Barings EMD-Head im Interview: Chancen und Risiken von Emerging-Markets-Anleihen im aktuellen Marktumfeld

In einem aktuellen Interview diskutierte Dr. Ricardo Adrogué, Leiter Emerging Markets Debt bei Barings, die Risiken und Chancen des heutigen dynamischen Umfeldes - und gibt Investoren Tipps, wie sie entsprechend navigieren können. Barings | 11.10.2018 11:14 Uhr
Dr. Ricardo Adrogué, Leiter Emerging Markets Debt, Barings / © Barings
Dr. Ricardo Adrogué, Leiter Emerging Markets Debt, Barings / © Barings
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Herr Adrogué, wie schätzen Sie das derzeitige Umfeld für Schwellenländer-Anleihen (EMD) ein?

Dr. Ricardo Adrogué: Es lässt sich nicht leugnen, dass 2018 für die Schwellenländer-Anleihen (EMD) bisher ein herausforderndes, von Volatilität gezeichnetes Jahr war. Wir glauben jedoch, dass es wichtig ist, sich auch inmitten erhöhter Marktschwankungen vor Augen zu halten, dass der wirtschaftliche und fundamentale Hintergrund für die Anlage-Klasse im Wesentlichen positiv bleibt. Tatsächlich sehen wir noch immer eine Reihe von attraktiven Chancen in allen EM-Regionen und—Ländern. Das globale Wachstum ist überall stark, und wir erwarten, dass das, gemessen an historischen Standards, auch 2018 so bleiben wird, wobei einige EM-Länder eine Führungsrolle einnehmen werden. Die Inflation in den EM-Ländern befindet sich nach wie vor auf dem tiefsten Punkt der letzten 17 Jahre, was möglicherweise in einigen ausgewählten EM-Ländern in Zukunft zu einem kontinuierlichen Sinken der Zinsen führen wird. Die Zahlungs—und Leistungsbilanzen sind in den EM-Ländern im Großen und Ganzen stabil. Viele EM-Volkswirtschaften haben erhebliche Anpassungen ihrer Außenbilanzen erfahren.

Darüber hinaus haben sich auf der Grundlage eines gesunden wirtschaftlichen Wachstums und höherer Rohstoffpreise die Fundamentaldaten von Unternehmen weiterhin verbessert. Die Erträge und Bilanzen der Unternehmen in den EM-Ländern sind nach wie vor stabil, wobei der Verschuldungsgrad der Unternehmen noch sinken dürfte. Die Ausfallraten der Unternehmen und Staaten bleiben weiterhin unter dem historischen Durchschnitt. In vielen Fällen sorgte die jüngste Volatilität bei den Schwellenländer-Anleihen für attraktive Bewertungen in Bezug auf die Fundamentaldaten von Unternehmen.

Diese Tendenz wird in der Regel aktive Manager begünstigen, die sich auf der Ebene der individuellen Emittenten auf die Auswahl der entsprechenden Länder und auf eine Bottom-up-Kreditauswahl konzentrieren. Dies vorausgeschickt sollte erwähnt werden, dass das aktuelle Szenario weiterhin eine Reihe von Risiken birgt, die wir in den kommenden Monaten genau im Auge behalten werden.

Welches sind die größten Risiken, denen sich die Assetklasse gegenübersieht?

Dr. Ricardo Adrogué: Ganz eindeutig hängen einige der Risiken mit der Politik der Industrienationen zusammen—dazu gehören amerikanische Steuern, Deregulierung und Immigrationspolitik, hauptsächlich jedoch die Geld—und Handelspolitik. Die Kombination aus einer entschlossener auftretenden U.S. Federal Reserve (Fed), Präsident Trumps Handelsprotektionismus-Politik, die Feinde und Verbündete gleichermaßen trifft, und der Ankündigung des Enddatums für das Programm der quantitativen Lockerung der Europäischen Zentralbank (EZB) hat zu einem Abwärtsdruck auf die EM-Assets geführt, der auch in Zukunft aufrechterhalten bleiben könnte. 

