Der Bericht zeigt, dass die vermögenden Personen in der Region immer schon von einer tief verwurzelten Hilfsbereitschaft angetrieben wurden, ihr Spendenverhalten in den letzten Jahren jedoch deutlich geändert haben. Wohlhabende Personen und Familien wollen heute ihre sozialen Investitionen steigern, ihre Spenden strategischer einsetzen und mit diesen Anlagen eine grössere Wirkung erzielen. Ziel vieler Philanthropen ist es, mehr zu bewirken: Von der Wohltätigkeit zum Wandel, vom wirtschaftlichem Erfolg zur sozialen Bedeutung, vom Reichtum zur Sinnhaftigkeit.
Der Studie zufolge werden philanthropische Spenden als gesellschaftliche und moralische Aufgabe betrachtet, die eng mit Familienwerten und Glaubensgrundsätzen verbunden sind. Während persönliche Vorlieben und Erfahrungen oft die philanthropischen Schwerpunkte beeinflussen, sind die lateinamerikanischen Philanthropen immer auch von dem Wunsch beflügelt, einen positiven Beitrag zur Entwicklung ihres Landes zu leisten. Nicht nur die Sicherstellung grundlegender Bedürfnisse und Leistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und das Wohl der Kinder ist ihnen ein Anliegen, sondern auch der Erhalt und die Förderung des kulturellen Erbes ihres Landes.
Lateinamerikanische Philanthropen spenden in der Regel diskret oder anonym, doch gibt es mittlerweile immer mehr institutionelle Plattformen, die dem Wunsch von Einzelpersonen, Familien und Unternehmen nach einem strategischeren Einsatz ihrer Spenden, mehr Visibilität, einfacherer Zusammenarbeit und einem wirksameren sozialen Engagement entgegenkommen. Aufgrund der komplexen Einstellung zur Zivilgesellschaft und des meist noch nicht ausgereiften rechtlichen und steuerlichen Rahmens der Philanthropie fordern viele Personen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, innovative Lösungsansätze. Insbesondere soziales Unternehmertum und Impact Investing sind im Aufwind, wollen doch viele Philanthropen ihre Spenden und sozialen Investitionen ergebnisorientiert einsetzen.
Silvia Bastante de Unverhau, Head of Philanthropy Advisory, erklärt den Zweck der Studie: «In den präkolumbianischen Kulturen waren Familie und Gemeinschaft wesentlich für den Erfolg der Gesellschaft. From Prosperity to Purpose zeigt, dass diese Werte überlebt haben und beleuchtet, was lateinamerikanische Philanthropen und soziale Investoren unternehmen, wie sie dabei vorgehen und vor allem, wie sie sich die Zukunft der Philanthropie in Lateinamerika vorstellen.»
Tony Custer, Advisory Committee Chair des David Rockefeller Centre for Latin American Studies der Harvard University und Gründer der Custer Foundation in Peru erläutert: «Diese grundlegende Studie kommt genau zur richtigen Zeit. Traditionell gilt in lateinamerikanischen Ländern – vor allem in jenen, deren Brauchtum in der Kultur der Mittelmeerländer verwurzelt ist – das Motto: Wohltätigkeit beginnt und endet zu Hause. Diese Studie zeigt, dass Philosophie, Ausrichtung und Praxis der Philanthropie sich in der gesamten Region entwickeln und wandeln und dass viele vermögende Personen und Familien grosszügig, engagiert und innovativ sind und sich für eine Zukunft einsetzen, die allen eine Chance bietet.»
Infolge des Wirtschaftswachstums im letzten Jahrzehnt stieg die Zahl sehr vermögender Personen (UHNW) in der Region mehr als zweieinhalb Mal schneller als im weltweiten Durchschnitt. Dennoch gehört Lateinamerika mit 10 der 15 Länder mit dem grössten Sozialgefälle zu den Regionen mit der am stärksten ausgeprägten sozialen Ungleichheit der Welt.
Angesichts des aussergewöhnlich starken Wachstums und der krassen sozialen Gegensätze sind vermögende Personen zunehmend bestrebt, einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung ihres Landes zu leisten. Da sich die Voraussetzungen für Zusammenarbeit, Transparenz, Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung zusehends verbessern, beurteilen viele Philanthropen die Zukunft der sozialen Investitionen in ihrem Land optimistisch und hoffen, damit einige der drängendsten Probleme der Region lösen zu können.
Das Hauser Institute for Civil Society der Harvard University ist ein Universitätszentrum, das zivilgesellschaftliche, gemeinnützige und philanthropische Einrichtungen untersucht. Es gehört zum Center for Public Leadership der John F. Kennedy School of Government und soll das kritische Studium der Zivilgesellschaft, ihrer Führungspersönlichkeiten und Institutionen vorantreiben, damit Wissenschaftler, Praktiker, Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit sie besser verstehen. Zu diesem Zweck werden Forschungs- und Lehrprogramme entwickelt, Zusammenarbeit und gegenseitiges Lernen von Wissenschaft und Praxis gefördert und politische Massnahmen erarbeitet, die den Sektor und seine Rolle in der Gesellschaft unterstützen.