eine Senkung des Leitzinses im Euroraum von 0,15% auf 0,05% sowie eine Erhöhung des Negativzinses auf 0,2% an, den Banken für das Parken von Geldern bei der Notenbank zahlen müssen.
Noch sind die vollständigen Details nicht bekannt, jedoch werden die neuen Programme zusätzlich zu den bereits bestehenden gezielten, längerfristigen Refinanzierungsgeschäften, den gezielten forderungsbesicherten Wertpapieren (ABS) und gedeckten Schuldverschreibungen (Covered Bonds) eingeführt. Staatsanleihen bleiben weiterhin außen vor. Anders als bei ähnlichen Programmen in den USA und in Japan gibt es zwar keine Anzeichen für ein „grenzenloses Engagement“. Herr Draghi sagte allerdings, dass die Bank die Bilanzsumme auf das Ausmaß vom Jahresanfang 2012 „lenken“ möchte. Dies könnte auf eine zusätzliche Ausweitung in Höhe von 800 Milliarden bis 1 Billion Euro hindeuten.
Die Maßnahmen der Bank erfolgen zu einer Zeit, in der das Wirtschaftswachstum in der Eurozone mit lediglich 0,2% im Vergleich zum Vorquartal und 0,7% im Vergleich zum Vorjahr anhaltend schwach ausfällt und die Inflation auf einem Fünfjahrestief von 0,3% liegt. Die europäischen Aktienmärkte reagierten mit einer Rally auf die Nachrichten, genauso wie Anleihen, und der Euro wertete gegenüber anderen Währungen drastisch ab.
Auswirkungen
Bald könnte die Grenze dessen erreicht sein, was für die Europäische Zentralbank ohne gewagtere Schritte möglich ist. Zwar verfügen Unternehmen bereits über einen beträchtlichen Zugang zu Kapital, aufgrund der stagnierenden Wirtschaftstätigkeit gibt es jedoch nur wenig Anreiz für aggressive Expansionspläne auf dem Heimatmarkt. Unserer Ansicht nach muss mehr für eine Stimulierung der Nachfrage getan werden, also für das Wirtschaftswachstum in Europa. Hierfür dürften Veränderungen der Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten sowie strukturelle Veränderungen notwendig sein, die langfristig für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sorgen.
Obwohl die Vermögenswertaufkaufprogramme Banken am Rande unterstützen dürften, sehen sich Anleger unserer Einschätzung nach nicht den gleichen Herausforderungen gegenüber, wie noch vor zwei oder drei Jahren. Aus diesem Grund ist es möglich, dass der Einfluss der Zentralbankmaßnahmen gering ausfallen wird. Ein positiver Aspekt ist, dass ein schwächerer Euro sicherlich erfreulich für europäische Exportunternehmen zu werten ist.
Für Portfolios bestehend aus Unternehmen mit größerer Marktkapitalisierung haben wir unsere Strategie bereits auf Luft- und Raumfahrt-, Automobil- und Finanzfirmen ausgerichtet. So sind wir unserer Meinung nach gut positioniert, um von einer Schwäche des Euro zu profitieren. In einem Niedrigzinsumfeld bevorzugen wir allgemein Unternehmen mit attraktiver Dividendenrendite, und dies ist auch in der aktuellen Lage der Fall. Die Aktienkursbewertungen entsprechen derzeit den langfristigen Durchschnittswerten, obgleich sie deutlich unter denen der USA und Großbritanniens liegen. Weitere Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, wie beispielsweise der Schritt zu einem umfassenden Quantitative Easing oder besser koordinierte Maßnahmen der Mitgliedsstaaten zur Stimulierung des Wachstums könnten sich als eine interessante Chance für Anleger herausstellen.
In unseren Portfolios mit mittelgroßen und kleineren Unternehmen verfolgen wir eine ähnliche USD-Ausrichtung, und ein schwächerer Euro ist für diese Exportfirmen sicherlich hilfreich. Noch wesentlich besser wären unserer Ansicht nach jedoch Maßnahmen zur Wachstumsstimulierung. Wir konzentrieren uns weiterhin auf Unternehmen mit stabiler und zunehmend besserer Ertragslage und Unternehmensführung sowie mit soliden Bilanzen, wie beispielsweise im Fall des französischen Callcenter-Betreibers Teleperformance. Solche Unternehmen, die über starke Wettbewerbspositionen verfügen, können unsichere Phasen zur Festigung ihrer Position nutzen und möglicherweise wertsteigernde Akquisitionen in Angriff nehmen, wie im Fall des Schweizer Reise-Detailhändlers Dufry und des deutschen Unternehmens für Inhaltsstoffe, Symrise. Sie dürften darüber hinaus jedoch auch von einer konjunkturellen Belebung profitieren.