Je weiter sich die Geldpolitik in den USA, Europa und Japan verschärft, um so unattraktiver werden EM-Länder vom Standpunkt der Anlegerströme aus, und es steht typischerweise weniger Liquidität zur Verfügung, um die EM-Assets zu stützen. Von unvorhergesehenen Ereignissen abgesehen, scheint die Fed besonders entschlossen, auf dem Pfad der kontinuierlichen Zinssatzerhöhung auch 2018 und 2019 weiterzuschreiten. Höhere Zinssätze in den USA haben den EM-Ländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten und geringer Kreditwürdigkeit geschadet, und ebenso den Ländern, die besonders auf ausländische Finanzierungen angewiesen sind, wie die Türkei, Argentinien und Ecuador.

Wir vertreten grundsätzlich die Ansicht, dass steigende Zinsen in den USA zwar Herausforderungen für einige EM-Staaten und— Unternehmen darstellen können, das stärkere wirtschaftliche Wachstum in den USA und anderen entwickelten Ländern sich aber insgesamt positiv auf die EM-Volkswirtschaften und Assets auswirken dürfte. Diese These gilt bis zu einem gewissen Grad noch immer, doch stellt sich nunmehr das Problem, dass die erwarteten Vorteile für die EM-Länder durch die negativen Effekte der US-Handelspolitik—durch Zölle, Sanktionen und Drohungen oder eine Kombination daraus—unterminiert werden. So ist das Wachstum des globalen Handelsvolumens beispielsweise angesichts der aggressive Umsetzung der protektionistischen Handelspolitik der USA anfällig.

Folglich wird in den kommenden Monaten ein Hauptrisiko damit verbunden sein, welche Politik und welche Aktionen tatsächlich aus der US-amerikanischen Handelsagenda hervorgehen und wie sich diese potenziell auf den weltweiten Handel auswirken.

Wie steht es mit länderspezifischen Risiken, die einen Dominoeffekt auslösen könnten?

Dr. Ricardo Adrogué: China ist dafür ein offenkundiges Beispiel. Das Land stellt eine wichtige Brücke zwischen den aufstrebenden Märkten und der entwickelten Welt dar. Folglich könnte ein wirtschaftlicher Abschwung in diesem Land weitreichende Konsequenzen haben. Beispielsweise haben sich die Rohstoffpreise bisher unterstützend auf viele EM-Währungen ausgewirkt; sollte China jedoch eine erhebliche Abschwächung der Nachfrage oder des Wachstums erleiden, so würde dies wahrscheinlich Druck auf die Rohstoff produzierenden Länder und Unternehmen ausüben. Wir halten ein Worst-Case-Szenario jedoch für unwahrscheinlich.  Unserer Ansicht nach verfügt China über ausgedehnte Ressourcen (beispielsweise Währungsreserven) und ein politisches System, das in der Lage ist, die Wirtschaft vor einem größeren Rückschlag zu bewahren.

Dann wäre da noch die Türkei. Wir glauben, dass Präsident Erdogan auf einem schmalen Grat wandert, um eine Katastrophe abzuwenden—der ihm jedoch kaum Spielraum für Fehler lässt—und dass das Ausfallrisiko der Türkei in Bezug auf Staatsanleihen gering ist. Unserer Ansicht nach besteht das größere Risiko darin, dass die Wirtschafts—und Währungskrise der Türkei dazu führen könnte, dass die globalen Banken in Europa ihr Engagement in den EM-Ländern zurückziehen. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt in diesem Jahr haben wir argumentiert, dass die Handelsbanken im Begriff stehen, wieder an Stärke zu gewinnen, und Geldströme in die EM-Länder lenken und zur Schließung der Liquiditätslücke beitragen könnten, die die Zentralbanken und die Stützung der Preise von Vermögenswerten EM-Länder hinterlassen haben. Angesichts der Entwicklungen in der Türkei hat dieses Argument jetzt allerdings weniger Gewicht.

