Am 28. Februar gab der Indexanbieter MSCI bekannt, dass er die Einbindung chinesischer A-Aktien im MSCI Emerging Markets Index erhöht. Seit Mai soll der Inklusionsfaktor in einem dreistufigen Prozess von 5 auf 20 Prozent steigen, und der Kreis der für eine Indexaufnahme infrage kommenden Titel wird erweitert. „Danach werden A-Aktien einen Anteil von 3,3 Prozent im MSCI Emerging Markets Index haben“, erläutert Geoffrey Wong, Head of Global Emerging Markets und Aktien Asia Pacific bei UBS Asset Management. Schon im Vorfeld hat der Markt die Ankündigung begrüßt. Ausländische Investoren haben ihr Aktienengagement auf dem chinesischen Festland erhöht. In den ersten beiden Monaten verzeichnete das Stock-Connect-Programm Rekordnettozuflüsse in nördlicher Richtung, also von Hongkong nach Schanghai und Shenzen.
Höhere Corporate-Governance-Standards an Chinas A-Aktien-Markt
Die geplante stärkere Gewichtung von A-Aktien im MSCI-Index wird zu weiteren Kapitalzuflüssen in den entsprechenden Aktien führen. Zwar sind allein die durch indexorientierte Investoren erzeugten erwarteten Zuflüsse gering im Vergleich zum Gesamtvolumen des A-Aktien-Markts, das Ende Februar 7,8 Billionen US-Dollar betrug. Dennoch ist die stärkere Indexeinbindung von hoher Bedeutung. „Dadurch wird die Präsenz und Akzeptanz der chinesischen A-Aktien auf der Weltbühne zunehmen“, begründet Wong. Zweitens erwartet der Fondsmanager dadurch Verbesserungen bei der Unternehmensführung: „Es dürften nun weitere Reformen der Corporate-Governance-Standards bei A-Aktien erfolgen. Diese werden sich den globalen Standards annähern, was langfristig positiv sein wird.“
Diese Entwicklungen dürften mehr internationale Investoren auf den A-Aktien-Markt ziehen, was wiederum einen weiteren Vorteil mit sich bringt. Bislang dominieren hier chinesische Privatinvestoren, die häufig stimmungsgetrieben und kurzfristig investieren und für eine hohe Volatilität sorgen. „Ein zunehmender Einfluss internationaler institutioneller Investoren könnte die Schwankungsbreite am Markt mindern. Denn diese verfolgen auch andere Anlagestrategien, die häufig an Fundamentaldaten orientiert und langfristig ausgerichtet sind“, so Wong.
Eine der größten Veränderungen seit langer Zeit
Nicht nur chinesische A-Aktien geraten in den Blick von internationalen Investoren. Auch der Onshore-Anleihemarkt öffnet sich der Welt. Bloomberg hat am 1. April begonnen, Anleihen vom chinesischen Festland in den Bloomberg Barclays Global Aggregate Index aufzunehmen. Hayden Briscoe, Head of Fixed Income für den asiatisch-pazifischen Raum bei UBS Asset Management, ist überzeugt, dass die Einbindung von chinesischen Onshore-Anleihen eine der größten Veränderungen an den globalen Kapitalmärkten auslösen wird, die es seit Längerem gab.
Das liege zum einen an den hohen erwarteten Zuflüssen. „Für die erste Phase der Indexeinbindung werden zwischen 250 und 500 Milliarden US-Dollar an Zuflüssen in den Markt erwartet, und das ist nur das Kapital aus passiven Investments. Wenn man bedenkt, dass auch aktive Investoren, Zentralbanken und Staatsfonds Onshore-Bonds berücksichtigen werden, könnte die Summe sogar in die Billionen gehen.“ Zum anderen erwartet Briscoe eine Neugewichtung der globalen Finanzmärkte, da gemessen an Chinas wirtschaftlicher Bedeutung globale Investoren in China unterinvestiert sind. „Mit der Aufnahme in den Index können Vermögensverwalter chinesische Anleihen nicht mehr einfach ignorieren. Asset-Allokationen werden unter der Berücksichtigung Chinas neu aufgestellt werden“, so Briscoe. Dies gilt umso mehr, da die aktuelle Einbindung in den Bloomberg Barclays Global Aggregate Index erst ein Anfang ist und ausgebaut werden dürfte. Zudem ist damit zu rechnen, dass weitere Indexanbieter wie FTSE Russell und JP Morgen nachziehen.
Renminbi wird sich als dritter Währungsblock etablieren
Chinesische Staatsanleihen haben das Potenzial, künftig als sicherer Hafen zu dienen. China ist eine Nettogläubigernation. Mit Leistungsbilanzüberschüssen und Währungsreserven von fast drei Billionen US-Dollar ist China sehr gut aufgestellt. Zudem ist die Staatsverschuldung mit rund 65,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deutlich geringer als in den USA oder Japan. „Chinas Aktien- und Anleihemärkte werden so groß werden, und der Handel im asiatisch-pazifischen Raum wird so stark verknüpft mit der chinesischen Wirtschaft und von ihr abhängig sein, dass neben dem Euro- und dem US-Dollar-Währungsblock ein dritter Renminbi-Währungsblock entstehen wird“, prognostiziert Briscoe und fasst zusammen: „Wir sehen die Indexaufnahme als eine große Gelegenheit und bereiten uns schon seit Jahren darauf vor. Wir haben unsere Kapazitäten in Festlandchina ausgebaut, unser Wissen vertieft und Produkte entwickelt, um den Bedarf der Investoren an chinesischen Anlagen zu begegnen.“