Man kann die „Bären“ in jedermanns Stimme hören. Einem so alten Zyklus traut man nicht. Sie werden sich nicht gegen die Fed wehren. Sie fürchten eine Marktschwäche inmitten einer Welt verrückter Politik.
Aber sind diese Annahmen tatsächlich zutreffend? Die Risiken nehmen deutlich zu, wie wir den jüngsten Daten entnehmen können, die eine leichte Wirtschaftskontraktion in Deutschland und Japan ankündigen. Zum jetzigen Zeitpunkt allerdings scheinen die monetären, steuerlichen und politischen Gegenwinde auf jeden Fall kaum stark genug, um uns in eine globale Rezession zu stürzen.
Der Fed-Faktor
Wenn sich die größte Sorge auf die Fed bezieht, dürfte sie sich Anfang nächsten Jahres zerstreuen. Die Zinssätze steigen mit Sicherheit und die Schuldentilgung wird teurer, aber wie wahrscheinlich ist es, dass die US-Geldpolitik wirklich der Zinskurve hinterherhinkt? Löhne und Zölle sorgen vielleicht dafür, dass manche Preise steigen, die Energie—und Technologiepreise sinken jedoch.
Gemäß den meisten Prognosen bewegt sich die Kerninflation bei etwas über 2%, was darauf schließen lässt, dass das Ende des aktuellen Straffungszyklus in Sicht ist. Das Federal Open Markets Committee scheint langsam und vorsichtig einen Leitzins von 3% zum Ende nächsten Jahres anzuvisieren, wenn die „dot plots“ halten, was sie versprechen; die Terminmärkte preisen jedoch niedrigere Zinssätze ein.
In der Zwischenzeit herrscht in Europa, Japan, China und darüber hinaus die akkommodierende Geldpolitik. Langfristige demografische Trends und neue Technologien scheinen inflationäre Spitzen im Zaum zu halten.
Finanzpolitik schadet nicht
Die zweitgrößte konjunkturbedingte Sorge gilt dem US-amerikanischen Bundeshaushalt, der nun weniger berechenbar erscheint denn je. Nun, da der neue Kongress Form annimmt, wird viel über das Haushaltsdefizit gesprochen, das im nächsten Jahr 1 Billion USD erreichen soll; die beiden politischen Parteien zeigen jedoch sehr wenig Entschlossenheit, die Steuern zu erhöhen oder die Ausgaben zu senken, während sie sich auf die nächste Präsidentschaftswahl vorbereiten.
Das heißt, dass US-amerikanische Unternehmen keine neuen Steuersenkungen erwarten sollten, um ihre Erträge zu steigern, aber sie haben die Steuersenkungen aus dem Jahr 2017 möglicherweise sowieso nicht vollständig auf ihre Erträge aus diesem Jahr angewendet und könnten daher eventuell über Reserven verfügen, um die Ergebnisse aus dem nächsten Jahr zu unterstützen. Darüber hinaus können sie eine stabile Binnennachfrage erwarten, die durch eine weiterhin geringe Arbeitslosigkeit und finanzstarke Privathaushalte unterstützt wird.
Ein wichtiger Trend, den es zu beobachten gilt, ist die Aussicht auf Produktivitätssteigerung, die sich aus höheren Unternehmensinvestitionen ergeben sollte. Die neuesten US-amerikanischen Investitionszahlen waren schwach und eine anhaltende Schwäche könnte die Erträge über das nächste Jahr hinaus unterminieren. Aber auch das ist wahrscheinlich ein längerfristigeres Problem.
In der Zwischenzeit hat die globale Finanzpolitik große Volkswirtschaften wie China, Japan und sogar Deutschland im Allgemeinen unterstützt. Das ist vielleicht nicht genug, um ein globales Wachstum zu beschleunigen, schaden kann es jedoch kaum.
Politische Dramen
Auch wenn Sie mit den Aussichten in Bezug auf Wachstum und Inflation zufrieden sind, lauert im nächsten Jahr eine lange Liste politischer Risiken. Der Trick besteht in diesen polarisierenden Zeiten darin, politische Präferenzen von der wirtschaftlichen Analyse zu trennen. Die Demokraten tendieren dazu, die Risiken, die die Kampagne für Präsident Trumps Wiederwahl unterminieren könnten, aufzubauschen. Die Republikaner tendieren dazu, übergroße Hoffnungen auf Steuersenkungen und Deregulierung zu setzen.
In dem aktuellen Zyklus besteht das bedeutendste politische Theater in Washington vermutlich aus den wahrscheinlichen Konfrontationen über die Verschuldungsgrenze und die staatliche Förderung. Diese könnten Marktverwerfungen auslösen, die Störungen sollten jedoch nicht ausreichen, um die US-Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen.
In Europa wird Großbritanniens neue Beziehung zu der Europäischen Union weit vor dem offiziellen „Brexit“-Datum, dem 29. März, viel durchschaubarer werden. Italien ist Europas größte Herausforderung und es ist nicht ausreichend Geld vorhanden, um eine Volkswirtschaft dieser Größe zu retten, wenn ihre Regierung das Vertrauen der Rentenmärkte verliert. Die Schulden des Landes sind jedoch langfristig und werden hauptsächlich im Inland gehalten. Die Haushaltskonfrontation ist real, wird sich aber wahrscheinlich legen, wenn die Politiker ihre Aufmerksamkeit den europäischen Parlamentswahlen zuwenden, die wenig direkte Folgen für den Markt haben.
Das größte politische Risiko für die globale Wirtschaft könnten die sich verschärfenden Handelskonflikte mit China sein. Vielleicht werden wir von einem vorläufigen Waffenstillstand beim G-20-Gipfel Ende November in Buenos Aires überrascht, auf dem sich die Präsidenten Trump und Xi vielleicht dafür entscheiden, eine Eskalation fürs Erste zurückzustellen. Trotzdem werden die anhaltenden Probleme um Chinas wirtschaftliche Subventionen und den Schutz geistigen Eigentums nicht schnell gelöst werden.
Der größte durch Zölle verursachte Schaden wird jedoch wahrscheinlich sehr langfristig entstehen, wenn Unternehmen ihre Investitionsprioritäten in einer Welt wachsender Handelsbarrieren überdenken. Die kurzfristigen Auswirkungen von Zöllen auf das globale Wachstum sollten begrenzt bleiben, da die Volkswirtschaften Chinas und der USA maßgeblich von der internen Nachfrage abhängig sind.
Fazit
Die Wolken am Horizont sind real und es gibt viel Raum für unangenehme Überraschungen, insbesondere durch höhere Schuldendienstkosten und anhaltenden Druck auf einige Wachstumsmärkte. Trotzdem ist es wichtig, diese Risiken objektiv und unter Berücksichtigung einer sehr globalen Konjunktur, die zwar nachlässt, aber noch immer sehr stark ist, und politischer Spannungen, die zwar irritieren, aber wahrscheinlich keine Rezession auslösen, zu betrachten.
Dr. Christopher Smart, Head of Global Macroeconomic and Geopolitical Research, Barings