In bestimmten Ländern sollte auch das politische Risiko im Auge behalten werden, insbesondere angesichts der großen Zahl anstehender Wahlen in den aufstrebenden Märkten in den Jahren 2018–2019. In der ersten Jahreshälfte erlebten wir wichtige Wahlen in Mexiko, Venezuela, Malaysia, Ungarn und anderswo. Die wichtigen Parlamentswahlen in Brasilien im Oktober 2018, gefolgt unter anderem von Thailand, Südafrika und Argentinien im nächsten Jahr stehen noch aus.

Wie können Ihrer Ansicht nach Investoren in diesem Umfeld am besten navigieren?

Dr. Ricardo Adrogué: Hier sehen wir uns dem Gegenwind und den Herausforderungen gegenüber, die erfahrene, aktive EM-Debt-Manager sehr gut zu umschiffen wissen. Die Fähigkeit, ungewollten Risiken auszuweichen und potenziell übersehene Chancen zu nutzen, kann in einer Anlagenklasse, die anfällig für Volatilitätsepisoden des Marktes ist, den Unterschied schlechthin machen.

Wir glauben, dass die Auswahl von EM-Ländern und Unternehmen auch für den Rest des Jahres 2018 und bis hinein ins Jahr 2019 entscheidend bleiben wird. Insbesondere auf Unternehmensebene haben die oben beschriebenen Makrorisiken und die länderspezifischen Risiken nur geringe oder keine Auswirkungen auf die Solidität und Stärke der meisten Einzelemittenten von EM-Debt. So ist es beispielsweise unwahrscheinlich, dass die sich zusammenbrauenden Handelskriege, die restriktivere Geldpolitik der USA und die Krise in der Türkei bei einem fundamental starken EM-Unternehmen zu einem Ausfall oder zu einer Herabstufung der Bonität führen könnten. Allenfalls kann die Marktvolatilität, die durch die aus diesen Themen resultierende Angst der Investoren erzeugt wird, für aktive Manager Chancen schaffen, die sich in Form von attraktiven Einstiegspunkten bei stabilen, langfristig gut aufgestellten Emittenten zeigen werden.

Natürlich sind nicht alle EM-Debt-Manager gleich. Mit ihren Erfahrungen im gesamten Spektrum der EM-Debts verfolgt das Emerging Markets Debt—Team von Barings einen disziplinierten, transparenten und wiederholbaren Ansatz, der sich auf fundamentale Bottom-Up-Research stützt, um Chancen zu identifizieren und diversifizierte Portfolios aufzubauen, in die wir höchstes Vertrauen setzen. Die Stärke unserer langfristigen Zuversicht bezüglich unserer Investitionen hat es uns ermöglicht, Positionen durch Phasen der Markvolatilität hindurch zu halten. Das gilt auch in Bezug auf den Abverkauf von Rohstoffen, der im Juni 2014 begann, den Wahlzyklus von 2016 in den USA und verschiedene geopolitische Episoden.

Sie betonten die Fähigkeit Ihres Teams, Chancen identifizieren zu können—wo liegen Ihrer Ansicht nach derzeit die Chancen im Bereich EM-Debt?

Dr. Ricardo Adrogué: Das entscheidet sich eigentlich von Einzelemittent zu Einzelemittent, aber für die Zwecke dieser Diskussion möchte ich meine Stellungnahme auf Länderebene abgeben. Aufgrund unseres Investitionsprozesses und der Fähigkeit, mit überbewerteten/unterbewerteten und sogar überhaupt nicht bewerteten Ländern umzugehen, investieren wir weiterhin in Ländern, die unserer Ansicht nach nach wie vor solide Fundamentaldaten vorweisen können und mit allem Nötigen gerüstet sind, um den heutigen Risiken widerstehen zu können. Zu diesen Ländern zählen große EM-Volkswirtschaften wie Mexiko, Brasilien und Chile in Lateinamerika; Malaysia, Indonesien und Südkorea in Asien; Polen und Ungarn in Osteuropa, zusammen mit Russland, sowie Südafrika. 

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