Europäische Aktien standen in den letzten Monaten unter dem starken Einfluss der Notenbanken. Die lockere Geldpolitik in Europa und die ultra-expansiven Maßnahmen in Japan haben die Anleger immer weniger auf die fundamentalen Daten der Papiere schauen lassen. Nach der Ankündigung von US-Notenbankchef Ben Bernanke im Mai, dass ein Ende der Liquiditätsschwemme bevorstehen könnte, wechselte der Markt die Richtung. „Aktien wurden zunehmend attraktiver. Auch die Bestrebungen von Japans Premierminister Shinzo Abe, die geldpolitischen Maßnahmen noch mehr auszuweiten, haben dazu beigetragen, dass seit Anfang April die Fundamentaldaten weniger berücksichtigt werden“, erklärt Maximilian Anderl, Manager des UBS European Opportunity Unconstrained bei UBS Global Asset Management (Zürich).
Die Märkte in Europa zeigen sich durchaus attraktiv: Das reale Bruttoinlandsprodukt ist zwar im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent gesunken, jedoch sind auch die Arbeitslosenzahlen in der Eurozone rückläufig. Die Umsätze im Einzelhandel sind in den vergangenen Monaten gestiegen. Auch die Wirtschaftsstimmungsindikatoren zeigen seit Oktober 2012 einen positiven Verlauf, mit einem kleinen Einbruch im April 2013 (Quelle: Bloomberg).
Lohnt sich der Einstieg in den europäischen Aktienmarkt noch? Der UBS-Experte ist davon überzeugt: „Wir stehen meines Erachtens noch nicht vor einer Trendwende. Diese dürfte sich erst abzeichnen, wenn die Zentralbanken sich dauerhaft und auf unbestimmte Zeit aus der momentan unbegrenzten Liquiditätsschöpfung herausziehen und die Zinsen erhöhen.“ Der Fondsmanager geht davon aus, dass es bis dahin noch ein gutes Stück des Weges ist und gibt für die Aktienmärkte vorerst Entwarnung. Gefragt nach den Bewertungsdifferenzen, die der Markt gerade für Europa, Asien und die USA zeigt, bleibt der Experte gelassen. „Europa ist nach wie vor günstig bewertet. Die besten Gewinnaussichten haben aber in vielen Sektoren diejenigen Unternehmen, die in den USA oder Asien gut positioniert sind“, meint Anderl.
Gefragt nach den Perspektiven für den europäischen Aktienmarkt in 2013 sagt Fondsmanager Anderl: „Über die Sommerwochen dürften die Kurse leicht nachgeben. Das ist vor allem in den wieder aufkommenden Sorgen über die Stabilität in der Eurozone begründet. Zum Jahresende hin sollte sich die Lage jedoch wieder erholen.“ Er geht davon aus, dass aus heutiger Sicht der deutsche Aktienindex DAX das Kalenderjahr mit einem Stand von etwa 7.800 Punkten beenden könnte.