Die beispiellosen – und auf jeden Fall unvorhergesehenen – Schritte, die die Fed Ende vorletzter Woche angekündigt hat, beinhalten Unternehmenskreditfazilitäten, mittels derer die US-Notenbank sogenannte „gefallene Engel“ oder Kredite, die vor Kurzem vom niedrigsten Investment-Grade-Status (BBB- nach S&P-Standard) auf High Yield herabgestuft wurden, kaufen kann. Als ob das noch nicht genug wäre, enthielt die Ankündigung der Fed darüber hinaus eine Bekanntmachung, dass die Notenbank nun Anteile an hochverzinslichen ETFs kaufen könne – vorbehaltlich bestimmter Auflagen, darunter eine Obergrenze von 20 Prozent für das Halten an einem beliebigen Wertpapierkomplex.
Damit beginnt das offizielle Zeitalter der US-Steuerzahler als High-Yield-Anleger. Was sollen Anleger also von all dem halten? Steigt die Risikobereitschaft wieder? Sind wir einem moralischen Wagnis gefährlich nahe (oder haben wir die Grenze bereits überschritten)? Was ist mit all den Zahlungsausfällen, mit denen Marktteilnehmer gerechnet hatten – sind sie nun vom Tisch?
Es steht außer Frage, dass die Ankündigung der Fed den Hochzinsmärkten insgesamt Unterstützung bietet. Als die Märkte infolge der Nachricht nach oben tendierten, verengten sich die Kreditspreads an einem einzigen Tag um beträchtliche 85 Basispunkte (Bp), was darauf hindeutet, dass die Botschaft der Fed laut und deutlich aufgenommen wurde.
Betrachtet man einige der eher greifbaren Auswirkungen, wird klar, dass das Thema der gefallenen Engel die Märkte schwer belastet hat, seit sie Mitte März eine Spitze erreicht haben. In Anbetracht der Tatsache, dass bereits mehr als 150 Milliarden US-Dollar an Emissionen von Investment Grade auf High Yield gefallen sind (darunter so bekannte Namen wie Ford und Occidental Petroleum), waren Marktteilnehmer verständlicherweise besorgt darüber, ob der Markt für Hochzinsanleihen dieses Angebot verdauen könnte, ohne den gesamten Markt auf Talfahrt zu schicken. Die Ankündigung der Fed hat dafür gesorgt, dass dieser Übergang geordneter abläuft. Werden wir weitere Downgrades beobachten, wenn sich die realen Auswirkungen des Coronavirus in der Wirtschaft stärker ausbreiten und die Unternehmensgewinne belasten? Aller Wahrscheinlichkeit nach ja. In der Tat unterliegen unseren Berechnungen zufolge weitere 200 Milliarden US-Dollar an Emissionen dem Risiko, von Investment Grade auf High Yield herabgestuft zu werden. Liquiditätssorgen hinsichtlich dieser großen Emittenten – d. h. die Frage, ob sie ihre anstehenden Fälligkeiten refinanzieren können – haben durch die Maßnahmen der Fed allerdings deutlich abgenommen. Genauso wie die Sorge über gefallene Engel zuvor einen kaskadenartigen Negativeffekt im unteren Bereich des Kreditspektrums hatte, als sich Neubewertungen weiter unten auf der Bonitätsskala auswirkten, ist auch diese Risikominderung in der gleichen Weise am unteren Ende zu spüren. Mit anderen Worten: Die steigende Flut gibt allen Schiffen allmählich Auftrieb (oder zumindest eine gewisse Unterstützung).
In ähnlicher Weise dürfte sich auch der Kauf von hochverzinslichen ETFs durch die Fed unterstützend auswirken. Obwohl ETFs nur einen kleinen Teil des verwalteten Vermögens im US-High-Yield-Segment ausmachen (laut J.P. Morgan 3,6 Prozent), sind diese Fonds in der Regel marginale Käufer von Hochzinsanleihen und ein wichtiger Gradmesser für die Stimmung. Die Tatsache, dass die Fed ihre Absicht signalisiert hat, diese Anteile zu kaufen, auch wenn anzumerken ist, dass sie noch keinen einzigen Kauf getätigt hat, vermittelt den Märkten eine starke Botschaft: Die Fed wird tun, was immer nötig ist. Diese Botschaft kommt eindeutig an und scheint einen positiven Kreislauf in Gang zu setzen – einen, bei dem die Absicht der Fed die Marktkurse steigen lässt → was die Stimmung verbessert → was die Anleger dazu ermutigt, größere Risiken einzugehen → was mehr Emittenten dazu veranlasst, Anleihen auf den Markt zu bringen. Bisher scheint der Plan der Fed zur Wiedererweckung der Instinkte aufzugehen: Anleger ließen sich von der Notenbank leiten oder haben sich zumindest im Falle von potenziellen Leerverkäufern die alte Weisheit „Don't fight the Fed“ (nicht gegen die Fed gehen) zu Herzen genommen.
Was bedeutet all das auf lange Sicht? Wie alles im Moment ist es schwierig, vorherzusagen, was nächste Woche geschehen wird – und nahezu unmöglich, Prognosen für das nächste Jahr oder sogar in fünf Jahren anzustellen. Manche argumentieren, dass ein moralisches Wagnis eingeführt wurde. Welchen Sinn hat es schließlich, verantwortungsbewusst Risiken einzugehen und die Kreditvergabe an die risikoreichsten Unternehmen zu vermeiden, wenn die US-Notenbank kommt und den Tag rettet, wenn die Dinge schief gehen? Das wirft zwar einige philosophische Fragen auf und deutet darauf hin, dass Hochzinsanleger in Zukunft ebenso auf Maßnahmen der Fed wie auf Fundamentaldaten von Krediten achten müssen, dennoch sollte daran erinnert werden, dass die Schritte der US-Notenbank eine Erleichterung von einem völlig exogenen Ereignis darstellen – statt einem Ereignis, das durch finanzielle Exzesse wie die Weltfinanzkrise ausgelöst wurde. Da High-Yield-Emittenten Millionen von Amerikanern Arbeitsplätze bieten, sind die realen Auswirkungen nicht zu vergessen, wenn kurzfristige Liquiditätsprobleme für viele Emittenten vom Tisch genommen werden.
All das bedeutet aber nicht, dass High Yield aus dem Schneider ist. Wir erwarten noch immer einen Anstieg der Zahlungsausfälle. Zwar könnten potenzielle Zahlungsausfälle angesichts der Maßnahmen der Fed und weiterer Unterstützungsprogramme – vor allem für Unternehmen, deren Hauptproblem in der Liquidität liegt – um einige Prozentpunkte zurückgehen, dennoch werden andere Unternehmen mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Unabhängig von den Maßnahmen der letzten Zeit werden die Zahlungsausfälle in strukturschwachen Sektoren wie Energie und Einzelhandel wahrscheinlich zunehmen. Was sich jedoch geändert hat, ist das Tail-Risk auf den Hochzinsmärkten. Wir wissen nicht, ob wir uns dem Schlimmsten der Coronavirus-Krise nähern oder noch viele Monate vor uns haben. Aber wir wissen jetzt, dass wir eine Notenbank haben, die offenbar zu den notwendigen Maßnahmen bereit ist, um angeschlagenen Emittenten unter die Arme zu greifen, diese schwierige (wenn auch hoffentlich vorübergehende) Phase zu überbrücken. Der Vertrauensschub für Anleger ist nicht zu unterschätzen.