Das Wirtschaftsvertrauen im Euroraum hat sich erneut verbessert. Darauf deutet das Economic Sentiment der EU Kommission mit einem Wert im Oktober von 118,6 Punkten (+0,8 Punkte) hin (Bloomberg-Median: 116,7 Punkte; DekaBank: 117,3 Punkte).
Die Aufwärtsbewegung beim Gesamtindex ging von den Teilbereichen Industrie, Dienstleister, Einzelhandel und Bau aus. Das Industrievertrauen legte 0,1 Punkte zu und liegt nur knapp unter seinem Allzeithoch. Während sich die Auftragsbestände weiter erhöht haben, sind die Produktionserwartungen von einem hohen Niveau aus leicht zurückgegangen. Vor dem Hintergrund der starken Lieferkettenprobleme und den damit verbundenen Belastungen ist das Industrievertrauen derzeit schwer zu interpretieren. Deutlich verbessert haben sich die Geschäftserwartungen im Dienstleistungsbereich. Aber auch alle anderen Teilkomponenten bei den Dienstleistern sind im Oktober angestiegen. Im Einzelhandel und in der Bauwirtschaft hat das Wirtschaftsvertrauen ebenfalls zugenommen. Nur das Konsumentenvertrauen hat die Entwicklung des Gesamtindikators etwas belastet. Die privaten Haushalte schätzen ihre finanzielle Situation in den vergangenen Monaten als auch in den kommenden Monaten schlechter ein. Dies gilt auch für den Ausblick über die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung.
Der Blick auf die Verkaufspreiserwartungen (Teilfrage nicht Bestandteil zur Indexberechnung) deutet anhaltenden Inflationsdruck an. Die Betrachtung der Teilbereiche (Industrie, Dienstleister, Einzelhandel, Bau und Konsumenten) ist recht einfach. In allen Teilbereichen haben die Preiserwartungen Allzeithochs erreicht.
In der Länderabgrenzung haben sich die fünf größten EWU-Staaten nahezu alle in die gleiche Richtung entwickelt. Nur in Deutschland hat das Wirtschaftsvertrauen auf 117,5 Punkten (-0,5 Punkte) nachgegeben. Die stärkste Belastung lieferte die deutsche Industrie. Bei den deutschen Dienstleistern und in der deutschen Bauwirtschaft hat sich das Wirtschaftsvertrauen hingegen aufgehellt. Im Gegensatz zu Deutschland hat sich das Wirtschaftsvertrauen in Frankreich verbessert (113,3 Punkte; +2,1 Punkte). Dazu haben die französische Industrie und die Dienstleister wichtige Beiträge geliefert. Dieses Muster ist auch in den Niederlanden (112,4 Punkte; +1,4 Punkte) und in Spanien (111,9 Punkte; +2,5 Punkte) zu beobachten gewesen. In Italien (118,6 Punkte; +1,8 Punkte) hat sich zwar auch das Industrievertrauen verbessert, aber dort waren die Konsumenten das zweite wichtige Standbein für die Verbesserung des Gesamtindex.
Bei aller Freude über das klare Wachstumssignal durch das Economic Sentiment für den Euroraum im vierten Quartal, ist doch Vorsicht geboten. Denn die Lieferkettenprobleme und auch die jüngste Corona-Entwicklung erhöhen die Unsicherheit für den wirtschaftlichen Ausblick im vierten Quartal recht deutlich.
Dr. Christian Melzer